Nach Yunanistan


Yunanistan – so heißt Griechenland auf Türkisch. Eigentlich wollten wir mit dem Zug ganz romantisch und langsam von Istanbul nach Gümülcine (Komotiní) tuckern. Nach unseren Recherchen hätte die Fahrt aber doch etwas zu lange gedauert, so dass wir uns kurzerhand entschlossen, einen Fernreisebus zu nehmen.
Die Verbindungen nach Thessoloníki (und zum Teil weiter nach Athen) sind sehr gut. Eingesetzt auf diesen längeren Fahrten werden - wie in Griechenland – sehr moderne Busse.

In Istanbul hatten wir in einem beliebigen (es war ein arabisches) Reisebüro unsere Tickets erstanden. Für 40 TL (20 €) mit der großen türkischen Busgesellschaft Metro, deren Reisen mehrmals täglich (laut Aussage des Reisebüros: um 10.00 Uhr, 18.00 Uhr und 22.00 Uhr) nach Thessaloniki und zurückführen. Die Fahrt nach Komotiní soll ca. 6,5 Stunden dauern, den geschätzten Aufenthalt an der Grenze mitgerechnet. Es gibt auch andere Busgesellschaften, doch diese war uns von Griechen empfohlen worden.


Internationaler Busbahnhof in Esenler

Natürlich könnten wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln bequem zum zentralen, großen Busbahnhof (Büyük Otogar) in den Stadtteil Esenler fahren, doch mit unserem üppigen Gepäck gönnen wir uns ein Taxi. Bis direkt vor den Bussteig 107 auf diesem riesigen Bahnhof bringt uns der Fahrer und lädt unser Gepäck aus. 15 € (inkl. 2,50 € Eintrittsgebühr für den Otogar) kostet die fünfzehnminütige Fahrt.
Noch haben wir Zeit, um uns die Beine etwas zu vertreten und schon mal den doppelstöckigen Bus in Augenschein nehmen. Sieht schon von außen äußerst bequem aus, was sich später auch bewahrheiten wird. Bald schon können wir unser Gepäck zum Verstauen aufgeben und im Innern Platz nehmen.


Der Bus ist nicht ganz ausgebucht, circa die Hälfte der Plätze unten bleibt frei. Auch oben sind nicht alle Sitzplätze besetzt. Im Bus fahren nur wenige nicht-griechische oder -türkische Reisende mit, vielleicht bin ich sogar die Einzige, allerdings viele Griechen und Türken mit griechischer Staatsbürgerschaft.


Die Route

Unsere Reiseroute durch die türkische Marmararegion wird uns vom Busbahnhof in Esenler direkt auf die Autobahn O-3 führen, die im Zusammenschluss mit der O-1 wenig später zur E 80 wird. Dieser folgen wir bis zur Ausfahrt in Richtung Selimpaşa (noch hinter Silivri) und biegen auf die E 84 ab, der wir im weiteren Verlauf bis zum Grenzübergang İpsala folgen: zunächst in Richtung Marmarameer, dort am nördlichen Ufer entlang über Gümüsyaka nach Tekirdağ, ab hier jedoch entfernen wir uns vom Meer und fahren in westlicher Richtung über Malkara, durch Keşan bis zur Grenze.
In Griechenland wird es dann nicht mehr lange dauern: die türkische E 84 geht in die griechische E 90 – die Via Egnatia – über und führt über Alexandroúpoli nach Komotiní, wo wir den Bus verlassen werden. Dieser wird dann weiter zum Zielort Thessaloníki fahren.


Unsere Fahrt

Pünktlich um 10.00 Uhr schließt der Fahrer zischend die Bustür und fährt los. Zunächst fahren wir noch eine ganze Weile durch Istanbul, durch Gewerbegebiete mit Praktiker, Bauhaus, Ikea und wie die globalen Unternehmen alle heißen. Nichts Neues also, ein Gewerbegebiet sieht aus wie das andere.
Schon jetzt werden unsere Pässe nebst Durchschlag des Tickets eingesammelt. Wir vermuten, dass unsere Daten bereits vor unserer Ankunft die Grenze erreichen. Vielleicht arbeiten türkische und griechische Grenzbeamte zusammen, man könnte sich die Arbeit teilen und den Reisenden viel Zeit sparen.

In den Outskirts von Istanbul wechseln sich Trabantenstädte und Hochhausviertel ab mit Reihenhaussiedlungen im Grünen. Hier kann man ermessen, wie viele Häuser und Wohnungen immer weiter entstehen müssen, um die Zuwanderung aus allen Teilen dieses riesigen Landes aufzufangen. Und im Nachhinein betrachtet verwundert es nicht, dass auch wild gebaut wird. Wie man liest waren es wohl insbesondere diese ungesicherten Gebäude, die den Überschwemmungen nur wenige Wochen nach unserer Durchreise zum Opfer gefallen sind. Auch die Autobahn, über die wir gefahren sind, war betroffen und hatte sich innerhalb kürzester Zeit in ein reißendes Flussbett verwandelt. Bei unserer Durchreise wäre uns ein solches Unglück niemals in den Sinn gekommen.

Nach einigen Kilometern reicht der Fahrbegleiter Kaffee und Kuchen, ein kostenloser Service, der gerne angenommen wird. Das türkische Ehepaar auf der anderen Busseite neben uns, griechisch sprechend, aus Krefeld, informiert uns, dass die Kinder alle studiert haben. Ein Sohn ist Hautarzt. Bravo.

Mittlerweile haben wir die Stadt Istanbul hinter uns gelassen. Arbeiter pflegen die Grünanlagen am Rand der Straße. Die beige-braune Landschaft, an der wir vorbeifahren, ist ländlich geprägt: Die Getreidefelder sind abgeerntet, rechts ein einziges Windrad. Ein Wasserreservoir kommt in Sicht. Riesige Sonnenblumenfelder bestimmen jetzt die Vegetation.


Auf Schildern wird vor Schnee und Eis gewarnt, beide können hier ungebremst einfallen. Ein wenig erinnert die Landschaft an den Autoput in Ex-Jugoslawien: flach, nur wenige kleinere Hügel, langweilig für das Auge. Doch bald weicht diese Eintönigkeit dem Blau des Meeres. Hinter einer Ausfahrt in Richtung Selimpaşa erblicken wir linkerhand das Nordufer des Marmarameeres, an dem wir nun entlangfahren. Wir haben die Autobahn verlassen. Bald wird der Straßenbelag schlechter. Mein ramponiertes Verdauungssystem meckert vor sich hin.

Ein kleinerer Ort auf der Durchfahrt scheint zu prosperieren, mit zweistöckigen Familienhäusern, guter Infrastruktur, vereinzelt Rindern auf den Weiden am Ortsrand und einer Shelltankstelle. Ein wenig erinnert das Bild an eine griechische Kleinstadt.
Unsere Straße wird jetzt zur Stadtautobahn. Rechts eine größere Moschee mit grünen Kuppeln, weiter sanfte Hügel mit Wohnhäusern. Links immer wieder der Blick auf das Marmarameer. Es muss eine fantastische Aussicht sein, wenn man dort am Hang wohnt oder Urlaub macht.
Die Stadt ist großflächig angelegt. Im ortsnahen Industriegebiet fallen Riesen-Benzintanks auf. Auf Botaş wird auf Schildern hingewiesen, ein Unternehmen, das in Erdöl- und –gastransporten tätig ist. Die Firma sitzt zwar in Ankara, vielleicht jedoch führt hier irgendwo eine Öl-Pipeline durch das Gelände, die unseren Blicken verborgen ist.

Eine weitere Kleinstadt mit gemütlichen Häusern schließt sich an. Bald gibt es einen lang andauernden Disput zwischen dem Busbegleiter und einem Fahrgast, der von oben herunter gekommen ist und auf der Toilette eine rauchen will. Seine Pupillen sind so groß wie Wagenräder. Nach der lautstarken Auseinandersetzung wird er wieder nach oben geschickt, der Begleiter tätschelt ihm die Schulter und lacht sich hinterher halb kugelig.

Im nächsten Ort halten wir an einer Ampel an. Das Meer immer noch zur Linken, erkennen wir, dass die Strände nur spärlich besucht sind. Weiter geht es durch eine neue riesige Siedlung mit mehrstöckigen Wohngebäuden, eines neben dem anderen, und es wird augenscheinlich heftig weiter gebaut.

Das Paar links vorn geht wieder einmal auf Moskitojagd. Drei der Blutsauger haben sie schon zu Beginn der Fahrt erlegt, doch jetzt werden sie nicht mehr fündig und müssen sich weiterstechen lassen. Hah, gut dass wir lange Beinkleider anhaben.

Ein größerer Hafen mit Tankern und Frachtern kommt in Sicht. Auch in diesem Ort wird kräftig gebaut. In der Rückschau handelt es sich wohl um Tekirdağ, einer Stadt mit über 100000 Einwohnern. Viele neu aussehende bzw. wohl gepflegte Hochhäuser bieten einladende Wohnmöglichkeiten, dazwischen ein nahes Minarett.

Als wir die Stadt verlassen, biegen wir rechterhand ab und verlassen das Meer. Ganz hinten, an einem größeren Hügel, hat man (womit auch immer) große, weiße Buchstaben angebracht, die übersetzt bedeuten: “Welche Ehre für denjenigen, der sagen kann: Ich bin ein Türke!“ Was soll man dazu sagen?

An einer Raststätte halten wir für ein knappes Stündchen an. Von hier hat man auch noch einmal Gelegenheit, die weiche Hügellandschaft in sich aufzunehmen, mit den abgeernteten Getreide - und den noch gelben Sonnenblumenkulturen.


Viele Reisende nutzen die Zeit, um eine Kleinigkeit zu essen. Beim Beinevertreten sehe ich den Fahrgast, der sich vorher den Disput mit dem Fahrbegleiter geliefert hatte, wie er in der unteren, leeren Busetage die einzelnen Sitzreihen durchkämmt. Nachdem das bekannt wird, muss er den Bus verlassen, steht jetzt sozusagen unter Aufsicht. Alex hatte ihn dabei ertappt, wie er der Griechin in der Reihe vor uns einen Parker-Stift entwenden wollte. Er meinte allerdings, er habe ihn nur „ausleihen“ wollen. Jetzt sind die anderen Fahrgäste doch misstrauisch geworden. Die Frau mit der Parker-Mine möchte, dass der Bus abgeschlossen wird, wenn wir am Dutyfreeshop an der Grenze halten.

Bald schon sitzen wir wieder im Bus und rollen zielstrebig in Richtung Grenze. Mittlerweile trägt unser türkischer griechisch- und deutschsprechender Sitznachbar aus Krefeld der Frau in der Sitzreihe vor ihm ein Gedicht vor, was anschließend mit Beifall quittiert wird. Es folgen mehrere Witze, während der Fahrbegleiter kühles Wasser reicht.

Der Junge mit den Wagenradpupillen versucht derweil, aus der Bordküche Kekse zu mopsen, wird aber wiederum ertappt und wieder nach oben geschickt. Der Fahrbegleiter amüsiert sich erneut und meint im Spaß, gleich würde er ihm eine Schlaftablette verpassen, damit er endlich Ruhe gibt.

Ein gelbes Schild Yunanistan verrät uns, dass es bis zur Grenze nicht mehr weit ist. In diesem Teil Ostthrakiens sehen wir nun ausgedehnte Reisfelder mit Wasserkanälen und angelegte, große, grüne Becken. Auch eine reisverarbeitende Fabrik gibt es hier. Scheint ein fruchtbares Fleckchen Erde zu sein.


An der Grenze

Vor uns rollt ein Lastwagen mit persischer Aufschrift, der die Türkei evtl. als Transitland nutzt, und reiht sich dann neben uns auf dem Grenzgelände ein.
Wir müssen aussteigen, stellen uns in einer Reihe mit gezückten Pässen, die wir im Laufe der Fahrt zurückerhalten haben, vor einem Zollhäuschen auf. Der Beamte knallt den Ausweisstempel in den Pass. Mittlerweile ist der Bus schon weiter vorgefahren. Sämtliches Gepäck wurde ausgeladen und liegt auf der Erde herum, ready for searching.
Der unruhige Junge, der „Verrückte“, wie er mittlerweile von den anderen Fahrgästen genannt wird, wuselt wieder herum. Er hat beim Aussteigen ein großes Bündel zusammengeknüllter Geldscheine aus der Hosentasche gezogen und planlos damit herumgewedelt.

Ein weiterer iranischer LKW wird neben uns abgefertigt. Irgendwann kommen die Grenzbeamten und fangen an, das Gepäck gründlich zu filzen. Oh, wie liebe ich die problemlosen Grenzübertritte innerhalb der EU! Alex’ Tabakbeutel unten im Koffer erregen Aufsehen. Warum er sie „versteckt“ habe? – Die sind nicht versteckt, die liegen offen im Koffer! – Schon ist ein Paket gewaltsam aufgerissen, der Tabak herausgezerrt und beschnuppert worden. Alex weist auf die deutsche Steuermarke hin. Der Grenzer schaut sich Alex’ Ausweis noch mal genau an. Junge, Junge!
Endlich packen wir das Gepäck wieder in Koffer und Taschen, der Bus wird erneut beladen. Beim Einsteigen auf der anderen Seite des Busses sehen wir, dass auch das Handgepäck, das wir im Bus gelassen haben (bei uns eine Tüte mit Obst) ausgeladen worden ist.
Kaum fährt der Bus wieder an, steigt ein weiterer Grenzbeamter ein und kontrolliert erneut unsere Ausweise. Die Fahrt geht durch einige Meter Niemandsland.
Fahrgäste haben uns prophezeit, dass die Kontrollen an der griechischen Grenze noch intensiver seien, man wüsste dies von Bekannten. Das kann ja heiter werden.

Am griechischen Zoll angekommen beginnt also die Prozedur erneut. Die Pässe werden wieder eingesammelt und weggebracht. Gepäck ausladen, auf einen langen Metalltisch hieven, öffnen, warten. Wir stehen vor einem Zollbüro, in dem Beamte vermutlich unsere Pässe kontrollieren und uns beobachten. Es ist sehr heiß, viel heißer als zuvor in Istanbul.
Der „Verrückte“ läuft herum, keine Sekunde fähig zum ruhigen Warten. Ein Pickup fährt im Schritttempo vorbei, hält schließlich an. Mit sehr interessiertem Blick schaut der Junge auf die Ladefläche. Ich mache Alex darauf aufmerksam, bin eher belustigt.
Der Junge, von Statur sehr schmal, schaut in diesem Augenblick zu uns herüber und kommt mit Riesenschritten auf uns zu. Zu Alex gewandt: Warum schaust du mich so merkwürdig an? – Du bist ein merkwürdiger Typ! – Guck woanders hin! – Und wenn ich das nicht mache? – Dann wirst du mich kennenlernen! - Alex lächelt, der Junge geht weg.
Einige Minuten später flitzt der Junge zum Zollbüro und beschwert sich bei einem der Beamten, zeigt mit dem Finger auf Alex. Keiner reagiert. Weiter wuselt er herum, er ist überall und nirgends, von Unruhe geplagt.
Wieder geht er zum Zollbüro und nimmt sich ungefragt einen der beiden Stühle, die dort stehen. Ein Polizist kommt im selben Augenblick aus dem Büro. Wieder beschwert sich der Junge, weist in unsere Richtung, bis dem Polizisten der Geduldsfaden reißt: „Stell augenblicklich den Stuhl zurück und pass auf: Du hast ein Ablaufdatum!“

Danach kommen Grenzbeamte, um sich das Gepäck anzusehen, doch wir können unsere Koffer unkontrolliert wieder schließen.
Der Busbegleiter kommt danach mit den Pässen zurück, ruft die Namen aus und händigt die Dokumente wieder an die jeweiligen Besitzer aus. Nur der Pass des Jungen ist nicht dabei. Er soll sich an den Zollbeamten da vorne wenden, richtet der Fahrbegleiter ihm aus. Der wiederum nimmt sich nun das Gepäck des Jungen ganz besonders intensiv vor.
In dem Moment wird mir bewusst, wie naiv und arglos wir und alle anderen Businsassen waren, denn wir haben einen Teil unseres Handgepäcks bei jedem Halt im Bus gelassen. Was, wenn man uns etwas untergeschoben hätte? In der Situation gar kein so abwegiger Gedanke. Letztendlich passiert nichts Besonderes, wir müssen für die Einreise auch kein Schweinegrippenformular ausfüllen. Alle haben ihr Gepäck wieder geschlossen, es ist bereits im Bus verstaut. Nach den Formalitäten fahren wir weiter, wir sind wieder in Griechenland. Ich freue mich riesig.


Ankunft in Griechenland

Durch grünes Hügelland fahren wir jetzt auf der Via Egnatia, der E 90. Die Stimmung ist gut. Nur die Griechin vor uns bedauert es sehr, dass sie in keinen Dutyfree-Shop konnte. Sie hätte so gerne Zigaretten gekauft.
Wir überqueren den gut gefüllten Evros mit seinem bräunlichen Wasser. Sehr bald erreichen wir Alexandroúpoli und lesen auf Plakaten, dass Mitropános wenige Tage später hier auftreten wird. Ohhhh, das könnte was werden.

Bis nach Komotiní halten wir noch ein kurzfristiges Nickerchen, dann sind wir schon angekommen. In der Nähe der Platía spuckt der Bus uns und andere Mitreisende aus. Da stehen wir in der prallen Sonne. Es ist wahnsinnig heiß, aber trocken, nicht so schwül wie in Istanbul, ein ganz anderes Klima.
Unsere Koffer ziehen wir in Richtung Autovermietung, gar nicht so weit entfernt. Noch müssen wir etwa eine Stunde warten, bis das Büro für die Abendstunden wieder geöffnet wird und nutzen die Zeit für eine Erfrischung in einem Kafenio in der Nachbarschaft.
Der Besitzer hat achtzehn Jahre in Deutschland (in Stuttgart – wo sonst?) gelebt und steht jetzt kurz vor der Rente, auf die er sich sehr freut.
Eine Frau in einem grünen Oberteil geht vorbei. Einer der Gäste brüllt ihr hinterher: „Hey, Néa Dimokratía, hast du die Farbe gewechselt?“ Gelächter im Kafenio. Sie schaut zurück und lacht ebenfalls.
Ein weiterer Mann setzt sich in die Runde und wird gefragt: „Hast du etwas mitgebracht?“ – „Ja.“ – „Was Gutes?“ – „Ja, aber nur für manche.“


Erlebnis mit der Autovermieterin

In guter und lustiger Stimmung schauen wir gegen 18 Uhr bei der Autovermietung Evros Cars um die Ecke vorbei. Telefonisch hatten wir uns für die Zeit vom 16. bis 27. Juli gegen einen Hyundai (für 30 € am Tag) und für einen Citroen C3 (für 35 € am Tag) entschieden. Auch eine Vorauszahlung hatten wir geleistet. Im ersten Telefonat hatte es 20 € geheißen, dann 30 €, schließlich sollten wir 100 € anzahlen. Na gut, warum auch nicht, den Preis mussten wir ja eh bezahlen.

Wir stehen also vor dem leeren Büro, die Tür ist geöffnet. Eine Geschäftsnachbarin schaut vorbei und sagt uns, dass die Dame gleich wiederkommt.
So geschieht es auch, nach wenigen Minuten huscht eine Frau energisch an uns vorbei und setzt sich hinter ihren Schreibtisch. Sie hat uns dabei keines Blickes gewürdigt, geschweige denn gegrüßt. Etwas unschlüssig ob dieses Auftritts stehen wir da und wissen nicht, ob wir das Büro nun betreten sollen oder nicht.
Da kommt auch schon ein Mann um die Ecke, tritt vor ihren Schreibtisch und sein Anliegen wird bearbeitet. Offensichtlich kennt man sich, denn er fragt sie, ob sie heute, bei der Hitze, zum Schwimmen war. Sie faucht zurück: „Wann denn? Schließlich muss ich arbeiten!“ Er hält sich daraufhin zurück, nimmt Papiere und Auto in Empfang und macht sich davon.
Wir vermuten, dass wir nun unser Anliegen vortragen dürfen, denn mit keiner Bemerkung wird uns bedeutet, dass wir nun eintreten können. Bevor wir Wurzeln schlagen, tun wir das aber trotzdem. Einen Gruß entbietet sie uns nicht. Was soll`s, dann machen wir das halt als erste. Sie sitzt seitlich zu uns und entgegnet mit heruntergezogenen Mundwinkeln: „Ich höre, sprechen Sie!“ – Ääähm, wie bitte? Alex erwidert freundlich, wir seien diejenigen, die aus Deutschland telefonisch ein Auto bestellt hätten, nennt unsere Namen. Missmutig verlangt sie Ausweis und Führerschein des Fahrers und beginnt, Papiere auszufüllen. In uns hat sich das Gefühl ausgebreitet, vollkommen unerwünscht zu sein. Und das nach unserem Hochgefühl all die Tage und besonders heute, da wir in Griechenland angekommen sind.
Sie möchte unsere Anschrift in Griechenland wissen, die wir ihr nennen. Eine Telefonnummer möchte sie auch. Alex entgegnet, dass er sein Handy im Urlaub selten anhätte und dass unsere Vermieter ihr im Fall der Fälle auch nicht unbedingt eine Auskunft geben könnten. „Ich brauche Ihre Telefonnummer!“ bellt sie zurück. Langsam aber sicher werde ich SEHR wütend, insbesondere über ihre unverschämte Art und weil sie es geschafft hat, uns unsere gute Laune zu verderben.

Als die Papiere soweit ausgefüllt sind, will sie das restliche Geld haben. Und zwar in bar. Haben wir aber nicht dabei. War so auch nicht ausgemacht. Und das Auto haben wir auch noch nicht gesehen. Was sind das denn für Geschäftspraktiken? Wir bestehen darauf, das Geld erst an einem anderen Tag zu bezahlen. Immer wieder wiederholt sie, dass das Geld bis Ende der Woche da sein muss!! Als ob es vorab schon mal Zweifel daran gäbe, dass wir überhaupt bezahlen wollten! Sind wir Verbrecher? Es wäre kein Problem gewesen, mal eben zum nächsten Zapfautomaten einer Bank zu gehen und die 320 € abzuheben. Doch nach dieser Behandlung machen wir das schon mal extra nicht!

Sie gedenkt nun, uns das bestellte Auto zu übergeben, für 10 Tage, meint sie, wie vereinbart. Ich sage ihr, dass wir zwölf Tage vereinbart haben, sie besteht darauf, im Recht zu sein. Nur einen Augenblick lang zweifeln wir. Doch ich erinnere mich ganz genau, dass ich am Ende unter genauer Angabe der Daten den Citroen bestellt habe. Sie schaut dann in den Kalender, und lässt uns wissen, dass sie uns gnädigerweise doch das Auto für zwölf Tage überlassen kann.

Dann schießt sie davon und holt das Auto – einen Hyundai. Alex – mittlerweile auch ziemlich aufgebracht – fragt: “Ist das das Auto?“ – „Ja!“ – „Das ist kein Citroen!“ – „Sie haben einen Hyundai bestellt!“ – „Nein, ich habe einen Citroen C3 bestellt!“ – „SIE HABEN EINEN HYUNDAI BESTELLT!“
Und so beharrt sie wieder auf ihrem Recht, laut, unfreundlich, arrogant, anmaßend und feindselig. Das Auto kostet übrigens 35 € am Tag. Da wir auf die Schnelle keine andere Autovermietung in Komotiní auftreiben können, da wir müde sind, da es knallheiß ist und wir sehr viel Gepäck haben, unterschreiben wir schließlich den Vertrag. Aber äußerst widerwillig.

Nur mal so: Hätte sie gesagt, es handele sich vielleicht um ein Missverständnis, hätten wir locker damit leben können, denn das Auto war neu und sehr gut in Schuss. Es war ihre Art, die uns aufbrachte und die uns für den restlichen Tag die Laune weitestgehend verdarb. Das ist eine ganz schlechte Werbung, nicht nur für die Autovermietung, sondern auch für die Stadt und für deren touristische Ausrichtung. GANZ SCHLECHTE WERBUNG!!!
Diese Geschichte ist aber noch nicht zu Ende, sie wird an weiteren Tagen noch eine Steigerung erfahren.

Während der Fahrt nach Fanári, an der südöstlichen Spitze der Bucht von Vistonídas, wo wir uns - wie zwei Jahre zuvor - in einer ruhigen Pension einquartiert haben, kommen wir langsam wieder ein wenig runter. Besänftigt sind wir jedoch erst, als wir endlich in Fanári ankommen, uns die Oma so lieb und freundlich empfängt, unser Zimmer wie zwei Jahre zuvor richtig schön in Schuss ist, wir ausladen und entspannen können, die Hitze langsam etwas nachlässt und wir uns am Abend in einem Restaurant direkt am Meer niederlassen, um den Tag bei einer Riesenportion frittierter Kalamária mit frischer Zitrone ausklingen zu lassen.


In Fanári