Omorfi Thessaloníki


Unser Weg führt uns nach einem ordentlichen Hotelfrühstück ein kurzes Stück auf der ewig vom Verkehr lärmende Egnatía zunächst in Richtung Ladhádhika. Über den Ursprung des Namens gibt es verschiedene Meinungen.
Eine Interpretation bezieht sich auf den täglich stattfindenden Ölmarkt, die Bezeichnung leitet sich also vom Wort Ládhi ab.

Dimítris Mitropános besingt ebenfalls Ta Ladhádhika

Σε συζητάν δίχως γιατί και όχι άδικα
όπως κοιμάσαι στα στενά παλιά λαδάδικα
Έγινες φήμη και γι αυτό δε φυλακίζεσαι
Ζεις στο σκοτάδι παστρικά μα δεν ορκίζεσαι

Λάμπεις στα κόκκινα σατέν που σε τυλίγουνε
Άσπροι και σέρτικοι καπνοί σε καταπίνουνε
Σε καλντερίμια ξενυχτάς υγρά, λιθόστρωτα
στου πληρωμένου παραδείσου την αυλόπορτα

Τόσα δίνω, πόσα θες
στα λαδάδικα πουλάν αυτό που θες
Κάθε κάμαρα κελί
με βαριά, παλικαρίσια αναπνοή

Μύριες χαμένες μοναξιές με σένα σμίγανε
Φεύγαν καράβια μα πριν φύγουν σου σφυρίζανε
Πόσα παιδιά ήρθαν να βρουν το αντριλίκι τους
και σου ακουμπήσανε δειλά το χαρτζιλίκι τους

Τόσα δίνω, πόσα θες...

Τόσα παίρνω κι ό,τι θες
στην τιμή περιλαμβάνεται ο καφές
Man spricht über dich ohne Warum und nicht zu Unrecht
wie du in den engen Gassen der alten Ladhádhika schläfst
Du bist inzwischen berühmt, deshalb wirst du nicht festgenommen
Du lebst in der Dunkelheit sauber, doch du schwörst nicht.

Du strahlst in den roten Satinstoffen, die dich umwickeln
Weißer und harter Qualm verschlingt dich
In feuchten kopfsteingepflasterten Gassen verbringst du deine Nächte
vor den Toren des Bezahlparadieses

Soviel gebe ich, wieviel verlangst du?
In Ladhádhika verkaufen sie, was auch immer du willst
Jedes Zimmer eine Zelle
mit schwerem, männlichem Atem.

Millionen verlorene Einsamkeiten vermengten sich mit dir
Schiffe legten ab, doch vorher läuteten sie das Schiffshorn nach dir
Wieviele Kinder kamen, um ihre Männlichkeit zu finden
und schüchtern ließen sie ihr Taschengeld zurück.

Soviel gebe ich, wie viel verlangst du...

Soviel nehme ich, und du dir alles was du willst
Im Preis ist der Kaffee einbegriffen.

Tagsüber Ölmarkt, des Nachts jedoch Rotlichtmilieu, so mag der Begriff in diesem Sinne auch von (Körper)Öl bzw. von einölen kommen.

Der Bezirk hat sich in den letzten Jahren jedoch durchgestylt. In den Gassen findet man viele kleine Geschäfte: Stoffe, Kleider, Küchen- und Handwerksbedarf, daneben aber auch Tavernenzeilen, die am Vormittag noch alle geschlossen sind. Vom alten Thessaloníki ist hier kaum noch etwas übrig geblieben.


Der ständige Markt zieht uns magisch an. In vielen Geschäften gibt es Frisches, Tiefgefrorenes und Eingelegtes zu kaufen. Die Fischverkäufer überbieten sich beim Anpreisen ihrer Waren. Würden wir hier irgendwo wohnen, hätten wir ordentlich zugelangt, zu verführerisch sind die Angebote.






Stattdessen erstehen wir lediglich Oliven, aber was für welche! Richtig große und fleischige Kalamáta-Oliven, hmmmmm. Auch welche aus Vólos. Oliven ohne Salz, in Kräuter eingelegte, mit Knoblauch, grüne, schwarze. Schließlich wollen wir auch in Deutschland noch etwas davon haben.
Auch Getrocknetes und Gefertigtes gibt es zu kaufen.



Während ich auf Alex warte und mir die Auslagen anschaue, spricht mich ein albanischer Verkäufer an. Woher ich käme? Ob wir ihn mitnehmen könnten nach Deutschland? Hier auf dem Markt hätte er zwar sein eigenes Bekleidungsgeschäft, doch arbeite er im Schnitt dreizehn Stunden am Tag. Es lohne sich nicht, keiner hätte Geld zum Ausgeben. Er wüsste wovon er spräche, schließlich sei er seit zwanzig Jahren in Griechenland. Ich erzähle ihm ein paar Schwänke über die Situation in Deutschland. Doch er glaubt mir wohl nicht so recht. Deutschland - immer noch ein Paradies?

Durch ein Tor treten wir schließlich hinaus auf den Aristotélos-Platz. Hier herrscht geschäftiges Treiben. Nach der Überquerung der Egnatía, in entgegengesetzter Richtung zur Hafenpromenade, gelangen wir in einen kleinen Park. Dahinter stoßen wir auf die antike Agora, die gerade noch geöffnet ist. Man kann einfach so hinein und die Gebäudereste aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert von nahem besichtigen.




Weiter oberhalb der Ausgrabungsstätte möchte mir Alex eine besondere Kirche zeigen, die fünfschiffige Basilika des Heiligen Dimítrios.



Sie ist benannt nach dem Stadtpatron Thessaloníkis, einem christlichen Märtyrer, der unter Diokletian und Galerius den Tod fand. Erst unter der Herrschaft von Kaiser Konstantin wurde nach 323 eine Kirche zum Gedenken an sein Martyrium erbaut.


Eine wechselhafte Geschichte von Bränden, Zerstörung und Wiederaufbau zieht sich durch die Jahrhunderte des Sakralbaus. Auf einer Tafel ist zu lesen, dass Sultan Beyazid die Kirche im 15. Jahrhundert den Moslems übergab, um sie als Moschee zu nutzen.

Es sind nicht nur die Größe oder die Vielzahl der Ikonen und Schnitzereien in der Kirche selbst, sondern die Krypta ist das eigentlich Beeindruckende. Sie wurde erst nach dem verheerenden Stadtbrand von 1917 wiederentdeckt. Zum größten Teil ist sie ausgegraben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Das Fotografieren in der Krypta ist allerdings verboten.
Es gibt jede Menge schmaler Gänge und Bogendurchlässe in der verwinkelten, unterirdischen Kirche. Bruchstücke von Marmorfiguren und -friesen sind ausgestellt. Es ist heiß, hier unten, wo die ersten Christen in der Stadt hinpilgerten, um mit Gefäßen aus dem Brunnen Wasser zu schöpfen und mitzunehmen. Heute wirft man Geldmünzen in den Wunschbrunnen.

Mit dem Wiederaufbau der oberirdischen Kirche nach dem großen Brand wurde 1926 begonnen, 1948 wurde sie geweiht. Man erzählt sich, dass während der Besatzung durch die Deutschen im oberirdischen Teil eine Kommandatur eingerichtet war, die jedoch nichts von den unterirdischen Hohlräumen wusste. So sei es immer wieder gelungen, Informationen über bevorstehende Einsätze der Deutschen abzufangen und entsprechend zu reagieren.

Sehenswert sind die alten Ikonen. Gut erhaltene Darstellungen sind die Mosaiken Agios Dimítrios mit einem Kleriker und Agios Dimítrios mit zwei Kindern. Sie zählen mit zu den ältesten der Kirche.





Die Säulen sind aus verschiedenfarbigen Materialien, wobei auch Größe, Schaft, Sockel und Kapitelle individuell gestaltet wurden.



Unablässig betreten Gläubige den begehbaren Schrein mit den Gebeinen des Heiligen, um die Ikonen zu küssen.


Auch auf russisch-orthodoxe Besucher hat man sich eingestellt, im Shop gibt es jede Menge Literatur in russischer Sprache.

Nachdem wir die Kunstschätze bestaunt und Krypta und Innenhof ausgiebig erkundet haben, setzen wir uns noch ein wenig auf eine Mauer vor der Kirche, um einen Olivenmahlzeit einzunehmen.

Danach schlendern wir durch die Straßen und gelangen an ein Geschäft mit einem für uns absolut interessanten Sammelsurium, wo wir ein Buch über die Lebensgeschichte von Melína Merkoúri (auch der Titel des Buches) aus dem Verlag Ch. K. Teghópoulos erstehen. Tolle Fotos und alte Filmplakate illustrieren die Kapitel Die großen Momente, Priesterin der Kultur, Politischer Widerstand, Verheiratet mit dem Theater und Auf der großen Leinwand.
Wir erwägen noch weitere Einkäufe in diesem hochinteressanten Geschäft, doch unsere Koffer sind eh schon berstend voll. Nächstes Mal.


Eine Kuppelkirche aus dem 13. Jahrhundert, die Kirche des Agios Panteléimon, ein Unesco-Welterbe, befindet sich auf unserem weiteren Weg.


Im Vergleich zur Basilika des Agios Dimítrios wirkt sie im Innern jedoch recht düster, was vielleicht auch von den dunklen (rußgeschwärzten?) Ikonen herrührt.

Unser Spaziergang führt nur noch bis zum nächsten Café in einer Seitenstraße. Hier hängen wir bis zum frühen Abend auf einem Sofa unter den Sonnenschirmen ab. Wundervoll!

Alex möchte mir später zum Sonnenuntergang noch eine Besonderheit bieten. Für diesen Genuss ist jedoch noch eine körperliche Anstrengung vonnöten.

Unser Fußweg führt uns zunächst zum Galeriusbogen, der kurz nach Beginn des vierten Jahrhunderts als Triumpfbogen an einer Kreuzung zweier Prachtstraßen entstand. Erstaunlich die noch gut erhaltenen Reliefs.


In Sichtweite befindet sich die Agios-Geórgios-Rotónda, die zu dieser fortgeschrittenen Stunde leider schon geschlossen ist.



Wir schlendern vorbei am Denkmal des aus Ostthrakien stammenden Dichters
.

„Thrakische Dörfer gibt es viele, aber keines wie Viso“

„So blühen und verwelken in der fremden Erde
die armen Blumen meines Herzens.
Und einsam hallen in der schwarzen Stille
meine bitteren, bitteren Lieder.“


In der späten Nachmittagssonne reflektieren die Gebäude das warme Licht.


Den Aufgang zum Kástro entlang der alten Stadtmauer nehmen wir zu Fuß. Es fährt zwar auch ein Bus, aber das ist uns jetzt zu kompliziert, weil wir die Haltestelle nicht kennen.

Die Schatten sind schon lang, als wir auf dem Weg bergauf einen armenischen Friedhof passieren. Bis zu unserem Ziel ist es jetzt nicht mehr weit. Schließlich betreten wir eine Aussichtsplattform des Kástros. Welch ein erhabener Anblick über die im Sonnenuntergang leuchtende Stadt!

Noch einen einzigen freien Tisch gibt es in der zweiten Reihe des Cafés gegenüber dem Eingang in das Burgviertel. Hier lassen wir die Nacht hereinbrechen, bestaunen die breite, glitzernde Straße des Mondes auf dem Meer und das Lichtermeer der Großstadt. Einfach fantastisch!


Verloren im Licht des frühen Abends und im Hintergrund Musik erzählt Alex liebevoll von den vielen Künstlern, die in Saloníki gelebt und die die Stadt und das Leben darin besungen haben. In Liedern wie Thessaloníki mou, S'anasitó sti Saloníki Omorphi Thessaloníki und vielen anderen haben sie sich verewigt.


Die geschichtlichen Informationen zu einzelnen Gebäuden stammen aus dem Buch Denkmäler von Thessaloniki des Philologen Níkos Papachatzís aus dem Molcho-Verlag, das wir nach unserem Besuch im Verkaufsladen der Agios-Dimítrios-Kirche erstehen konnten.

Über Thessaloníki könnte man viele Bücher schreiben. Detaillierte Informationen findet man unter anderem auf den Seiten von Reiseziel Thessaloníki, w-u-k-hopfner.de sowie Saloniki.org



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