Anreise


Mit einer Propellermaschine starten wir von Luxemburg nach einer sehr stürmischen Nacht und immer noch richtig miesem Wetter in der Hoffnung, an unserem Ziel zumindest für die Woche unseres Aufenthaltes bessere Bedingungen vorzufinden. Sobald wir den Südwesten Deutschlands hinter uns gelassen haben, öffnet sich die Wolkendecke und gibt den Blick frei auf die atemberaubende Bergwelt der Alpen mit zerklüfteten Bergen, schroffen Felshängen und tiefen Täler.


Auf den allerhöchsten Spitzen liegt jetzt im Herbst sogar schon Schnee. Tiefgrüne oder dunkelblaue Seen haben sich im Laufe von Jahrmillionen gebildet und gehören heute – hochgradig erschlossen - zu den viel besuchten touristischen Zielen. Unter uns machen wir den Lago Maggiore mit der Mündung des Fiume Ticino („Tessin“) in der Magadino-Ebene auf der nördlichen, der Schweizer Seite aus. In vergangenen Jahrhunderten noch ein abgelegenes Sumpfland wird die Ebene heute landwirtschaftlich sehr intensiv (unter anderem für den Reisanbau) genutzt und von Verkehrswegen durchzogen.


Die Lage des Lago Maggiore sowohl auf Schweizer als auch italienischem Staatsgebiet hat zu Streitigkeiten um die Verwendung seines Wassers geführt: Auf italienischer Seite möchte man stauen, um im Sommer genügend Wasser für die Landwirtschaft zu haben, die Schweizer befürchten dadurch bedingt Überschwemmungen der Ufer in den angrenzenden Ortschaften.
Nicht weit entfernt überqueren wir den Luganer See mit seinem Abfluss, dem Fiume Tresa („Treis“) bei Ponte Tresa, der über eine weite Strecke die Grenze zwischen Schweiz und Italien bildet und schließlich in den italienischen Teil des Lago Maggiore fließt. Auf dem Foto befindet sich Ponte Tresa unterhalb der kleinen bewaldeten Kuppe im See.


Offensichtlich fliegen wir in südöstlicher Richtung, denn nun kommt der kleinere Lago di Varese in unser Sichtfeld. In den 1980er noch schlimm verunreinigt haben die über Jahrzehnte eingehaltenen Naturschutzmaßen wieder zu seiner Renaturierung geführt, so zumindest die heimische Internetseite.


Der Blick weitet sich nun über eine breite Flussebene, die der Ticino vom Lago Maggiore kommend nach Süden durchfließt, um in der Nähe von Pavia in den größten Fluss Italiens, den Po, zu münden. Mit seinen Seitenarmen und abzweigenden Bewässerungskanälen mäandert der Ticino durch eine fruchtbare, intensiv genutzte Landschaft. Dörfchen landwirtschaftlicher Prägung mit kleinen Betrieben und einzelne Gehöfte säumen seine Ufer.



Neben einer der Flussbiegungen liegt Malpensa, mit zwei Terminals der größte der drei Flughäfen Mailands und hinter Fiumicino in Rom der zweitgrößte Italiens. Über diesen Flughafen wird auch der interkontinentale Flugverkehr abgewickelt. 2018 gab es mit einem Aufkommen von fast 28 Millionen Passagieren knapp 200.000 Flugbewegungen.
Das Gebiet hat eine lange Flugtradition, bauten doch hier im Jahr 1910 Federico und Gianni Caproni ihr erstes Flugzeug. Zwanzig Jahre später gründete man das gleichnamige Luftfahrtunternehmen.


Nach einer etwas harten Landung warten wir eine geschlagene Stunde vor dem Gepäckband. Jetzt sind wir schon acht Stunden unterwegs, nur um eine Stunde lang über die Alpen zu fliegen. Doch die Anreise ist noch nicht vorbei, denn wir müssen noch in die Stadt.
Vom Terminal 1 aus kann man zweimal in der Stunde mit dem Malpensa Expresszug zum 50 km entfernt liegenden Bahnhof Cadorna in die Mailänder Innenstadt fahren. Die Fahrt dauert etwa eine Dreiviertelstunde. Alternativ könnte man auch einen Shuttle-Bus nehmen, doch wir favorisieren den Zug. Im Gegensatz zum sonstigen öffentlichen Nahverkehr in der Region ist der Preis mit 13 Euro (Stand 2019) pro Person und One-Way-Ticket recht hoch, wie so häufig, wenn es um Fahrten von/zu außerhalb gelegenen Flughäfen geht. Die Fahrkarten ziehen wir am Automaten in der Flughafenhalle. Bevor man zu den Gleisen geht, müssen sie entwertet werden.
Noch im Bahnhof Cadorna erstehen wir an einem Zeitungskiosk mit ATM-Zeichen (wahlweise geht das auch an einem Automaten) einen Zehnerblock Fahrkarten für den innerstädtischen Bus-, Straßenbahn- und Metro-Verkehr. Eine Karte kostet 2 EUR, ist 90 Minuten lang gültig und gilt pro Person für die sehr große Zone 1 um das Zentrum herum. Es gibt auch noch andere Preismodelle, Infos sind erhältlich unter ATM.
Um Zugang zu den Metro-Gleisen zu erlangen und die Schranken jeweils zu entsperren, müssen die Karten entwertet werden, ebenso beim Verlassen des Bahnsteigs am Ankunftsort.
So übersichtlich, wie die Preisstruktur seit 1. Juli 2019 geworden ist, ist auch der Metro-Fahrplan mit seinen 4 Linien. Wir müssen zur Haltestelle Loreto in den gleichnamigen Stadtteil (Nr. 2) nordöstlich der Innenstadt und nehmen für die sieben Haltestellen die grüne Linie M2. Der Ausstieg, den wir benutzen, liegt ein paar Straßenzüge vom Hotel entfernt.
Sehr laut ist es durch den überbordenden Verkehr, ein Gewöhnungseffekt wird sich bis auf die gellend lauten Martinshörner der stetig über die Straßen preschenden Krankenwagen erst im Laufe der Zeit einstellen.
Unser Hotel liegt in einer schmalen Seitenstraße, zwei Gehminuten vom Corso Buenes Aires und der Piazza Argentina entfernt.
Wir betreten einen handtuchschmalen Bau, stehen vor einer winzigen Rezeption, wo sogleich die Stadtgebühr (2 € pro Tag und Person) abkassiert wird; dann erst erfolgt die Schlüsselübergabe. Danach begegnen uns die Besitzer/Angestellten (?) für den Rest unseres Aufenthaltes nur noch einsilbig. Immerhin wird mit Blick in Richtung Fernseher unser Gruß erwidert und der Schlüssel entgegengenommen bzw. ausgehändigt.
Einen Lift gibt es nicht und auch keine helfende Hand. Über das sehr schmale, gewundene Treppenhaus müssen wir die Koffer zum Glück nur bis in den ersten Stock des hellhörigen Gebäudes bugsieren. Für 74 Euro pro Nacht darf man über solche Kleinigkeiten in Mailand nicht meckern. Unser Zimmer ist geräumig und ganz gut ausgestattet, insbesondere das Bad.
Nachdem wir die Koffer ausgepackt und uns etwas erfrischt haben, werden wir den Stadtteil ein wenig erkunden und uns später einen Esstempel aussuchen.
So richtig Lust haben wir aufgrund des stetigen Verkehrslärms eigentlich doch nicht, an einer der breiten Straßen entlang zu schlendern und uns Geschäftsauslagen anzuschauen, denn viel mehr bleibt hier zunächst nicht zu tun. Nach 10 Stunden Anreise sind wir auch schon leidlich müde, vielleicht liegt es daran. Eigentlich möchten wir irgendwo sitzen, was trinken und der leckeren italienischen Küche frönen.
Doch wie wir es schon häufig erlebt haben, gibt es aufgrund des Restaurant-Sterbens fast nur noch Fast-Food-Schuppen, Cafés, Bistros oder Kneipen, die jetzt am Abend langsam öffnen. Erst nach längerem Suchen finden wir ein klassisches Ristorante mit Tischdecken und einer vernünftigen Speisekarte.
Fortan werden wir aufgrund unseres Tagesprogramms und dem daraus resultierenden Erschöpfungsgrad keine Experimente mit langen Nachtwanderungen auf der Suche nach einem Restaurant mehr unternehmen, sondern abends stets im Ristorante da Sasà (ein Familienbetrieb) auf der Via Pergolesi draußen sitzend speisen, mit wirklich sehr gut zubereiteten Speisen (insbesondere die Vorspeisen und Hauptgerichte mit Meeresfrüchten), aber auch täglich betragsmäßig steigender Rechnung. Hier gibt es neben diversen Wein- und Biersorten auch das uns sehr gut mundende Moretti vom Fass.

Nach der üppigen Mahlzeit am ersten Abend haben wir nur noch den Wunsch, ins Hotel zurückzuwanken und uns auszuschlafen. Wir freuen uns nämlich schon sehr auf den morgigen ersten Programmpunkt.

Mailänder Dom