Die Höhle von Pérama


Eigentlich haben wir uns für heute den Besuch der näher gelegenen Zagóri-Dörfer (Zagorochoriá) vorgenommen, scheitern jedoch an der gesperrten Hauptstraße stadtauswärts hinauf in die Berge. Zunächst vermuten wir einen Verkehrsunfall, erfahren jedoch später, dass man einen Kriminellen jagt, den vorletzten einer Bande, die ein paar Monate zuvor aus einem Gefängnis in Tríkala ausbrechen konnte, und seitdem Banküberfälle und Morde begangen hat. Die meisten wurden wieder inhaftiert bzw. erschossen. Heute jedoch glaubt man, einen der Köpfe zu schnappen.
Es gibt ja noch eine alternative Teilstrecke, zwischen Pérama (Nordwestzipfel des Sees) und dieser Haupttrasse (E 853) nach Zágoro. Vielleicht ist die Hauptstraße ja nur punktuell an dieser Stelle gesperrt und ein paar Kilometer weiter wieder offen? Wir versuchen unser Glück.
Unterwegs passieren wir auf diesem Landsträßchen eine Eisfabrik. Dahinter erstreckt sich eine wahnsinnsschöne Allee, an der auch die bekannte Wasserabfüllfabrik Zagori liegt. Wer kennt in Griechenland nicht die Wasserflaschen mit dem Schriftzug?
Am Abzweig bei Likóstomo (Wolfsmund), der in Richtung Kónitsa ausgeschildert ist, geht nichts mehr; in die Zagóri-Dörfer werden wir heute nicht mehr kommen, also wieder zurück.

Alternativ entscheiden wir uns dann für eine Besichtigung der Höhle von Pérama, da wir ja sowieso in der Ecke sind. Auf der Suche nach einem Parkplatz werden wir von einem freundlichen Mann zu einer Fläche gelotst, auf der wir unser Auto abstellen können. Im Gegenzug sollen wir seinen Laden besichtigen. Er hört gar nicht auf, auf uns einzureden, bis Alex ein Machtwort spricht. Fürchterlich!
Der Höhleneingang befindet sich ein paar Meter hangaufwärts, und in der siedendheißen Mittagshitze sind wir froh, als wir nach dem Ticketerwerb (7,00 Euro pro Nase) ein schattiges Plätzchen zum Verschnaufen finden.
Bald beginnt eine Führung, und nur mit einer solchen kann man die Höhle besichtigen. Das wussten wir nicht, und stehen am Ende der ca. 20-Personen-starken Schlange hinter dem Eingang. Es riecht ein bisschen muffig und feucht. Die Führerin erklärt spannende Hintergründe auf Griechisch und Englisch, während wir gleichzeitig die Ausstülpungen in den Wänden im schummrigen Eingangsbeich betrachten.


Die Höhle ist ca. 1,5 Millionen Jahre alt, 14.800 qm groß und wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts für den Tourismus entdeckt. Der Weg für die Besucher ist etwas über einen Kilometer lang, und dieser ist zum Teil feucht und glitschig und von vielen Stufen geprägt. Daher empfiehlt sich gutes Schuhwerk. Insgesamt werden 25 Höhenmeter überwunden. Man ist ca. 45 Minuten unterwegs, erhält auch an anderen Stellen Erklärungen zu den unglaublichen Steinskulpturen.
Was wir am Eingang noch erfahren, ist, dass die Höhle konstant, das ganze Jahr hindurch, 17 Grad warm ist (eine wohltuende Abkühlung im heißen Sommer - Jacken werden nicht benötigt) und die Luftfeuchtigkeit immer bei 80 Prozent liegt. Ein- und Ausgangstür schließen daher auch hermetisch ab. In Teilen der Höhle, die für die Besucher nicht geöffnet sind, leben Spinnen, Fledermäuse und Kleingetier. Soweit die nüchternen Eckdaten.

Nun beginnt unsere Besichtigung. Zunächst zwängen wir uns im Entenmarsch und mit eingezogenen Köpfen durch einen schmalen, niedrigen Durchlass und schließlich eine Treppe hinab. Auch wenn man nicht unter Platzangst leidet, macht sich aufgrund dieser Enge zu Beginn bei mir ein leicht klaustrophobisches Gefühl breit, doch nach etwa 100 Metern weitet sich die Höhle und gibt den Blick frei auf einen Raum mit bizarren Steinstrukturen.






Inmitten dieser überwältigenden Ansammlung von Stalagtiten (von oben wachsend) steht die erste Sehenswürdigkeit, ein Stalagmit (von unten wachsend), das „Kreuz“, das im Laufe der Jahrtausende einen „Querbalken“ bekommen hat (untere Bildmitte).



Zwischen hunderttausende Jahre alten Steinsäulen führt eine Treppe wieder hinauf.




Auch im weiteren Verlauf unserer Höhlenbesichtigung, und vor allem von einer Aussichtsplattform aus, überwältigen uns die Formen und Größen der uralten Tropfsteine, eine faszinierende Märchenwelt.
















Nicht an allen Stellen ist das Fotografieren erlaubt, doch ohne Blitz hat auch niemand etwas dagegen. Einmal bleibt uns vor Staunen der Mund offen, alle anderen sind schon vorausgegangen, und wir zuckeln erst eine Minute später hinterher; die anderen sind ja noch in Sichtweite. Die Begleiterin hat dafür kein Verständnis, wir sollen immer aufschließen. Schade, denn wir sind immer die letzten, die ankommen, und haben daher wenig Zeit, genau zu schauen, bevor die Gruppe schon wieder weiter zieht. Doch auch so begeistern wir uns immer mehr für die natürlichen Schönheiten dieser Höhle.



Auf einen riesigen, wenn nicht sogar den allergrößten Stalagmiten, werden wir gesondert hingewiesen.
Wie alt mag dieser Koloss wohl sein?



Überall glitzert es direkt vor unseren Augen aus dem Gestein.





Und immer weitere Tropfsteine entstehen, begünstigt durch das hermetisch abgeschlossene Klima.
Diese hier sind gerade mal ein paar Tausend Jahre alt sind.






Der gesamte Weg sowie die Sehenswürdigkeiten besonderer Formen oder Größen des Gesteins sind ausreichend mit einem warmen, orangefarbenen Licht angestrahlt. Es empfiehlt sich jedoch, immer mal wieder auf den Weg zu schauen, wenn man vor lauter Staunen wie Hans-guck’-in-die-Luft herumgeht.
Ab und an tropft es auch, sodass man auf die Kamera besonders achten sollte. Ob sie diese Luftfeuchtigkeit unbeschadet überstehen wird? Am Ende müssen wir nochmals eine steile Treppe hinauf, bevor wir durch die Ausgangstür entlassen werden. Sorgfältig wird sie wieder verschlossen.


Schon auf den letzten Metern haben wir die Hitze wieder gespürt, treten mit einem Temperaturunterschied von etwa 20 Grad wieder ins Freie und stolpern sozusagen direkt in ein Freiluftlokal, wo wir uns unter einem Sonnenschirm wieder akklimatisieren. Meine Kamera, den Zoom ausgefahren, gibt keinen Piep mehr von sich, doch nach einer Weile sind die einzelnen Teile getrocknet und funktionieren wieder.
Bevor die Höhlenführerin sich verabschiedet, macht sie uns noch auf ein Museum in der Nähe aufmerksam, dessen Eintritt im Ticket enthalten ist. Allerdings finden wir es nicht, wanken auf einem Steinweg mit einer tollen Sicht über Pérama, Ioánnina und den See durch die Megahitze und geben die Suche auf. Wir lechzen nach dem klimatisierten Auto.



Zum Aóos-Quellsee und nach Métsovo