Teil 2: Páros sigá, sigá:
genießerisch und klösterlich

Copyright puchheim = MartinPUC, Juli/August 2009


Eine Schulheimreise nach Parikiá

Eine Schnellfähre nehmen, und dann "sigá, sigá" (s.o.)? Das passt doch nicht zusammen!
Aber wer die Áiolos Kendéris kennt, weiß ja eh, dass sie mit stark reduzierter Motorleistung fährt – kein Wunder, wenn man sich den Fahrpreis ansieht, ein Relikt aus Zeiten der Panagía Tínou und der Panagía Chozoviótissas, der beiden aus dem Verkehr gezogenen, so beliebten NEL–Schiffe. Doch wer erdreistet sich, bei nur zweitägigem Aufenthalt auf einer Insel von "langsam und gemütlich" zu sprechen? Ich werde mir immerhin 2 Tage nehmen, mit 2 Üs, für einen Zwischenaufenthalt, den ich mit Sinn und Leben erfüllen will. Es passt mir zugegebenermaßen sehr gut ins Konzept, dass ich nicht gleich einen Anschluss nach Kálimno habe. Denn neuerdings zieht mich irgendetwas hin zu der angeblich doch so überlaufenen und abgegriffenen Paradekyklade, und ich weiß auch, was.
Sie "hat was", und sie ist ganz anders als ihre große Nachbarinsel Náxos, und das Gleichgewicht der Kräfte in mir erfordert einen Ausgleich: nicht nur einen wiederholten Aufguss von Náxos, sondern auch einen von Páros.

Wenn man das schöne Sífnos verlassen muss, tut das weh. Wird man dabei abgelenkt, kann man von Glück sagen. 500 bis 700 Schüler (O.K.: 5 – 600?), bestimmt alle Schüler von Paros, außer den ganz kleinen, stellen eine gewaltige Ablenkung dar, und auch sie streben, verspielt, aufgekratzt, das nachrückende Leben im Quadrat, voll im aufkeimenden Geschlechterbewusstsein, unbewusst, von unerklärlichen Kräften gesteuert und außerhalb der Zeit ihrer Heimatinsel zu, am Ende ihres Schulausflugs–Großereignisses.

Gaspard de la Nuit von Ravel als Begleitmusik beim Schreiben dieser Zeilen ((viel später: zu Hause)). Soll mich vielleicht beruhigen, die bedächtige Klaviermusik, denn ich darf gar nicht daran denken. Sífnos verlassen, das überteuerte und doch so wahnsinnig schöne!
Ich muss all meine Verdrängungsmechanismen in Gang setzen, um der besonders innerlich (sprich: in ihren zentralen Regionen) Schönen nachblicken zu können und mich auf die erneute Konfrontation mit der äußerlich, randlich, rein oberflächlich noch Schöneren, aber nur: denkste!, der mir in meinem Innersten absolut nicht geheuren namens Sérifos einlassen zu können.

Drinnen ist sie bestimmt alles andere als ein Segen, die Áiolos Kendéris. Lange Schläuche von Innenraum, zahllose Sitzreihen, viele in überhitzten Räumen, deshalb wohl versuchen sie mich zuerst hin zur Air Condition durchzuwinken, wo sich das Gros der "Mathités" (= lieben Kindlein = Schülerhorden) aufhält, aber logo nicht zur Gänze hineinpasst, und deshalb krieg ich hier in der Wärme, wo ich vorübergehend Platz genommen habe, noch ein paar Hundert mit – der große Rest wuselt sowieso gleich in kurzen Abständen an mir vorbei: Hihi und haha, heeeee: hehe!, und päng, du Aas, und kicher kicher, und stolper stolper, umschlungen oder eingehakt, und stör stör, und Gaudi pur!

Weil ich den Einweiser von der Besatzung gleich nach einem Außendeck gefragt habe, kommt der tatsächlich 5 Minuten nach dem Ablegen zu mir und deutet auf die Tür, die zum "Katástroma" führt, und er verdient mein Kompliment.
Die ganze Crew ist die ganze Fahrt über im Wesentlichen damit beschäftigt, die Schülermassen unter Kontrolle zu halten – und sie haben sie, in Kooperation mit den Lehrerinnen und Lehrern, einigermaßen im Griff, einigermaßen –das zehrt an ihren Kräften.
Gaspard de la Nuit wird vorübergehend lauter – ganz angemessen!

An Deck, im Windschatten eines Schornsteins, blicke ich Sífnos nach, merke gar nicht, wie nah wir der Bucht von Livádhi (Serífou) bereits gekommen sind. Es wird zur disembarkation aufgerufen. Vom Heckausguck aus seh ich meine drei Bekanntinnen aus Olandhía das Schiff verlassen und auf einen wartenden Minibus zusteuern – ojeh: ojeee–ojeee–ojeee. Wärt ihr doch auf Sífnos geblieben, ihr Bedauernswerten! Aber ihr habt's ja so gewollt, und jetzt löffelt die Suppe auch aus.

Schluss mit Klassik! Eine alte bairische Volksmusi(k), des/das braucht's jetzt: "Bayern: Volksmusik: Rare Schellacks 1906 – 1941" (Trikont – Our own Voice, München–Giesing, 1994). Schon der "Schnellzug–Galopp" am Anfang klingt nicht schlecht.

Es werden nicht viel mehr Leute, NACH Sérifos, also Richtung Páros, eher ein paar weniger. Einige Zeit kümmere ich mich um einen einsamen kleinen Hund, der von einer Schülerin in der Nähe eines lauten Schornsteins auf dem Außendeck angebunden und zurückgelassen wurde. Ein Paradebeispiel für die Wendung "zittern wie Espenlaub" – der Arme, er sollte die ganze Überfahrt lang nicht zu zittern und schlottern aufhören!
Ich hab meine Späßchen oben auf dem Außendeck gehabt mit den Schülern, die natürlich auch diese Schiffsregion bald zu entdecken begonnen haben und sich in Kürze ungeniert bis auf ca. 10 cm neben meiner Wenigkeit postiert haben, für ihr Bewegungsspektakel im Heckbereich, gerade noch in Schranken gehalten von der adhortativen Prosa einer Lehrerin und eines Besatzungsmitglieds.
Ist noch einmal gut gegangen, in the end.
Es dunkelt, dämmert schon, als wir in Parikiá (sti Páro) einlaufen.

Weiß schon, wo ich meine Zelte aufschlagen werde. Beim Fílippos, nicht weit weg vom Hafen, und doch sehr zentral. Er gibt mir wieder eines der unteren Zimmer, weil ich Getränke kühlen will, und das noch freie 1.–Stock–Zimmer kühlschranklos ist. Ist auch kommunikativer, unten im Garten.
Klar, dass ich erst einmal bei Michaela, der Schweizerin, was trinken gehe, ins Dístrato (Dhístrato). Gleich nebenan ein mindestens genauso beliebtes Konkurrenzlokal, von sympathisch wirkenden jungen Griechen – unheimlicherweise findet sich immer sofort ein Konkurrent ein, wenn bzw. da wo etwas gut läuft.

Kaliníchta!


Andíparos zum Schnuppern

Keine große Kunst, einen Morgenbus von Parikiá nach Poúnda zu nehmen, dem Ort der häufigen Überfahrten zur Insel Andíparo.
Ein großer Platz mit Ticketverkaufsbude in der Mitte, diese unbesetzt, man zahlt auf dem Schiff. Es kostet genau 1 Euro, einfache Fahrt.

Nach dem Ablegen der kleinen Autofähre zeigt sich die "Strömungsinsel" steuerbords, Refmatonísi (nach der Anávasi–Karte), ansonsten wohl auch Strongilonísi genannt (wegen ihrer runden Form), von ihrer schönsten Seite: quasi ein Wald, dahinter Gebäude, ein Schiffsanleger – wohnt dort ein Onássis–Abklatsch, eine Reederfamilie?

Am Anleger von Andíparos liegen noch weitere zwei Autofähren, und es scheint im Halbstundentakt hin und her zu gehen. Ein weiter Himmel, die große Insel im Blickwinkel von NE bis SE, das eigene Bergland immerhin 300 m hoch, dennoch nicht von auffallender Größe oder Bizarrheit.

Nach den ersten Schritten hin zum Hauptort bin ich etwas enttäuscht. Ein bisschen atmosphärelos wirkt sie auf mich, diese Siedlung, und sie ist ziemlich ausgestorben an diesem Vormittag eines 13. Mai. Zwei Stunden später sollte sie aber aufgetaut sein, wenigstens ein Teil ihrer Bewohner zum Vorschein gekommen.
Frage gleich in einer Taverne neben einer Autovermietung, noch vor dem großen Kiosk, nach Bussen. Würde gerne in den Süden fahren, nach Ájios Jeórjios, und von dort bestimmt irgendwie wieder zurückkommen. Nur ein Auto mieten will ich definitiv nicht.
Die ernüchternde Auskunft: Nachmittags um halb drei oder so gibt es einen Schulbus. Sonst nichts. Ich stelle mich darauf ein, dass ich auf einer Insel der Automieter (Fahrräder sind zu dieser Jahreszeit noch nirgends zu sehen – man sollte sich in diesem Punkt nicht auf irgendwelche Reiseführereuphor(er)ien verlassen!) angelangt bin und bleibe im Hauptort und seiner Umgebung.

Es hat von Anfang an nicht "gefunkt" zwischen mir und dem größten Paros–Trabanten, und so nehme ich mir vor, zwar fair in meiner Beurteilung zu sein, kann aber nichts dafür, dass ich nicht von allem, was ich hier vorfinde, gleich übermäßig begeistert bin. Vielleicht liegt es an der vormittäglichen Tageszeit, und es ist sowieso alles ganz subjektiv und von allen möglichen Umständen abhängig, dessen bin ich mir bewusst. Ich weiß aber auch, dass ich etwa von Dhonoússa spontan einen ganz anderen Eindruck hatte – es wirkte vom ersten Augenblick an viel packender auf mich.
Andíparos–Ort dagegen lässt mich wirklich gähnen – trotz seiner beachtlichen Ausdehnung und der zahlreichen Tavernen und Cafés. Um wie viel spannender und knisternder doch ein Spaziergang durch die Gassen von Parikiá für mich ist!
Aber Schluss mit den Herabsetzungen. Ich habe nur wenige Stunden auf der Insel verbracht und nichts ausprobiert, keinen der Bewohner kennengelernt.

Unwillkürlich zieht es mich nordwärts aus dem Ort hinaus, und ich folge den richtigen Sträßchen.
Und da sollte es bald sehr sehr schön und anheimelnd werden! Ein Getreideland, ein Land weitständiger weißer Häuser, Kapellenland, einfach draußen, Land der kleinen Überraschungen. Richtig befreiend, nach all den ersten Eindrücken.

Anders befreiend ist z. B. so eine Äußerung: " ... but if I am to be allowed [[besser: were allowed to take]] only one musical work on [[to]] my desert island, then I should choose Koroliov's Bach ((Evgéni Korolióv spielt Bach auf dem Klavier: The Art of Fugue, Die Kunst der Fuge, die ich gerade höre)), because forsaken, starving and dying of thirst, I would listen to it right up to my last breath." gez. Györgi Ligeti (ungarischer zeitgenössischer Komponist, ist gut vertraut mit Norddeutschland!) ((Pssssst: Anregung: Die Musik mag auch, originaler, auf dem Cembalo/engl.: harpsichord gespielt sein – je nach persönlicher Erträglichkeitslage.))

Der Campingplatz von Andíparos ist auf der von mir gewählten Route wohl unerreichbar. Mein Feldweg endet in einem Gehöft, so scheint es zumindest.
Zurückwandern, vorbei an der Kapelle. Einen abzweigenden grasüberwucherten Feldweg nehme ich nicht, zu groß scheint mir der Unsicherheitsfaktor, in Kürze irgendwo das Ende des Begehbaren zu erreichen.

Um zum Sifnéiko Jaló zu gelangen, dem Strand, der der Insel Sífnos zugewandt ist (und den der Michael–Müller–Verlag namentlich besonders entstellt hat; es ist der Verlag, der vor einigen Jahren auch den missglückten Begriff "Nissiótissa" eingeführt hat – soll "Inselmusik" bedeuten; welchem profunden Kenner, welchem Inselfrauenliebhaber haben wir diese falsche Weisheit zu verdanken?), ist es zwingend erforderlich, eine andere Straße zu nehmen. Man lernt schnell.
Ich trotte vor, eine Linkskurve, dann abrupt nach rechts, bin nach weiteren 200 oder 300 Metern am Strand angelangt.
Ein Denkmal in einer gepflegten kleinen Grünanlage kündet von einem US–amerikanischen hohen Militär, Liebhaber und Förderer dieser Insel. Irgendein Insulaner pflegt die Anlage gerade. Eine Bank, auf der ich Platz nehme. Kein besonders empfehlenswerter Strandflecken. Die zugehörige Taverne am östlichen Ende sieht geschlossen aus.

Beim Zurückschlendern in den Ort gehe ich geradeaus weiter. Unbekannte Gefilde. Eine schüchterne ((das Wort "schüchtern" habe ich seit Äonen nicht mehr gelesen, dabei ist es so liebenswert)) Mutter mit Kind kreuzt meinen Weg.
Der Platz, an dem ich schließlich lande, ist gespickt mit Plakaten eines kommunistischen Wahlkampfmachers – keine Chance für mich, ihn je seine Reden schwingen zu sehen – ich werde nicht mehr da sein. Es ist der schönste Platz im ganzen Ort, und er wirkt richtig authentisch.

Nebengassen erkundend lande ich bei Bauruinen, wo der Müllwagen seine Fracht einsammelt. Nahe Unterkünfte sehen richtig verlassen aus. Ich erreiche zuletzt den südlichen Ortsausgang, quere die Teerstraße und befinde mich auf einem Wanderweg dicht am Meer Der führt zur nahe gelegenen Tamarisken–Bucht vor einem ziemlich verschmutzten Salzsee, doch der Strand ist gar nicht ohne, recht einladend, inklusive Keuschheitsumkleidekabine. Ein einziges Paar sonnt sich hier, auf dem Sand von Páno Psaralikí, ihnen ist die Einsamkeit gerade recht.

Mit dem nächsten Fährschiff setze ich nach Páro über, besorge mir im Kiosklädchen von Poúnda meine Busfahrkarte und befinde mich kurz darauf auf dem Weg zurück nach Parikiá.


Náoussa ohne Scheu(klappen)

Zeit für ein paar Stunden in dem oft so überlaufenen, beliebten Ferienort an der Großbucht im Norden von Páros! Den hab ich zuletzt vor Urzeiten besucht, hatte Skrupel, es noch einmal mit ihm zu versuchen, skeptisch auf eine massive touristische Überentwicklung tippend.

Der Frühnachmittagsbus bringt mich in einen Ort mit erstaunlich viel Flair, sein Zentrum um den Fischerhafen herum ist labyrinthisch und hübsch, besteht aus engen Gassen mit tatsächlich oft überraschenden Torbögen und Durchgängen, mit etlichen gut eingepassten Kirchen und Geschäften, wenn auch der hohe Grad der touristischen Erschließung auf Schritt und Tritt zu spüren ist. Das tut an meinem Besuchstag gegen Mitte Mai der sehr angenehmen, stellenweise bezaubernden Atmosphäre überhaupt keinen Abbruch.

Natürlich haben die Außenviertel weniger Charme als der Ortskern, und es sind ein paar weniger vorteilhaft aussehende Ecken zu überwinden. Hat man es aber einmal zur dicken Mole geschafft, die den pittoresken alten Fischerhafen von seinem größeren neueren Pendant trennt, wird man nicht umhin können, Gefallen an der Szenerie zu finden. Abends bestimmt noch viel mehr als frühnachmittags im grellen Sonnenlicht, all der gnadenlosen Frühjahrshitze.

Diese dicke Mole hat es in, oder besser gesagt auf sich. Ihr Ende verkörpert ein dem Hl. Nikólaos geweihtes bildhübsches Kapellchen, hinter dem sich immer ein paar Fischerboote verstecken – der große Rest der Fangboote liegt im kleinen Hafenbecken vertäut. Zweizeilig, nach Nordost bzw. Südwest gerichtet, reihen sich etliche Tavernen aneinander, die in optimaler Lage um die Kundschaft buhlen.

Da ich wenig Zeit habe, verlasse ich mich auf Fohrers Empfehlung und nehme nach Studieren der auf einem "Notenständer" ausgestellten Karte im Vitsadákis (ΒΙΤΣΑΔΑΚΗΣ) Platz, nachdem mich einige Minuten vorher der Chef freundlich von den Qualitäten seines Essenstempels zu überzeugen versucht hatte – eine milde, noch unaufdringliche Art der Kundenwerbung. Da ich das Sonnenglitzern vom Meeresbecken her nicht aushalte, setze ich mich mit dem Rücken zum Wasser. Franzosen, auch Griechen um mich herum betätigen sich als Schlemmer.
Einen auffallend freundlichen, sehr aufmerksamen und schnellen Service bieten sie hier. Der Chef spricht astrein Deutsch, und wohl noch andere Sprachen.
Die Riesenportion Sardhéles (gut 15 Stück) und die Chórta schmecken mir ausgezeichnet, nur der offene Weißwein gehört nicht zur A–Klasse, ist O.K., aber nicht sooooo toll. Und: endlich einmal wirklich frisches Brot!
Es gibt Soúma als Dreingabe, den kannte ich bisher nur vom Dodekanes her unter dieser Bezeichnung. Der Boss stolziert mit leuchtenden Augen und positiven, waagrechten Stirnfalten umher. Paros hat AUCH seinen Soúma, sagen sie mir.
Wenn ich mich umwende, tränen mir die Augen vom Gleißen aus dem Himmel und von den Wellen her. Ein echt heißer, blendender Tag.
Von Freunden und Bekannten erfahre ich im Nachhinein, zu Hause, dass es mehrere durchaus gute und preiswerte Lokale wie dieses in der Hafengegend gibt. Man kann natürlich auch viel mehr Geld ausgeben, wenn man will oder nicht aufpasst oder es einfach hat.

Das nächste Mal würde ich gerne die beiden die Bucht von Náoussa einfassenden Halbinseln, insbesondere die östliche, per Fahrrad erkunden – hoffe sehr, es kommt dazu.
Doch wenn ich schon vor Ort bin, mache ich wenigstens noch einen größeren Rundgang in der Stadt, trotz Mittagshitze.
Bin positiv gestimmt, nach dem guten Essen, freu mich über die wohltuend schönen Gassen und Winkel, die sich mir überall auftun, guck in so manches Kirchlein rein.
Lande bald in einem äußerst anheimelnden Pandopolío, wo ich eine große Plastikflasche voll Rotweins aus der Umgebung der Touristenhochburg erstehe. Der alte Herr versichert mir, der sei gut. Er sollte sich als himmlisch gut erweisen, allerdings als ziemlich süß, gut gereift vom Übermaß an Sonne, alles andere als auf "trocken" gepanscht.
Probiere den ersten kleinen Schluck im Schatten eines Baumes in der Parkanlage neben der Panajía–Kirche, wo ich hinaufgewandert bin und nun von "Bergeshöh" hinunterschaue auf die weiße Herrlichkeit.
Geh anschließend noch kreuz und quer durch die Südhälfte des Zentrums, finde Mittagsschläfer auf Bänken, auf Mauern, irgendwo im Schatten hoher Eukalyptusbäume. Hätte nur noch gefehlt, dass ich zufällig Martina B. getroffen hätte – war schließlich gar nicht so weit entfernt von dem Hotel, das sie managt.

Ganz zufrieden steig ich schließlich in den Bus und verbringe noch schöne Abendstunden in Parikiá. Spaziere weit vor bis zum Südende der Stadt, vorüber an einem großen, aberwitzig ungemütlich wirkenden Hotelkasten an einer Straßenkurve über der Bucht, den nur ein paar Pauschaltouristen bewohnen.
Kurz hinter der Uferstraße, nicht weit landein im Gassengewirr ein großes Angebot an Gaststätten mit teils recht netten, familiär geführten Betrieben. Ich komm sogar an einem Platz mit einem Fish & Chips – Laden vorbei. Der Typ da drin sieht allerdings sehr griechisch aus.


Moní Longovárdhas (Μονή Λογγοβάρδας), oder ein Stück klösterliches Páros

Auf dem so touristischen, vergleichsweise kleinen Páros sind – wie überraschend – Klöster keine Seltenheit. Sind eben Relikte der vergangener Zeiten mit einem höheren Maß an Gläubigkeit. In Relation zum riesengroßen Kreta zeichnet sich die Kykladeninsel sogar durch eine ganz beachtliche Klostervielfalt aus.
Selbst Landkarten wie das Anávas(s)i–Blatt im Maßstab 1:40.000 bemühen sich, genau zwischen bewohnten, noch funktionierenden Klöstern und ihren inzwischen oder längst verwaisten Gegenstücken zu unterscheiden.
Auch der gute Fílippos, der meine Unterkunft in Parikiá betreut, erwähnte letztes Jahr voller Respekt das "große Kloster des Heiligen Minás", allerdings ohne hinzuzufügen, dass es nur mehr von einem nichtmönchischen Privatmann bewacht wird und man die gelebte orthodoxe Spiritualität und Mystik dort inzwischen vergeblich sucht.

Nicht nur Männerklöster sind auf Páro erhalten, auch Nonnen haben ihre Refugien. Als Mann darf ich wohl nur die Mönchskonvente besuchen, und ich entscheide mich für den größten von ihnen, ein Kloster etwa einen Kilometer abseits der Hauptstraße von Parikiá nach Náous(s)a, das vor einigen Jahrzehnten bestimmt noch viel abgelegener war, zu Zeiten, da die schmale Straße nach Náoussa noch westlich des kleinen Profítis–Ilías–Berges verlief und das Taxiarchón–Kloster an seinem Nordabhang dem von Longovárdhas sozusagen die Schau stahl. Engagierte Kykladenliebhaber wie "Xrístos" (Chrístos) haben mir dieses nun dichter ans Weltgeschehen gerückte Kloster nähergebracht, Letztgenannter durch einen stimmungsvollen, sehr einfühlsam geschriebenen Internet–Artikel, einem einer Reihe über Páros. Im Auge gehabt hatte ich es aber schon vorher, ich an die Welt verkommener Benediktinerzögling.

Klöster sind idealerweise einzigartige Orte der (Gottes)Betrachtung, Stille und bewussten anderen Weltsicht, und doch der zahlenmäßig sie überwältigenden restlichen Weltbevölkerung nebenbei ganz nah, stets mit einem intensiven Blickwinkel auf gute Nachbarschaft mit den sie umgebenden, so anders gearteten, Nachkommen erzeugenden Mitmenschen. Griechische Klostergemeinschaften, insbesondere männliche, scheinen die Außenwelt besonders gut zu verstehen und nie zur Gänze aus dem Menschlichen abzuheben.

Meine Bedenken waren vollkommen umsonst gewesen. Busfahrer und Schaffner wissen genau, wo sie die Leute aussteigen lassen müssen. Die Landkarte hat gleich drei Zugangswege auf Lager, und ich hatte mich natürlich auf den kürzesten eingestellt, angespannt auf der Lauer, innerhalb eines Sekundenfensters mein selbstsicheres "Stássi, parakaló!" in den Raum zu stellen. Die Sorge war umsonst, das Buspersonal, ob jung oder alt, kennt sich hier sehr gut aus.
An einem zypressen– und mit anderen einzäunenden Bäumen bestandenen großen Grundstück vorbei biegt mein Feldweg rechtwinklig von der Überlandstraße Richtung östliche Hügel oder "Berge" ab, steigt in kleineren Kurven hangaufwärts. Oberhalb kommt bald ein Bauernhof in Sicht. Ich greife mir erst ein paar Steine, dann einen Stock am Wegrand, als Waffe gegen möglicherweise herbeistürzende Wachhunde. Hatte keine Ahnung, dass hier so ziemlich alles in klösterlichem Besitz ist und sozusagen Gottes beschützende Hand einen Hundebiss einfach nicht zugelassen hätte!

Nun eine echte Haarnadelkurve, ab hier ist bereits betoniert. Ich nähere mich der Klosteranlage. Rechts oben, etwas überhöht im Hang, eine Außenkirche, links daneben ein Gebäude. Das eigentliche Klostergeviert liegt 50 oder 100 Meter weiter.
Erst schleiche ich nach links, gucke in eine Höhle von Nebenraum rein, um die Ecke führt ein Pfad links ums Kloster rum in Richtung einer kleinen Schlucht, aber ich will ja rein ins Herz des Mysteriums.

Läuten heißt es, läuten am Portal unten in der weiß glitzernden Wand mit ein paar Stockwerken darüber. Fast eine Burg, wenn auch weiß gestrichen. Aber mit kleinen Fenstern, irgendwie Abwehrhaltung, denke ich. Es dauert eine ganze Weile, bis man auf mein Begehr reagiert. Inzwischen ist ein Kleinbus angekommen, irgendein Handwerker oder Lieferant steht neben mir, auf Einlass wartend.

Dann geschieht es: Aus dem Fensterchen direkt über dem Portal quillt auf einmal ein Mönchskopf, drückt sich, zwängt sich heraus, der eines recht jungen Mönches mit großen dunklen Augen und schwarz wallendem Bart – es ist ein Bild von außergewöhnlicher Statik, von überraschender Schönheit und Unerwartetheit, eines, wie Ihr es noch nie fotografiert habt, und es hat sich sehr intensiv in mein Gedächtnis eingeprägt, obwohl ich nur wahrnehme, nicht fotografiere.
Der Kopf eines jungen Mönches mit Rauschebart und überaus großen, dunklen Augen füllt einen ganzen Fensterausschnitt.

Bitte eine(n) Zeichner(in), eine(n) Kunstmaler(in) mit subjektiver Aussage!
Wenn Ihr Fotos macht, habt Ihr zumindest bequeme Erinerungsstützen und tut Euch leicht bei Euren Internetnotizen. Ich für meinen Teil habe nur die Erinnerung an sich, ohne jegliche Fotos.
Und das reicht mir, solange ich erzählen kann, interpretieren, nicht nur knipsen, ablichten. "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte": eine der großen Irrlehren unserer Zeit, eine besonders perfekte (und perfide) Art des (Verzeihung) zeitgenössischen Ignorantentums, wenn es auf Geknipstes bezogen wird. Man macht es sich zu leicht. Nur wenige beherrschen die gute, die gekonnte Fotografie, die sprechende Ablichtung.
Ein echtes BILD dagegen sagt in der Tat mehr als tausend Worte, klar: die Kreuzabnahme von Rogier van der Weyden im Prado in Madrid, die ganz sicher! Wenn man vor der nicht fassungslos erstarrt, in die Knie geht, beim Um–die–Ecke–Biegen aus dem Hieronymus–Bosch–Saal heraus, sollte man endlich und definitiv wissen, was für ein Eisklumpen man ist und (hoffentlich nicht) schon immer war.
Oder, zeitlich weit entfernt, annähernd auch die in einem Extrasaal, einem Halbrund im obersten Stockwerk präsentierte Schlacht von Lepanto von Cy Twombly in einer ganz modernen, unlängst eröffneten Sammlung (Brandhorst, mit einer ganzen Menge Schrott, aber auch superguten Ausnahmen) in einem absolut gelungen designten kubischen Gebäude gegenüber einer überirdisch guten Eisdiele (!), wo die Schlemmer(innen) 20 – 50 m lang Schlange stehen, am direkten Südrand von München–Schwabing.
Sagt unsäglich viel mehr aus als Eure Knipsereien im Web, Leute! Ihr seid sterblich und vollkommen vergänglich, im Gegensatz zur echten Kunst. Und wer weiß, ob so jemand wie ein Cy Twombly überleben wird? Und Ihr, und ich, dagegen – eine flüchtige Zeiterscheinung, eine (ab und zu gesteigerte, überhöhte) Millisekunde im geduldigen, äonenerprobten All, trotz aller Eitelkeit nichts weiter, nur das, ein Quasi–Nichts im Lauf der Zeit!

Das junge, unschuldige Gesicht mit schwarzem Rauschebart und großen dunklen Augen bittet mich von oben herab aus unerklärlichen Gründen, noch einmal zu läuten.
Es dauert dann auch mindestens weitere 5 Minuten, eine schiere Unendlichkeit, bis der Schlüssel im Schloss gedreht wird, sich das Klosterinnere auftut.
Dann werde ich, nach ausführlicher Begrüßung, erst einmal vertröstet, unter die Zypresse verwiesen, in den Schatten des weit ausladenden, riesigen Nadelbaums, des überhohen Gewächses. Geduldige Minuten vergehen. Der fast gleichzeitig mit mir angekommene griechische Lieferant oder Handwerker wird erst einmal bevorzugt behandelt.

Ich hab Zeit genug, mir aus dem Infoständer im Torbereich ein paar Blätter herauszufischen, die mich ziemlich mitnehmen sollten. Es sind nicht nur Informationen zur Klostergeschichte, sondern auch zu brennenden Themen wie Abtreibung, und das wird mittels markerschütternder Bilder kommentiert: kleiner Händchen und dem kleinen werdenden menschlichen Körperchen, dann dem Restbrei von Fötusleiche, garniert mit Gliedmaßen, der nach einer Abtreibung in einer Aluschale übrig bleibt. Auf die furchtbaren Nöte vieler betroffener Frauen wird nicht eingegangen. Der fiktive Aufschrei der Leibesfrucht "Μαμά ζώ κι άς μή το ξέρεις ..." (Mama, ich lebe, und sag bloß nicht, dass Du das nicht weißt) steht im Vordergrund, alles in Katharévous(s)a, der alten Hochsprache. Man versucht eine klare Linie zu vertreten, zugunsten des werdenden Lebens, sozusagen.

Die grauschwarzen Kutten alter Mönche trocknen und lüften auf Leinen in den schattigen Arkaden der Nordseite. Doch keiner der Geistlichen macht sich bemerkbar. Alle Türen wirken verschlossen. Vollkommene Ruhe, innerhalb des Gevierts des Klosterhofes. Ich kann die Mönche da drinnen nur erahnen. Wer noch kann, ist aber bei der Feldarbeit.

Der Lieferant ist abgefertigt, und ich werde von dem jungen Mönch zur Kirche geleitet. Während er mir in schlechtem Englisch geduldig die Ikonen, die Heiligen, Propheten, Engel und die sehr stark vom Zahn der Zeit angenagten Fresken der Kirche erklärt, erfahre ich, dass er Spirídhon heißt und lediglich Novize ist – einer von mehreren. Die eigentlichen Mönche seien sehr alt, so zwischen 80 und 100.
Warum der Staat die Restaurierung der Fresken nicht fördere? – Weil sie relativ jungen Datums seien, keine ganz großen Kunstwerke. Ein sehr demütiger, bescheidener Novize, dieser Spirídhon.

Wieder draußen vor der Kirche, ist die Führung bereits beendet. Der Konvent ist wohl nicht zu besichtigen. Den angebotenen Kaffee haben wir dann gleichsam über der Unterhaltung vergessen, ich krieg aber später noch ein Stück Süßigkeit mit viel Puderzucker drauf (grausam!) und ein Glas Wasser auf die Sitznische neben dem Kircheneingang gestellt. Es gesellte sich zwischenzeitlich nämlich ein zwar schwarz, aber nicht gerade in Klosterrobe gewandeter älterer Herr zu uns, den mir Spirídhon als Landsmann vorstellte. Ein "echter" zugezogener Münchner mit norddeutscher Aussprache!
Der nette Herr klosternamens Panajótis ist bestimmt schon an oder um die 60, ein ehemaliger deutscher Theologe, lebt nun als Spätberufener und noch im Novizenstand in diesem Kloster auf Páro. Als ich meine Kloster–Internats–Vergangenheit erwähne, meint er gleich, ich solle doch bei ihnen bleiben, sie bräuchten dringend Nachwuchs. Doch ich hätte ja eine liebe Frau gefunden, und das findet er genauso gut, gibt sich damit zufrieden.

Ja, die Novizen–, die Probezeit bis zur endgültigen Entscheidung für das Mönchstum auf Lebenszeit, dauere hier besonders lange. Vier Jahre und länger seien eher die Regel, denn der Abt sei sehr darauf bedacht, die Aspiranten vor einem falschen Schritt zu bewahren. Und ein Austritt aus dem Mönchsstand nach Ablegung der Gelübde sei in Griechenland praktisch unvorstellbar, eine gewaltige Schande, vor der es sich zu hüten gilt. Sehr lobend äußert sich Panajótis über meinen Kirchenführer Spirídhon – ein Vorbild an Frömmigkeit und Gläubigkeit.
Was denn so seine eigenen Aufgaben im Kloster seien? Ach, er betreue in erster Linie die alten Mönche, führe sie täglich spazieren, damit sie nicht einrosteten.
Aber wer könne, der arbeite noch fleißig im Klostergut unten an der Überlandstraße, da, wo der Feldweg zum Kloster abbiege. Sie seien alle sehr ordentlich und legten großen Wert auf gutes, ungespritztes Gemüse.

Es wird Mittag, Schließungszeit. Ein relativ junger Mönch (– oder ebenfalls Novize?) taucht auf und blickt mahnend zu uns her. Ich verabschiede mich. Hab gar nicht nach dem alten James gefragt. Die Klosterpforte wird zugesperrt.
Noch einmal dreh ich mich um und betrachte die Vorderfront der Anlage. Chárika poli!

Auf der zweiten Zufahrt, einem Teersträßchen, geh ich zu Füßen des teils bewaldeten Kórakas–Hügels die 2 km vor zu einem Weiler an der Hauptstraße und sinniere noch über meinen Klosteraufenthalt.
Sitze dann auf einem Steinsims an einer Kapellenwand in einem überhöht gelegenen Friedhof. Das Hundegebell aus einem der Bauernhöfe nimmt kein Ende. Schön ist hier der weite Blick über die Talung hin zur Plastirá–Bucht vor Náoussa. Schon von Weitem sieht man den Bus auf dem alleeartigen grauen Straßenband herannahen. Er kommt denn auch nach zwanzig Minuten. Ab nach Parikiá!


Nachmittagsfahrt an die Ostküste

Als der Bus sich die Straße von Léfkes nach Pródhromos hinunterwindet, aus den Bergen ins nur mehr flach gewellte Küstenhinterland, wird das näher rückende Náxos immer bestimmender. Ich muss aufpassen, ihm nicht meine ganze Aufmerksamkeit zu widmen, will ich doch lieber Eindrücke von der Ostseite der Insel Páros sammeln, die ich nun, nach gut 20 Jahren, für kurze Zeit wiedersehe.
Noch im Mai ist es die abgelegene Inselseite, mit vergleichsweise wenig Urlaubern.

An Pródhromos geht es östlich außen vorbei. Auch Márpissa berühren wir nur südlich, und das ist nicht gerade seine Schauseite. Man prägt sich in erster Linie wichtige Kreuzungen und Abzweigungen ein. Beeindruckend der Kegel des kleinen Képhalos–Berges unweit des Dorfes.
Der Hafen von Pís(s)o Livádhi. Immerhin ein wenig belebt, an diesem Nachmittag. Hier scheinen sich doch einige Touristen einquartiert zu haben. Nicht wenige Cafés und Restaurants liegen direkt am Fischerhafen. Keine sooo tolle Atmosphäre für mich aus dem Bus Guckenden, aber mehr lässt sich erst nach einer oder zwei Nächtigungen vor Ort sagen. Es ist ja auch ein Ort der Ausflugsboote nach Náxos, der gelegentlich auch von kleineren Schiffen von Náxos her angesteuert wird.
Die Straße dreht südwärts hin zum Logarás–Strand, an dessen Nordende knickt sie weiter landein ab, und der Bus biegt schließlich auf die 500 m bis 1 km hinter der Küste verlaufende, ziemlich unbefahrene Hauptstraße ein, auf der die Fahrt bis ins Ortszentrum von Dhriós weitergeht.
Abzweige zu bekannten Namen wie Poúnda, Chrissí Aktí (Golden Beach). Aber den Blick westwärts, Richtung Berge, finde ich schöner, denn er geht über einen ziemlich unberührten, hübschen Landstrich, und die näher rückenden Berge üben ihren Zauber aus. In ihnen verbergen sich nicht zuletzt einige besuchenswerte Klöster.

An der Platía von Dhriós/Driós (ausnahmsweise beide Aussprachen sind in diesem Fall möglich) muss ich aussteigen, denn er wird von der dennoch weiterfahrenden Busbesatzung als Endhalt deklariert. Man gibt mir auch gleich die letztmögliche Rückfahrtszeit bekannt, und ich weiß, dass ich nur etwa 15 – 20 min Zeit habe.
Mit mir steigt ein älteres Paar aus, das offensichtlich hier seinen Urlaub verbringt.
Sehr sehr ruhig, das Örtchen! Praktisch kein Mensch auf der Straße – ist ja auch Siesta–Zeit.
Das Restaurant bei der Bushaltestelle fällt mir gleich positiv auf. Drinnen agiert die Oma, und ich kann mir denken, dass es mein Stammlokal werden könnte, bei entsprechender Qualität. Gäste sind keine mehr erkennbar.

Um wenigstens ein bisschen von dem Ort mitzubekommen, hetze ich also Richtung Strand, durch eine locker gestreute Siedlung mit größeren Freiflächen, Olivenhainen und Gärten. Das Ganze hat etwas sehr Angenehmes an sich, obwohl ein alter, historischer Ortskern nicht auszumachen ist. Bei einer Nebenstraßenverzweigung halte ich mich rechts und gelange in kurzer Zeit zur Küste, stehe einige Meter über dem Strand und blicke nach links hin zu einem Hotelkasten.
Auf dem Rückweg zur Platía fallen mir viele leer stehende kleinere Unterkünfte auf und ich wünsche mir ganz spontan, hier einmal ein paar Tage zu verbringen, inmitten all des Grüns und all der nebensaisonalen Ruhe.

Ja, es war einmal. Vor etwa zwei Jahrzehnten bin ich von Dhriós aus zu Fuß weitergelaufen, hab die ganze Südhälfte von Páros zunächst auf einer Staubpiste umrundet, bin an mancher stillen Bucht vorbeigekommen, bis ich irgendwo bei Alikí wieder auf Asphalt traf. War ne schöne Zeit, und der Weg kam mir gar nicht so extrem lang vor. Erinnere mich, dass ich in Flugplatznähe ein paar km weit von einem Automobilisten mitgenommen wurde, dann bis Parikiá weiterlaufen musste.
Nun ist alles schön durchasphaltiert und vollkommen erschlossen.

Beim Zurückfahren im Bus fällt mir die gut ausgebaute Straße nach Náoussa auf, die nördlich von Pródhromos abbiegt. Außerdem ein Nebensträßchen unweit von Kóstos, durch das Tal des Xiropótamos–Baches, das ebenfalls bis Náoussa reicht – mit Sicherheit eine interessante Route für Radler!


Vor der nächtlichen Abreise

Längst ist das Gepäck in der Küche meiner Unterkunft zwischengeparkt. Hätte ich mein Zimmer bis abends behalten, wäre ein saftiger Preisaufschlag fällig gewesen, da kennt der gute Fílippos kein Pardon, denn er kriegt seine Zimmer meist problemlos voll.

Ein Spätnachmittagsbierchen gönne ich mir, suche vergebens das letzte alte Café vorne etwas östlich vom Fährhafenbereich, gleich neben der ersten Autovermietung. Ist von einem Jahr aufs andere in ein Self–Service–Schnellimbisslokal umgewandelt worden. Die Preise sind sehr moderat für Paros, und draußen kann man gemütlich unter Sonnenschirmen sitzen.

Später will ich das Essen bei Michaela ausprobieren, im Dístrato. Das ausgewählte Nudelgericht ist wirklich lecker. Das junge Griechenpaar vom Konkurrenzlokal unmittelbar nebenan wirkt, wie gesagt, fatalerweise ebenfalls sehr nett, und sie haben ihre Klientel, eine recht große sogar.

Steig noch ein bisschen im Ort herum, hinauf zum "Kástro", gucke durch die Baumkronen übers Meer und zickzacke anschließend durchs Gassengewirr. Schließlich lande ich mit meinem ganzen Gepäck in dem einfachen Kafenío an der Nordostseite des länglichen Platzes, der sich im rechten Winkel zur größeren Platía Mavrojénous am eingefassten Trockenbett des "Flusses" entlang ein Stückchen landeinwärts hinzieht.
Es ist der Treff der Albaner, von Handwerkern und auch Tagelöhnern, und der muskulöse Chef dort nennt sich Mike. Einmal hat er mir sogar einen Job angeboten, eine Aushilfe als Straßenpflasterer, sollte ich Geld brauchen – irgendwie rührend. Ich bin gerne da, wenn auch der Nes als Frühstück ein ziemlich rüdes Gebräu ist.
Ein jüngerer Albaner erzählt mir auf Griechisch und Englisch, er habe neulich 1.500,– Euro bei einer Sportwette auf die "Sechziger" verloren (Sechziger? Na ja: TSV 1860 München!). I can't help it, dear. Ganz klar, ich bin inzwischen bei Ihnen als Münchner bekannt.

Setz mich noch ein wenig auf das Mäuerchen, das die Windmühle, alias Touristeninfo, am Hafen umgibt, lass mich vom Autoverkehr umzingeln. Sie kommt schon herangewummert, die Blauorangene.
War vor Jahren noch der Stolz der D.A.N.E. Sea Line mit Sitz in Rhodos. Gehört inzwischen, nach dem Konkurs der rhodischen Schifffahrtsgesellschaft, zu den Blue Star Ferries. Ist eigentlich ein relativ langsamer Pott, der nicht viel mehr als 20 Knoten schafft, aber immerhin, früher galt das schon als relativ schnell.
Endlich sind die Taue festgezurrt. Also auf, rauf auf die Diagóras (Dhiachóras)!

Copyright puchheim = MartinPUC, Juli/August 2009

Wiederkehr nach Kálimnos, der spröden Schönen