Teil 8: Nach langen Jahren wieder:
Ein Schlenker nach Amorgós

Copyright puchheim = MartinPUC, September 2008


Nach den anfänglichen Glücksmomenten des Wiedersehens mit meinen musik– bzw. kunstliebenden bzw. musikbetriebenttäuschten und jetzt BMW–begeisterten Münchnerinnen steig ich die Stufen hinab aufs untere Außendeck der heute ganz stabil dahinziehenden Skopelítis, um ein wenig zur Ruhe zu kommen, mir selber zu versichern, dass es mir wieder einigermaßen gut geht und vorsichtshalber den restlichen (das restliche) Ouzáki dem Poseidon (Possid[h]ón) zu opfern, auf dass er uns wohlgesinnt bleibe. Sie haben es gut gemeint, ich aber muss mich wirklich noch schonen.

Den Damen versuche ich dann den Anblick Donoússas schmackhaft zu machen, mit wenig Erfolg, trotz meines von Herzen kommenden Schwärmens: ach, der Ké(n)dros–Strand, die Livád(h)i–Bucht, darüber die Häuser Mersínis, jetzt der Norden mit Skouloníssi, und überhaupt das ganze Erscheinungsbild der im Schräglicht so stark zergliederten, gebirgigen Insel – wie herrlich das alles und wie geeignet für einen erholsamen Urlaub!

Zündet alles nicht. Warum? Einfach zu beantworten: wegen Amorgós. Der heiß ersehnten Insel ihrer häufigen Wiederkehr. Auf die sie jetzt alle hingebungsvoll hinfiebern.
Es ist wahrhaftig nicht schwer, dieses Amorgós, wie es sich jetzt zeigt, faszinierend zu finden, schon bei der Annäherung auf Schiffsplanken. Amorgós im von Westen her einfallenden frühen Abendlicht. All seine Bergflanken sind so plastisch herausgemeißelt, wie man es sich nicht schöner wünschen könnte: goldgelbe, wohltuend braun leuchtende Tönungen in der Abendsonne, die sich da über den ganzen Horizont erstrecken – es ist eine lange Insel.
Der Anblick ist so wunderbar, dass wir alle ganz ergriffen dastehen und hinstarren auf das Näherkommende. So wunderbar wie die (wenn auch etwas scheppernde, aber vollkommen lustvoll!) Ouvertüre zur "Entführung" des Mozart–Orchesters des Opernhauses Zürich unter Harnoncourt, es war meine zweite Opernaufnahme auf CD, damals vor 23 Jahren, und gleich so begeisternd. Bedeutet gar nichts, wenn die Hauptrolle ein "Schreier" singt (!). War damals eher ein Qualitätszeichen, der Peter Schreier. Noch vor der deutschen Wiedervereinigung, er als DDRler!

Eine alte Inselbekanntschaft in Gestalt eines jüngeres Amorgianers hat sich zu den Münchnerinnen gesellt, sie scheinen ihn seit Jahren zu kennen, teilen jetzt mit ihm die Freude des Zurückkommens.

Zufall oder bewusste Auswahl? Diese Australier haben wirklich Geschmack. Vorne auf dem Oberdeck begegne ich einem australischen Paar, das ebenfalls auf Donoússa zugestiegen ist und mich freundlich grüßt. Sie haben sich echte Inselperlen ausgesucht, das muss man ihnen lassen.
Nikouriá bleibt rechts liegen, man beachtet die kleine, wie ein Urviech geformte Insel so dicht am nördlichen Amorgós kaum, denn in eine Bucht einzulaufen ist immer etwas Besonderes, eine Bucht wie die von Äjiáli (Egiáli), die erst nach und nach ihre Geheimnisse preisgibt, da wir sie in einem steilen Winkel ansteuern, sodass der Jistérnes–Berg in ihrem Norden sie längstmöglich verbirgt.
Die australischen Münder sind bereits vor Staunen geöffnet, ich brauche nur noch zu sagen: there's some more to come! Als ob die Lichter von Äjiáli, von Káto und Áno Potamós nicht schon reichten.

Hoppla – ein neues Dorf in der nördlichen Bergflanke! Aber zu niedrig, das kann doch noch nicht Th. sein!
Nein, es ist eine eigentlich neue geschaffene oder vielmehr stark erweiterte Hässlichkeit von Hotelsiedlung, doch im Abendlicht wirkt selbst sie noch anziehend.
Und auf einmal öffnet sich der Blick auf das alte Bergdorf Tholária, und ich sage ihnen nur noch: das älteste Dorf hier im Norden, das urigste. Aber die Leute von Down–under bestehen auf ihrer Vorliebe zu dieser herrlichen Chóra weiter südlich, ihrem Ziel.

Wir sind angekommen. Die Skopelítis dreht ihr Heck dem Anleger zu, lässt ihre Klappe runter.
In etwa 150 m Entfernung wartet eine stattliche Anzahl von Minibussen und Zimmervermietern auf die nicht gerade übermäßig hohe Zahl von Ankömmlingen. Für die Damen und indirekt auch für mich ist vorgesorgt. Der bereits anwesende, hier regelmäßig urlaubende I. aus Merry Old England hat in seiner Stammunterkunft Zimmer reservieren lassen. Und ein Mitglied der Familie von der Pension Christina wartet bereits auf uns, I. natürlich auch. In schwüler Hitze wird das Gepäck im Hotelbus verstaut, dann die Menschen. Hätte ich geahnt, wie nah beim Anleger der Zimmerkomplex liegt, wäre ich sofort zu Fuß hinspaziert, hätte es I. gleichgetan. So aber schwitzen wir uns alle einen ab – heftig! Komme mir wie ein typischer Pauschalurlauber vor, hab so etwas noch nicht erlebt, zu so vielen anzukommen.

Nach 300 m Fahrstrecke ist unsere Unterkunft erreicht, oben im dritten Glied hinter der Hafenfront. Die junge Christina erwartet uns schon, verteilt die Zimmer – ich sagte ja: wie im Pauschalurlaub aus dem Katalog, na ja, etwas intimer und persönlicher ist es schon, aber lasst mich doch übertreiben. Nur nackte Tatsachen, trockene Fakten zu schildern, das ist doch der Tod jeglicher Reiseberichterstattung.

Ich erkläre der Frau hartnäckig auf Griechisch, dass ich drei Nächte bleibe und, etwas leiser, dass ich nicht über 20 Euro pro Nacht bezahlen möchte. Sie spricht ebenso hartnäckig Englisch, nichts zu machen. Das mit dem Preis geht anstandslos in Ordnung ("no problem"), nachdem ich ihr auf ihre Frage hin versichert habe, dass ich nicht auf einer Klimaanlage im Zimmer bestehe, sie eigentlich überhaupt nicht will.
Schließlich bekomme ich ein Zimmer weiter unten im Nebengebäude, wo auch die Familie wohnt (direkt über mir), aber eines mit immer noch schöner Aussicht. Statt einer Klimaanlage hab ich einen Ventilator, der auf dem Kühlschrank neben dem Bett platziert ist und mir gute Dienste leistet (gegen die Stechmücken!). Ganz toll sind die zwei Türen, die Zugangstür und die Balkontür übers Eck, sodass ich nachts auch gut lüften kann.
Von hoch über mir im Hauptgebäude gucken meine lieben Freundinnen und I. auf mich herab. Die werden auch viel länger bleiben als ich, so sei ihnen die Übersicht gegönnt.
Anschließend schenkt mir Christina noch eine Riesenflasche Mineralwasser, ich hatte nach Wasser gefragt, wollte es bezahlen.

Auf Abendessen hab ich keine große Lust, will mich heute noch schonen, nachdem ich den ganzen Tag gelitten habe, bleib also abends alleine. Ein erster Erkundungsspaziergang die Hafenpromenade entlang ist aber schon drin. Da ist in der Tat viel Neues dazugekommen. Alte Lokale aus den Achtzigerjahren haben teils ihren Namen und ihren Charakter gewechselt, auch hin Richtung Fast Food, aber Gott sei Dank auf die griechische Art, nicht die US–amerikanische. Weiter nördlich wurde auch einiges neu errichtet, kaum wiederzuerkennen, der einst stille Strandbereich mit der Staubstraße dahinter und den damals unter den Tamarisken ruhenden Kühen. Das ist nun endgültig vorbei, alles kommerzialisiert, allerdings auf eine recht unaufdringliche Art.

Bis vor zur (alten, immer noch existierenden – nur: sie waren es, die diese Hotelstadt in den Hang gestellt haben!) Pension Lakki und darüber hinaus schaffe ich es, erst auf der Uferpiste, dann auf dem Sandstrand, den auch die zu ihrer Hotelstadt im Hang zurückkehrenden englischen Touristen benutzen, durch das Dunkel tappend.
Es ist noch ein gewisser Zauber da, trotz der touristischen Entwicklung, doch viel ist endgültig verloren gegangen. Aber lustig: für den Nachhauseweg in die Hotelstadt im Hang braucht man fürs dunkle Zwischenstück eine Taschenlampe – ein Rest von Abenteuer!

Kurz nach dem Telefonat an einer der beiden Telefonzellen zwischen Uferstraße und Tavernen– und Ladenzeile winken mir zwei Leute, die gerade im Astéria speisen, freundlich zu. Es ist das australische Paar, sie eine Deutsche, das im Eckzimmer zum Strand in meiner Unterkunft auf Donoússa wohnte. Die waren mit dem NEL–Schiff einige Stunden vor mir abgereist und wundern sich jetzt über mein plötzliches Erscheinen.

In Katinas Taverne, inzwischen von ihrem Sohn geführt, treffe ich meine Bekanntinnen wieder, die bereits gespeist haben, dazu noch eine amorgósbekannte "Langjährige", eine blonde Münchnerin mit ihrem Freund. Ich bleib aber nicht länger, zieh mich bald auf meinen Balkon zurück und recht bald ins Bett.


Wanderung nach Langádha

Es ist eine kurze, knapp zweieinhalbtägige Wiederkehr, die mir in erster Linie dazu dient, mir einen kurzen Überblick zu verschaffen, was sich in den mir von früher her bekannten Hauptorten so alles geändert hat. Auf größere Wanderungen muss ich verzichten, hoffe stattdessen, einmal den Bus benutzen zu können.

Zunächst ist ein Besuch des alten Kafeníos fast am Nordende der Uferpromenade von Egiáli fällig, an der Ecke, wo eine steile Gasse runterkommt. Innen ist fast alles beim Alten geblieben, draußen aber gibt es jetzt eine Terrasse mit bequemen Segeltuchstühlen unter Tamarisken. Jórgos, der Besitzer, serviert anders als zur Zeit meiner ersten Besuche nun neben griechischem Kaffee auch Nes und andere Sorten – das wäre damals undenkbar gewesen, geradezu als Frevel betrachtet worden. Damals, als man noch wirklich sehr früh am Morgen auf ein Fährschiff von GA Ferries nach Astipálea wartete und froh war, dass dieses Kafenío dann stets geöffnet hatte; erst jetzt sieht man, was für ein Segen diese morgendlichen Fährverbindungen waren, im Vergleich zu den tief in der Nacht stattfindenden Fahrten mit Blue Star Ferries heutzutage. Ein Mitglied der Frauengruppe, die Malerin, gesellt sich zu mir auf einen Morgenkaffee.

Nach Langádha aber geh ich alleine und zu Fuß hinauf, warte nicht auf den Bus. Dazu mach ich erst einmal den großen Schlenker die Teerstraße entlang, einen Umweg mit schönen Einblicken in den Kámbos und seine Bergumrandung. Weiter hinten ist noch genug Platz für Neubauten! Sieht gut aus, das ferne Tholária auf Bergeshöh, von meinem Blickwinkel her betrachtet.

An einer Straßenkurve treffe ich auf den alten Fußweg nach Langádha und nehme ihn – sweet memories. Ab und zu eine Rast im Schatten eines Baumes – was für eine Wohltat! Er mündet ganz sanft und hübsch in das Dorf ein, der Weg. An der unteren Platía ist ein Auto des Klosters Chosoviótissas (Χοζοβιώτισας) geparkt (an seiner Aufschrift unschwer identifizierbar), und ich mache mich auf mönchischen (und einflussreichen) Besuch weiter oben gefasst.

Ein herrliches Wegstück, gesäumt von weiß gekalkten Kykladenformen, überwunden – und rechts liegt die Taverne von Níko, der früher mit einer Landshuterin (m. W. Landshut, Niederbayern) verheiratet war. Hier verhandeln die zwei Geistlichen vom Kloster lautstark mit jemandem.
Ein paar Schritte hügelauf, und hier ist die Bäckerei, in der ich mein eigentliches Frühstück ordern kann – die alte Frau, mit einiger Verzögerung im Laden erschienen, empfiehlt mir was, ein "Teilchen", a Stückerl, in the Bavarian.

Weiter oben beginnen die Bauarbeiten. Ein einsamer Arbeiter, KEIN Albaner, er sieht sehr griechisch aus, hat Ziegelsteine als einzelne Auffahrhilfen auf die Treppenstufen des Hauptweges gelegt (einige sind bedenklich abgerutscht oder zerbrochen, stellen keine Hilfe mehr dar), um mit seiner Schubkarre leichter durchzukommen in die Seitengasse unterhalb der Hauptkirche.
Er schuftet ganz für sich alleine, aber der obere Ortsteil linksab von der Kirche wirkt aufgerissen wie im Vorjahr (Mai 2007) die engen Gassen von Ájios Stavrós auf Donoússa und dieses Jahr die der Chóra von Amorgós, was mir tags darauf auffallen sollte.
Ich mache einen Abstecher zur Ortskirche, ruhe mich im Schatten eines Baumes (Händel: Xerxes/Serse: Ombra mai fu) etwas aus, bevor ich weitergehe, vor zum Talblick, auf ein Hausdach tretend. Das Gässchen ginge interessant weiter!

Zurück (Zurich) auf der Hauptgasse. Ein Restaurant links, dann der obere , längliche Dorfplatz mit seinen Einkaufs– und Essensmöglichkeiten. Abends wird er bestimmt viel belebter sein. Immer wieder dasselbe: Man muss abends hier sein, um seine eindrucksmäßig fehlgeleiteten Vorstellungen zu korrigieren – wie viel unreflektiertes Zeug ist schon verzapft worden über Griechenland, weil die Tageszeit, weil der Monat nicht stimmte und die eigene, beschränkte Vorstellungswelt im Wege war.

Dann guck ich mir den Parkplatz mit dem Buswartehäuschen an, 50 m eine Gasse raus nach rechts. Irgendwas scheint nicht zu stimmen, denn es kommt kein Bus. Gut so, dann eben wieder in den Ort zurück. Kein Lokal im oberen Ortsteil hat Gäste, erst bei Níkos ist draußen ein einziger Tisch mit Engländern besetzt, die bald aufbrechen und von ihrem riesigen Laptop ablassen.
Ich geh nach kurzer Rast und Teepause in die Küche und frage nach dem Essensangebot. Der Koch ist etwas erstaunt, dass einer so früh daherkommt, zeigt mir aber, was er gleich anbieten könnte, und was später. Mmmmm, dieser leckere Kartoffelsalat!

Die richtigen Spezialitäten brauchen Zeit, ich versichere mich, dass er das Ziegenfleisch in etwa einer Stunde fertig hat und begebe mich auf einen Spaziergang zur Kapelle Ajía Triádha, die südwestlich und etwas außerhalb der Ortschaft gleich neben der oberen Zufahrtsstraße ganz verwegen in einen steilen Felshang gebaut ist.
Ein durch Mauern begrenztes Wegstück geht es zuletzt entlang, dann durch ein Gatter und die Treppenstufen hinauf. Man muss sich einmal tief bücken, um weiterzukommen, an der unteren, grottenartigen Kapelle vorbei zur oberen rauf. Dahinter als schmaler Sims ein kleine Freifläche unter dem überkragenden Steilhang. Das Tal liegt unter einem, man sieht sich satt, ist voller Bewunderung. An einem Ort des Modergeruchs, freilich.

Als ich die obere Zufahrtsstraße zurückbummle, fällt mir ein großer Geländewagen vor einem Haus am Ortsrand auf. Er trägt drei unterschiedliche Internetadressen als Aufschrift, ein leichter Missgriff der Firmenbesitzer, sehr verwirrend für alle Interessenten, aber es ist unschwer zu erkennen, dass es sich hier um den britischen Wandertouren–, Malkurs– etc. –Veranstalter handeln muss, dessen englische HP ich schon vor Jahren im Web entdeckte. Sind wohl nur zwei Leute, a (married?) couple. Als Nachbarn haben sie, in einem weniger stattlichen Häuschen, ein älteres deutsches Paar, dessen Wagen das entsprechende Kennzeichen aufweist. Die blicken mir eine Weile nach.

Noch vor dem Nebenhaus von Nikos' Pension biege ich links hinunter, steig von der unteren Terrasse, die eben gesäubert wird, zur engen oberen hinauf. Mein Gericht ist wirklich bald servierbereit, ich mach mich auf was gefasst.
Es erweist sich als ein Gedicht, das frühnachmittägliche Gericht. Dieser Koch ist echt begnadet! Das dazu bestellte Zucchini–Gemüse ist fast noch leckerer als die Hauptspeise und ein wenig deutsch gewürzt, schmeckt irgendwie nach Bratensoße, leicht, aber nicht ungut. Der Küchenkünstler weiß jedenfalls interessante Geschmacksnuancen zu zaubern. Meine Bekanntinnen, die noch viel länger bleiben als ich, loben im Nachhinein ebenfalls die (in ihrem Fall abendlichen) Kochkünste des begnadeten Griechen in Nikos' Kusína (kitchen). Überzeugt?

Voll und glücklich nehme ich den Fußweg nach (Órmos) Äjiáli(s). Eine Alte hat mir versichert, es dauere nicht über 20 min.
Eine gute halbe Stunde hat es dann doch gedauert, aber es ist ein schöner kleiner Wanderweg mit Felsplatten und schattigen Bäumen, den man gerne geht. Klar: Langádha wäre einige Übernachtungen wert – einen Ort kann man nur kennenlernen, wenn man dort wohnen bleibt.

Da ich gesundheitlich wieder fit bin, steht einer frühabendlichen kleinen Ouzo–Runde mit einer oder zwei Karelia Filtro auf meinem Balkon nichts im Wege (ansonsten bin ich Nichtraucher, Leute, nur in GR nicht und bei Einladungen zu Hause, da muss ich einfach den guten makedonischen Tabak präsentieren: viel besser als das US–Zeugs, meine ich!). Ein schöner Balkon, ich mag ihn. Ganz nett hier, in Christinas Pension, und so preiswert in der NS (low season).
Und abends gehn wir dann alle zusammen, inklusive dem netten Briten, noch einmal essen (platz, platz!), heute ins Korál(l)i, am oberen Ende der Stufen am Südende der Hafenmeile.
Einmal einen schönen großen Fisch bestellen. Ich bin vorgewarnt, nicht nur vom Schönrock–Amorgós–Führer her (1997, alt, alt), es wird nicht ganz billig werden. Aber sooo teuer wird's auch nicht: 22 Euro kostet mein eher großes Exemplar guter Qualität, das sie aus dem Eis nehmen (also nicht ganz so frisch!) und wiegen. Preise etwa wie auf Donoússa. Schmeckt wirklich köstlich. Alle in der Sechserrunde sind zufrieden mit dem Essen und dem Wein – unseren Abstinenzler mal ausgenommen – ne super Limo haben sie hier. Eine exzellente süße Nachspeise wird als kostenlose Zugabe gereicht. Auf der Karte hätte sie gut 5 Euro gekostet. Zum Süchtigwerden.
Obendrein hat mir die ganze in der Küche versammelte und bedienende Familie gut gefallen, kann sie nur weiterempfehlen. Hier scheinen sich alle anzustrengen, denn die Konkurrenz ist groß und aktiv. Man müsste länger bleiben, wie überall .....


Ausflug in die Chóra und nach Katápola

Auf einen Nes zum Jórgo vom alten Kafenío, wieder, das gehört am Morgen einfach dazu, darf ruhig zum Ritual werden. Der eine oder andere Stamm–Alte trudelt aus der Gasse herab ein, bleibt aber drinnen im Lokal, die neue Freiterrasse weiter unten ist tabu. Doch im Vergleich zu früher sehe ich morgens sehr wenige Alte – O.K., was um 6 Uhr 30 los ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Erst um 10 Uhr rum geht der erste Bus in den Süden (oder eher: zur Inselmitte), zur Chóra und nach Katápola. Gerne wäre ich früher abgefahren, ein paar Stunden länger Erinnerungen aufzufrischen. Unterwegs überholen wir einige Fußgeher, die nicht so lange warten wollten. Ihr Ziel ist wohl Ájios Pávlos, die Streusiedlung mit Taverne an der Schmalstelle, am Isthmus gegenüber der Insel Nikouriá.
Von der Straßenabzweigung zum Weiler Ájios Jeórjios hinunter und dem weiteren Streckenverlauf aus lässt sich die Südseite des Inseltrabanten gut einsehen. Drei Segeljachten liegen vor den Sandbuchten vor Anker. Macht einen hübschen Eindruck, die steil ansteigende grüne Nebeninsel.
An der sandigen, schattenlosen Landzunge auf unserer Amorgós–Seite nimmt bereits eine Familie ihr Sonnenbad. Andere werden sich bald hinzugesellen. Nur was für hartgesottene Sonnenanbeter(innen). Landschaftlich allerdings sehr schön.

Nun die Kurverei in diverse, von den Bergen herunterkommende Tälchen hinein und wieder aus ihnen heraus. Auf den meerwärtigen Hängen kaum besiedeltes Land. Ab und an ein Kapellchen, ein alter Wehrturm. Endlich ist der Profítis Ilías umkurvt, schon zeigen sich die nordexponierten Häuser der Chóra und als Krönung der kantige Kástro–Felsen. Nicht so weit westlich davon die Zufahrt hinauf zum Bushalteplatz.


In der Chóra

Nun also wieder einmal Chóra–Luft schnuppern, nach so vielen Jahren! Mein erstes Ziel: das recht versteckt in einer Nische der Gassenflucht des Ortseingangs gelegene Kafenío von Dimítri. Wie froh ich bin, es noch geöffnet zu sehen, noch am Leben und noch ganz im alten Stil.
Ich nehme an, die Frau da drinnen ist eine Tochter oder Verwandte der (ehemaligen?) Wirtsleute. Ihr Nes schmeckt vorzüglich. Was mich ziemlich nervt, ist das Platzhirschgehabe einer jungen, gut Griechisch sprechenden Ausländerin, die sich durch die Ankunft eines grüßenden Fremden richtig gestört zu fühlen scheint, draußen auf der Terrasse, wo nur ein kleiner Teil der Sitzplätze im Schatten liegt. Ach, diese überspannten Exilanten, die immer glauben, die Welt drehe sich nur um sie und ihre original griechische "Konfession" – überzeugtere Griechen als jeder gebürtige Einheimische, und viel skeptischer ankommenden Touristen gegenüber! Zwei sympathische ältere Griechen retten die Szene. Ich frag sie nach den Siedlungen dort in der Ferne am Bergesfuß.
Gerade kommt das Fahrzeug des Bäckers aus Katápola an, Brotverkauf aus dem Heck. Eine echte Morgenidylle so gegen 11 Uhr vormittags.

Hinter ins weiße kykladische Gassengewirr. Auffallend die Unmengen neuer Shops und Kleinboutiquen, manche finden sie vielleicht eher schmuck und unaufdringlich – mich irritieren sie ziemlich.
Um Ecken herum lande ich auf dem länglichen Platz mit jeweils einer mehrschiffigen Kirche als oberem und unterem Abschluss, ein paar Bäume lockern das Bild auf, das, wären nicht gerade wieder Kanalarbeiten im Gange, alles aufgerissen, ein weiteres echtes Kykladenidyll verkörpern würde. Etwas nördlich außerhalb des Ortskerns die randliche Straße mit den Schulen, die meisten Inselbusse parken vor ihnen, in Wartestellung auf sich in sie hinein ergießende Schülerhorden. In einigem Abstand eine Klosteranlage. Eine Parkplatzfläche, Aussichtsplattform zur Südseite hin mit Einstieg auf den Weg zum berühmten Schwalbennestkloster.

An zwei Hotels vorbei begebe ich mich zurück in den Ort. Erreiche in Kürze ein Plätzchen (bestimmt mit mindestens zwei oder drei hübsch anzusehenden Kirchen und) einem gut besuchten Café, bereits auf neu gemacht, das ich links liegen lasse. Steigt man abwärts in scheinbar entlegenere Ecken, springt einem wieder und wieder ein neues Caféchen, ein Schmucklädchen, ein Boutiquechen ins Auge, ihre Besitzer(innen) wie Spinnen im Netz, nein, ganz entspannt auf verirrte, vom Hauptweg abgekommene Kundschaft lauernd. Die Chora: ganz schön gut durchorganisert und üppig durchsetzt, geschäftsmäßig. Haben viel von der großen Nachbarin Naxos gelernt!
Der Gesamteindruck ist dennoch immer noch ein angenehmer, dem Auge wohltuender. Der Ort ist schön und friedlich, aber ganz so urig bestimmt nicht mehr – das war einmal oder existiert höchstens noch in der Einbildung derer, die sich hier eingekauft haben. Die Makler haben das Ihrige dazugetan. Ich geb's auf. Fotografen hätten ihre Freude an den vielfältigen weichen Formen, den Winkeln und Treppchen. Mir aber reicht es schon, ich hab verstanden. Eine wunderschöne Kulisse!
Dennoch: Eine Wohltat, etwas Herausragendes im Vergleich zu einer durchschnittlichen niederbayerischen Dorfarchitektur. KEIN Vergleich!


Ein paar Stunden in Katápola

Da kein Bus in Sicht ist, muss es, d.h. ICH, halt per pedes und per Daumen gehen. Hab den Roundabout (den an einen Kreisverkehr erinnernden Knoten) unterhalb des Dorfeingangs bereits überwunden, drei Schulentlassene ziehen vor mir her, drehen sich immer wieder mal nach mir um. Da geht auch einer zu Fuß!
Erfreue mich schöner Talblicke nach links. Bald werde ich bei den ersten Serpentinen angekommen sein.
Sollte nichts draus werden, es hält das erste angedaumte Auto. Abruptes Ende des Spaziergangs. Ich freu mich über den Zeitgewinn bis zur letzten Busabfahrt von Katápola zurück nach Äjiáli. Es ist wieder ein junges französisches Paar, das mich mitnimmt, da hinunter zur Hafenbucht.
Na, die Siedlungen um den Órmos Katapólon haben sich ganz schön ausgeweitet, kaum zu glauben!

Unerklärlicherweise fühle ich mich hier unten am Hafenbecken viel freier als dort oben in der Chóra.
Meine Einladung an die Transporteure zum Kaffee wird dankend abgelehnt. Auf einmal Fischerboote, Kleinhafenatmosphäre, Cafés teils voller Touristen, viele wirken eher wie Tagesgäste, und ein weiter Blick über die Bucht. Gefällt mir ganz gut, hier.
Wenn ich schon am Meer bin, könnte ich doch einfach mal westwärts vorwandern, so weit wie möglich oder wie es mir gefällt, den (bescheidenen) Trubel hinter mir lassen.

Strebe einfach buchtauswärts, ohne mir bestimmte Läden oder Lokale besonders gut anzusehen. Blicke lieber zu den Booten und Richtung Wasser.
Muss eh wiederkommen, um das alles genauer unter die Lupe zu nehmen. Beeindruckend die eine Unterkunft, die so dicht an der Uferstraße steht, mit recht hübschen Balkonaussichten. Gleich daneben ein Künstler, der mit Schildern die Passanten in sein Haus locken will – es sind keine wirklich großen Kunstwerke, klar.

Je weiter ortsauswärts ich gehe, desto intimer und gemütlicher wird es. Der erste Ortsstrand ist erreicht, Bäume spenden Schatten, ein Radler kommt daher, Grieche, gesellt sich zu einem bereits anwesenden Mopedfahrer.
Im Hintergrund, abseits der Straße, eine Kapelle (wohl die der Panajiá Katakrotíri), der Weg, die Staubstraße führt an ihr vorbei, kurvt dann nach rechts bergauf. Von oben habe ich nicht nur einen Blick auf ein fabrikartiges Gebäude, von einem Straßengatter aus bewacht von einem eifrigen Kläffer, sondern sichte auch unten gleich über dem Wasser ein Monument, zu dem man auf Pfaden gelangt. Ich glaube mich an eine Frau mit Harfe zu erinnern, sie wartet in ihrer Erstarrung auf ankommende bzw. die Bucht verlassende Schiffe. Es ließe sich noch weiter wandern, aber ich kehre um, nutze die ausgetretenen Pfade zurück zum äußeren Ortsstrand. Ein paar schöne Eindrücke hab ich gesammelt, nicht mehr, im gnadenlos gleißenden Sonnenlicht – Temperaturen, die mir schon zu hoch sind, jenseits der Schmerzgrenze, ich hätte dieses Jahr doch besser im April kommen sollen.

Zurück in Katápola, setze ich mich, wie immer, in eines der ersten Tavernchen am Westende. Ich hab instinktiv genau das ausgewählt, dem ich auch das letzte Mal, vor x Jahren, einen Mittagsbesuch abgestattet hatte.
Draußen haben etliche Touris, insbesondere eine Englisch sprechende Clique, Platz genommen. Ich bemerke auch Leute, die wie ich den ersten Vormittagsbus von Äjiáli her genommen hatten.
Gehe hinein in den Innenraum, wo hinter der Theke eine Frau mit Putzen beschäftigt ist. Bestelle einen gegrillten Oktopus mit Zitrone, nachdem sie mir versichert hat, dass der frisch sei, nicht, wie so oft bei uns zu Hause, aus der Dose.
Ein ganz köstliches kleines Gericht, um das mich die Zaungäste zu beneiden scheinen.

Trotte anschließend vor bis zur quadratischen Platía, die nun hypermodern auf mich wirkt, verglichen mit den frühen Neunziger– oder gar den späten Achtzigerjahren. Ein Ort des Fortschritts, mit seiner neuzeitlichen Cafe–Umrahmung.
Ich gehe ein paar Schritte zurück zum Hauptanleger und schlage mich in eine Seitengasse. Ein Knick nach links, am Ende der Gasse, und das "Geistige Zentrum" oder besser "Kirchengemeindehaus" liegt neben mir, gegenüber die hübsche Ortskirche. Die Blumenpracht und das gewisse Etwas dieser Ecke bezaubern mich zutiefst, ich bin geradezu hingerissen – liebe diesen Winkel uneingeschränkt.
An der Stelle, wo ich erneut nach links Richtung Meeresufer abbiege, liegt eine bezaubernd schöne Pension mit Innenhof – und ohne Aussicht, aber wie hübsch sie ist! Beschließe, das nächste Mal hier zu wohnen – ob ich nicht doch eine Aussichtspension vorziehen werde?

In derselben Gasse, die westlich und parallel zur Platía zur Uferpromenade vorgeht, entdecke ich zu meinem Erstaunen einen Buchladen, eine Mischung aus Buch–, CD– und Souvenirshop, der recht gut ausgestattet ist und sogar die Anávassi–Inselkarte vorrätig hat. Ich mach dem Ladeninhaber ein dickes Kompliment zu seinem Sortiment, für das er sich höflich bedankt.

Now go looky for bus. Far, far away! Die Busstation mit dem bereits wartenden Großvehikel haben sie genau in die Mitte des Bucht-Endes verlegt, so geschickt, dass man es von Xilokeratídhi an der nördlichen Buchtseite aus nicht unendlich viel weiter zum Bus hat als von Katápola aus.
Der Ortsteil Rachídhi ist nun irgendwie im Nichts verschwunden, hinter dem Busplatz, stellt scheinbar nichts Besonderes mehr dar, denke ich mir. Dabei ragt seine Kirche besonders hoch über das restliche Geschehen hinaus.

Über die Chóra geht es zurück nach Egiáli. In Ágios Pávlos steigen einige Leute zu.


Abends in Tholária

Nach der erfrischenden Dusche und einer Fühlungnahme mit den nach und nach eintrudelnden Damen steht der Entschluss: Wir werden den Abendbus hinauf nach Tholária nehmen, ein Teil von uns wird allerdings hochwandern, auf dem alten Monopáti – kein Vergnügen bei diesen Hochsommertemperaturen. Von 9 bis mindestens 19 Uhr ist man vor Hitze gelähmt, kann streng genommen fußmäßig nichts Großes unternehmen.

Es ist dennoch erst Mai, und da ist es am frühen Abend noch sehr hell, taghell. Als die ersten zwei Drittel von uns inklusive einer älteren Deutschen, die hier oben ein stattliches Haus besitzt, per Bus oben angelangt sind, eilt unsere Führerin zuerst mit dem Rest zur Platía vor der schmucken Ájii–Anárjiri–Kirche. Gleich an der Gasse befindet sich das Kalí Kardhiá (das "gute Herz", wie gewohnt ein echtes Qualitätssiegel), ein wohnzimmerartiger Krämerladen mit einer gleichwertigen Kafenío–Funktion, der auf Wunsch auch bescheidenes warmes Essen anbietet. H. hat im Dorf einmal ein halbes Jahr zugebracht und ist noch gut bekannt bei den Dörflern – kein Wunder: an liebenswerte, altruistische Menschen mit Ausstrahlung erinnert sich jeder gern. Deshalb hat sie für immer einen Stein im Brett.

Wir haben beim Fahrer nachgefragt und wissen, dass wir gegen halb zehn per Bus wieder nach Órmos gelangen können, und die Option, zu Fuß zu gehen, gibt es ja obendrein.
Gleich links vom großen Parkplatz unterhalb des Bergdorfes das Hotel Vígla, man meint, es passe nicht recht hier herauf, es ist allerdings nicht groß dimensioniert und relativ unaufdringlich konstruiert.

Vor dem Kalí Kard(h)iá werden also draußen Tische zurechtgerückt. Plitó, das zierliche alte Mütterchen des Hauses ist etwas aufgeregt angesichts unserer wenn auch vorangemeldeten Invasion, doch zwei Frauen von uns sollten spontan mithelfen beim Kartoffelschnipseln und die alte Dame entlasten. Und ihr Sohn Michális erscheint schließlich auch noch und hilft seinerseits tatkräftig mit.

Ich setze mich gleich ab, will vor dem Essen noch ein wenig im Dorf rumspazieren, das ich nicht so genau kenne.
Das Dorf ist wiederum etwas ganz Spezielles, wirkt ganz anders als etwa das freundliche, offene, stärker durchgrünte Langádha auf der anderen Talflanke. Deutlich herber und verschlossener, auf den ersten Blick, trotz all seiner hübschen Kykladenarchitektur. Viel bäuerlicher noch dazu. Dieser Ort lässt sich nicht ganz so leicht verderben wie typischere Kykladenvorzeigeorte, er wehrt sich noch erfolgreich aus seinem Inneren heraus dagegen, trotz aller randlichen Hotel– und Pensionsanfänge.

Blick– und Gehrichtung Nord, in einem Halbkreis im Uhrzeigersinn werde ich mir einen kurzen Einblick verschaffen.
Ein steileres Wegstück zuerst, blendend weiße Häuser, dann geh ich vor, verlasse erst einmal die Straße und schleiche mich an einem Anwesen, aus dem ein kräftiges Putzrinnsal herausströmt, vorbei hinter zum Dreschplatz. Dieser alte Dreschplatz liegt bereits dicht über einer tief eingeschnittenen Schlucht, die Tholária nördlich umgürtet. Ich kann nicht umhin, aber die Szenerie erinnert mich stark an Ólimbos auf Kárpathos, wenn man sie überhaupt mit etwas vergleichen möchte. Archaisch wirkende Berge jenseits des Einschnitts, und ein wunderschöner Durchblick zwischen zwei Gipfeln: voll auf die kleine Insel Donoússa! Aus umgekehrter Richtung hatte ich ja ähnliche Fern– und Ausblicke.
Ich möchte so gerne wiederkommen und da hinuntersteigen und die alten Pfade gehen, die sich im engen Talgrund abzeichnen, bis zu ihrem Ende. Man sieht den Ausgang zum Órmos Mikrí Vlichádha, aber viel mehr interessieren würde mich der steinige Pfad Richtung Ost.

Zurück auf der Straße, der unbefahrenen, die im Bogen hochklettert, aus dem Dorf hinaus. Es beginnt zu duften, zu stinken, genauer gesagt, aber daran gewöhnt man sich, als dem Bauerntum verbundener Mensch. An der Rückseite des Dorfes haben die Schweine ihr Auskommen in geräumigen Koppeln mit Unterstellmöglichkeit. Hier und da ein Hund, der sich aus einem Verschlag heraus meldet. Noch etwas weiter bergauf werden es dicht bewachsene Kakteengärten, die mir ins Auge springen. Eine ganz eigenwillige und ganz charakteristisch ausgeprägte Dorfrückseite!
Kurz vor einem Haus, bei dem die Straße nach rechts dreht, wieder dorfwärts und bergab, diesmal an der Kámbos–Seite, kehre ich um. Will noch einmal Schritt für Schritt sehen, riechen (oooch!), Stimmung einsaugen.

Dreh dann in ein Seitengässchen hinein, es führt vorbei an einem urtümlichen Pandopolío mit zwei neugierig starrenden alten Herren davor, dann an einer recht neu wirkenden, aber verlassenen und zugesperrten Bar mit kleiner Terrasse rechts der Gasse, schließlich vor zur Kirche, wo ich zu meiner Paréa hinuntersteige.
Die anderen Tavernchen um die Kirche herum haben natürlich auch geöffnet, wenn jeweils ein Tisch besetzt ist, ist das viel. Hunger leiden würde man jedenfalls nicht, hier oben in Tholária – man wäre nicht einmal auf Órmos Äjiális angewiesen.

Nach kurzer Rast am Tisch bietet sich ein Kurzausflug in die Kirche an, das Geläute kündigt eine Messe an.
Drinnen ist der noch relativ junge Papás vollkommen alleine, die Fresken wirken neu und gefällig, der Priester beginnt mit schöner Stimme seine Liturgie zu singen, die zwei Fremden verziehen sich bald wieder. Gucken von der ummauerten Plattform vor dem Gotteshaus runter ins südliche Tal.

Bevor das Essen fertig ist, führe ich meine Clique noch einmal hinter zum Dreschplatz, wir staunen gemeinsam. B., die Künstlerin, ist besonders angetan, sie liebt diesen Ort seit jeher.
Auf unserem Rückweg die Straße runter kommen wir an einem Haus mit kleinem Vorhof vorbei und sehen endlich den Lärmverursacher: das Zicklein, das hier statt eines Hundes gehalten wird – die Besitzer nicken uns zu.

Es wird ein einfaches und doch köstliches Mahl, wie ich es liebe. Ohne Schnickschnack, aber mit besten Zutaten. Wieder die göttlichen Kartoffeln aus Naxos. Und kretischer Wein. Die Keftedhákia sind extralecker, ebenso der üppige Salat.
Unser Brite wieder ruhig, zurückhaltend, analkoholisch und auf seine stille Weise nett.
Von ihrer Feldarbeit zurückkommende Passanten erkennen unsere H. wieder, plaudern ein bisschen, einer bietet uns eine frische Artischocke an, zeigt uns, wie sie geschält und roh gegessen wird. Fast rührend.

Im Nachtbus herrliche, mitreißende Musik, aber der junge Fahrer reagiert nicht besonders auf unser Lob, unsere Begeisterung.

Auf dieses Mahl hin empfiehlt sich eine Nachspeise im Korálli. Wenn möglich, die Herrlichkeit vom Vorabend. Aber die ist jetzt alle, aus der Schmaus. Man begnügt sich mit einer vergleichsweise unzureichenden Ersatzlösung.


Frühmorgendliche Abreise

Am nächsten Morgen heißt es für mich früh aufstehen. Muss die von Astipálea zurückkehrende Blue–Star–Fähre nach Piräus erreichen, die um sieben herum geht.

Klar, ein Nes beim Jórgo ist noch drin. Dann kaufe ich mein Ticket im recht kurzfristig aufgesperrten Laden über der Uferstraße, trotte zum Anleger vor, stelle meinen Rucksack hinters Wartehäuschen.
Unglaublich: Einige meiner Bekanntinnen tauchen schlaftrunken zur Verabschiedung auf!

Schlussumarmungen. Als ich vom Heck heruntergucke und sich die Ladeklappe zur allbekannten elektronischen und so einprägsamen wie bekannten Melodie eben dieser Fähre ganz langsam hebt, sich das Schiff vom Ufer mit zunehmender Geschwindigkeit entfernt, sehe ich die Frauen einen Sirtáki vollführen, zur Ladeklappenmelodie, so gut es sich eben machen lässt. Toll! – Eine echte Innovation in Sachen Verabschiedung. Wahnsinn, eigentlich!

(Aber glaubt bloß nicht, Leute, dass es das jetzt schon war. Es folgt noch was Schönes!)

Copyright puchheim = MartinPUC, September 2008

Zu Fuß nach Keratsíni