Palamós - Hafen mit Aussicht

Unser erster Ausflug wird uns heute von Playa de Aro in den benachbarten Küstenort Palamós führen. Nach dem Verlassen der Busstation schaukelt unser modernes Reisegefährt zunächst über die angrenzende breite Avenida von Playa de Aro. So erhalten wir - ohne große Anstrengung und mit guter Aussicht von unseren Sitzplätzen aus – einen weitergehenden Eindruck unseres Übernachtungsortes. Wir passieren das Büro der Touristeninformation, mehrere große Kreisel (als gute Orientierungspunkte) und etliche Restaurants mit ausländischem Touch. Für jeden ist etwas dabei (auch griechisch), doch fußläufig von unserer Unterkunft aus weiter weg und daher am Abend eher nicht unser Ziel. Schließlich schwenkt der Bus außerhalb von Playa de Aro auf eine Schnellstraße ein.
An einem Abzweig biegt der Bus nach Calonge ab, einen Erinnerungsort meiner Mutter. Gut zu erkennen ist vom unteren Ortsrand der Hügel, wo sich ihre ehemalige Unterkunft befand. Einst war es ein schöner Ort der Geborgenheit und des Aufgehoben-Seins, weit mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Von hier aus konnte sie die gesamte Umgebung erkunden, wovon wir beide in diesem Urlaub sehr profitieren. Denn ohne Ortskenntnisse würde man von alleine nicht unbedingt auf die Idee kommen, die kleineren, mittelalterlich geprägten Orte in der näheren Umgebung von Playa de Aro aufzusuchen und bewusst auf Barcelona zu verzichten. An einer Haltestelle am Eingang des nur wenige hundert Einwohner umfassenden Dorfes kehrt der Bus leider schon wieder um, sodass nähere Betrachtungen von Calonge vom Bus aus nicht möglich sind.
Wenn auch nur von kurzer Dauer bietet auch die weitere, nur zwanzig Minuten dauernde Busfahrt nach Palamós weitere Eindrücke der Umgebung mit den Dörfern, die über die Jahre zusammengewachsen sind. Auch hier stelle ich fest, dass es nicht so verbaut und und mit touristischen Einrichtungen zugewuchert ist, wie ich es befürchtet hatte. Vielleicht liegt es daran, dass nicht wenige Spanier in der Region ihre Feriendomizile haben, mit Grundstücken, die genügend Abstand zu den Nachbarn lassen. Natürlich weiß ich nicht, ob in den Sommermonaten wie andernorts auch hier der massentouristische Wahnsinn ausbricht, oder doch eher – so wie wir – eine Mischung von Pauschal- und Individual-Touristen Erholung und Wohlergehen in der abwechslungsreichen, grünen Landschaft mit wunderbaren Stränden, kleinen Wäldchen, Wanderwegen und interessanten Ausflugszielen suchen.

An der Ortseinfahrt nach Palamós führt die Fahrstraße wieder am Meer vorbei, etwas erhöht, sodass es zwischendurch intensiv blau durch die Bäume und zwischen den Ferienunterkünften hindurchblitzt. Die Haltestelle befindet sich mitten im Ort, an einer Durchgangsstraße. Schmale Gassen zweigen von hier ab, durch die wir wie magisch zum Hafen gelenkt werden, der bereits 1279 gegründet wurde. Yachten und Segelschiffe, kommerzielle Fischerboote, Handels- und Ausflugsschiffe haben jeweils ihren Platz vor der weiten Bucht.
Den besten Ausblick darauf hat man oberhalb einer historischen Treppe (1864 gebaut), vom El Mirador („Balkon") an der Plaça de la Murada (Platz der Mauer) aus, von wo aus sich schon Ezequiel Torroella i Mató (1921 – 1998) zu seinen Landschaftsgemälden inspirieren ließ. Dem Sohn der Stadt ist sein Plätzchen auf dieser Aussichtsterrasse sicher.




Nachdem wir uns den großen Hafen der etwa 9.000 Einwohner fassenden Kleinstadt (übrigens Partnerstadt von Rheada-Wiedenbrück) ausgiebig von oben angeschaut haben, möchten wir dort auch ein wenig entlang spazieren. Die Fischerei spielt auch heute noch eine große Rolle in der wirtschaftlichen Ausrichtung des Ortes, der Hafen ist einer der bedeutendsten in Katalonien. Natürlich gibt es jede Menge Restaurants, wo der Fang frisch serviert wird.
Eine breit angelegte Uferpromenade mit nur spärlich Schatten spendenden Bäumchen lädt zum Spaziergang ein. Ich hätte nicht gedacht, dass es um diese Jahreszeit schon so heiß werden kann. Insbesondere weht hier und heute auch kein Wind.


Da die Sonne tatsächlich richtig auf den Kopf brät und wir keine Hüte dabei haben, kehren wir dann doch bald wieder um. Nicht zuletzt auch wegen eines wahrscheinlich zugedröhnten jungen Mannes, der uns mit recht unkoordiniert-ausgreifenden Bewegungen in kurzer Distanz begleitet. Da er immer wieder und unvermittelt durchdringend zu schreien anhebt, wird uns der Spaziergang zusätzlich verleidet. Auch später noch hören wir ihn aus weiterer Entfernung herumkreischen. Doch niemand schert sich darum.

Jetzt lacht uns aber ein Lokal schräg versetzt zum „Balkon" an. Wie wunderbar es doch ist, wenn man die Trübsal des langen, regenreichen Winters hinter sich lassen und sich hier im warmen Frühlingslicht einfach hinfläzen und das Leben genießen kann! Dieses Vergnügen wird noch gesteigert durch den Genuss eines „Trunkenboldes“: ein äußerst leckeres Stück Biskuit mit einer Karamellkruste obendrauf, das an unserem Tisch mit Likör übergossen wird. Äußerst delikat, himmlisch süß und sündhaft! Eine Kalorienbombe hoch drei!
Auch andere Gäste genießen die Wärme in guter Stimmung bei einem Glas Wein, einem kleinen Fischgericht samt üppigem Nachtisch, um sich danach leicht angedudelt und mit vollem Bauch wieder auf die Räder zu schwingen.

Noch haben wir Zeit bis zur Busabfahrt und nutzen die Gelegenheit, ein wenig durch die Gässchen der Umgebung zu schlendern. Es wird gewerkelt und ausgebessert, eingerichtet und verschönert. Längst sind auch hier nicht alle Läden geöffnet. Ich bekomme jedoch eine Vorstellung davon, wie voll es im Sommer werden kann, wenn Busladungen von Touristen die Sträßchen verstopfen. Zur Abrundung kehren wir erneut zum „Balkon“ zurück, um den Blick nochmals über das weite Hafenrund schweifen zu lassen.
Wie schnell die Stunden hier in Palamós vergangen sind. Unversehens finden wir uns an der Bushaltestelle wieder, wo ich geschwind zwei Tickets erstehe. Ein älteres deutsches Ehepaar spricht uns an, wie es uns hier in Palamós denn gefallen habe. Wir schwärmen von dem schönen Aufenthalt, doch sie sind nicht begeistert. Ein Restaurant sei ihnen von Freunden empfohlen worden, in dem sie Fischgerichte essen sollten. Doch die seien so schlecht zubereitet und obendrein noch teuer gewesen, dass es ihnen den Besuch hier richtig verhagelt hat. Das ist sehr schade! Ich jedoch werde mit Palamós immer den „Trunkenbold“ in Verbindung bringen, der woanders ganz anders heißt (z.B. Flan).