Pápingo Fantastico


Während wir bei Bábis unser üppiges Frühstück zu uns nehmen, bestaunen wir die alles überragenden, steil abfallenden Klippen des Týmphi-Massivs, die Türme von Papingo, wie sie an anderer Stelle auch genannt werden, die sich hinter dem Schwesterdorf Mikró Pápingo, auf der gegenüberliegenden Talseite, erheben und zu dieser Stunde noch im grauen, unwirklichen Gegenlicht liegen.
Die Sonne scheint jetzt am Morgen im Dorf mit einem so schönen, weichen Licht, das sich selbst die frisch gegossenen Blumen und Pflänzchen in den Vorgärten dem Lebensspender mit aller Kraft entgegenzurecken scheinen.


Einheimische kommen vom Kirchgang zurück, wie man dem feinen Sonntagsstaat ansehen kann. Im Gebäude nebenan probt ein Orchester neue Stücke ein, was immer wieder neugierige Besucher anzieht.
Eine deutschsprachige Reisegruppe ist auch aus den Betten gekrochen und mittlerweile vollzeitig zum Frühstück eingetroffen. Einige haben wegen der lauten Hochzeitsmusik etwas schlecht geschlafen, aber alles halb so schlimm. Man trifft sich hier schon seit einigen Jahren. Es ist keine feste Gruppe, keine reine Wandergruppe. Es gab auch schon mehr Teilnehmer, dieses Mal sind es etwa zehn Personen. Jeder reist selbst an, doch man ist nicht alleine, kann nach einem Programm an Unternehmungen teilnehmen, auch Spaziergängen, oder einfach relaxen.
Den ganzen Tag könnte man hier so sitzen – Erholung pur. Und man kann sich Fitness anessen. Jaaaaa! Zuerst traue ich meinen Ohren nicht, doch eine angebotene Frühstücksvariante heißt „Fitness“. Es handelt sich letztendlich aber doch nur um Müsli – schade, „Fitness“ klang sooo gut!

Wie schön (aber auch kalt) muss es hier im Winter sein! Dann werden die Öfen und Kamine angeworfen, Rauch quillt aus den steinernen Schornsteinen. Solarzellen auf den Dächern oder ähnlich moderne Technik sind nicht erlaubt, schließlich liegt das Dorf mitten im Naturschutzgebiet. Die Häuser dürfen nur aus Holz und diesen typischen grauen Steinen bestehen, um den Charakter des Dorfes nicht zu ändern. Mittlerweile kämen die Steine aber aus dem benachbarten Albanien, wirft jemand in der Taverne ein, der unserem Gespräch gefolgt ist.


Nach dem Frühstück brennen wir darauf, uns das Dorf mit seiner streng zagorianischen Architektur inmitten des Víkos-Aóos-Nationalparks auf einem Rundgang anzusehen.
Die Menschen, die uns begegnen, scheinen guter Dinge, sind aufgeschlossen und sehr freundlich. Fast alle Häuser sind instandgesetzt, viele Außenbereiche mit bunten Blumen geschmückt.






Auch in Pápingo stehen imposante, mehrgeschossige Bauten, doch die Zahl der kleinen Häuschen, die soviel Gemütlichkeit ausstrahlen, überwiegt bei weitem und prägt das Bild des Dorfes.







Malerwinkel ziehen unsere Blicke an, laden zum Verweilen ein. Welch' ein Augenschmaus!



Eindrucksvoll erheben sich, wie ein Wahrzeichen, die markanten Spitzen der umgebenden Bergwelt oberhalb des Dorfes.


Getrennt durch ein Tal liegt gegenüber an einem Hang das kleinere Schwesterdorf, Mikró Pápingo. Eine Straße verbindet beide Dörfer. Dahinter gibt es nur noch Fußwege in die Berge.


Bekannt ist die bewirtschaftete Astráka-Hütte, in der die Bergwanderer Unterkunft finden. Und von dort ist es nur noch eine Stunde bis zum Drachensee (Drákolimni). Die Wanderungen können auch geführt unternommen werden.


An dieser Stelle wissen wir schon, dass wir diese Wanderungen nicht unternehmen werden, wir sind einfach nicht mehr fit genug. Doch der Ehrgeiz ist da. Beim nächsten Mal werden wieder Wanderschuhe eingepackt, es ist wirklich schade, die Naturerlebnisse dieses Mal nicht mitzunehmen.
Unser Rundgang durch das Dorf endet zunächst an der Agios-Vlássios-Kirche, der Hauptkirche des Ortes. Einige Leute liegen hier auf Matten auf dem Boden des Hofes und schlafen oder ruhen sich aus. Die Hochzeitsgäste bereiten sich innerlich wohl auf eine weitere lange Nacht vor.




Auf Umwegen zu den Felsenpools

Wer jetzt glaubt, dass man in der kühlen Frische oben in den Bergen auf ein Bad unter freiem Himmel verzichten muss, liegt falsch. Wir folgen einem Tipp unserer Vermieter und machen uns auf den Weg zu den Felsenpools in der Nähe, irgendwo zwischen dem Großen und dem Kleinen Pápingo. Zunächst schickt man uns über ein paar Abkürzungen, verschlungene Pfade, bis zur Hauptstraße.






Dort trabt gerade ein Gaul vorbei, hält immer wieder am Wegesrand an, um von den feinsten Kräutern und Blumen zu naschen.










Alex hat zwischendurch Nussbäume entdeckt und ist mit dem Knacken der Früchte beschäftigt, als mir die roten Pfeile auf der Straße auffallen, die nach rechts, bergab in ein Flusstal abzweigen. An einer Brücke sollen wir links abbiegen, hat uns unsere Vermieterin gesagt, dann würden wir die Felswannen schon finden. Vielleicht habe ich bei der Wegbeschreibung etwas nicht richtig verstanden, denke ich, doch gut, dass man den Abzweig ein wenig markiert hat. Also folgen wir dem Pfad hinab in den Talgrund. Es ist Kaulquappensaison!




Erst als wir ganz unten angekommen sind und hier auch tatsächlich eine Brücke erblicken, ist mir klar, dass wir falsch abgebogen sein müssen. Von Felsenpools zum Baden ist hier nämlich weit und breit nichts zu sehen. Die Markierung, oben an der Straße, war wohl eher für die Läufer, die heute Morgen um acht Uhr wieder gestartet sind.


Irgendwie müssen wir wieder hoch, oder vielleicht einfach dem Flusslauf folgen, was sich aber als fast unmöglich herausstellt. Das Bett ist zwar – abgesehen von ein paar Tümpeln – trocken, doch die riesigen Gesteinsbrocken und Baumstämme, die der Fluss mitten in der breiten Rinne zu anderen Zeiten abgelagert hat, versperren den Aufstieg. Warum also sollen wir den beschwerlichen Weg nehmen, zumal es in der Senke windstill und sengend heiß geworden ist? Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für den beschilderten Pfad hoch, nach Mikró Pápingo, biegen also hinter der kleinen Steinbrücke rechts ab. Etwas unterhalb des Dörfchens kommen wir wieder auf der Straße raus. Was für ein schweißtreibender Umweg! Und was für ein Ausblick!


Auf der Straße wieder bergab gelangen wir nach kurzer Zeit zu einer scharfen Linkskurve (über einer Brücke!), wo ein paar Autos geparkt sind und von wo ein Steinplattenweg abzweigt, dem wir folgen. Wir hätten also von Anfang an nur auf der Hauptstraße zu bleiben brauchen.
Nach etwa 100 Metern gelangen wir zu einem größeren Becken, in dem Wasser aufgestaut wurde. Es scheint, dass es einmal mehrere Becken gab, die Stauvorrichtungen sind jedenfalls noch vorhanden. Später erfahren wir, dass man das Untere aus hygienischen Gründen aufgegeben hat.




Groß und Klein erfrischen sich im kühlen, aber nicht gebirgsbachkalten Wasser. Einige Jugendliche üben Gesäßbomben, während andere einfach nur bis zum Bauch im kühlen Nass stehen oder auf dem Absperrmäuerchen sitzen, während das Wasser immer wieder darüber schwappt.




Rechts und links des Beckens sitzt man auf den Felsen im Schatten. Andere betrachten sich die Kaulquappen in den kleineren Tümpeln oder den in voller Blüte stehenden Schlangenwurz entlang der Felswände. Kinder haben ihre helle Freude und flitzen herum. Richtig schön ist es hier, Einheimische wie Gäste haben ihre Freude in diesem „Freibad“.


Die Pools wurden schon vor langer Zeit angelegt. Das Wasser kommt aus dem Überlauf eines Trinkwasserspeichers, der wiederum mit dem klaren Wasser der Berge gefüllt wird. Es ist sehr sauber und besitzt laut Auskunft von Einheimischen eine gute Qualität.
Von den Wasserbecken in dieser grünen Landschaft verzaubert fühlen wir uns ein wenig an die Wáthres von Samothráki erinnert. Wer ein wenig ungestört sein will, muss einfach nur dem Wasserlauf nach oben folgen. Hin und wieder kehren jüngere Leute von einem solchen Ausflug dorthin zurück.


Einige Stunden später, als die Felsabhänge schon von der untergehenden Sonne angeschienen werden, kehren auch wir nach Pápingo zurück.




Als wir die Stelle passieren, an der wir am Mittag falsch abgebogen sind, stellen wir fest, dass derjenige klar im Vorteil ist, der lesen kann.


Wir werden einen relaxten Abend und einen weiteren erholsamen und aktivitätsarmen Tag in den Bergen verbringen, bevor es - back on the road - zu unserem nächsten Ziel gehen soll, einem weiteren, heiß ersehnten Höhepunkt unserer Reise durch Griechenland.

Von Pápingo über Kónitsa
nach Psarádes/Préspes