Immer noch mit Groll im Herzen denken wir beim Frühstück an den gestrigen Abend zurück, als im Fernsehen Sturm mit ordentlich Wind und Regen gemeldet war. Der Einfachheit halber hatten wir, so wie auch andere Einzelreisende, die nicht Teil der Wandergruppe waren, beschlossen, abends im Bistro der Ferienanlage zu essen. Daraus wurde jedoch nichts. Ziemlich ungalant wies man uns darauf hin, dass das Bistro heute der Wandergruppe vorbehalten und für uns gesperrt sei. Keine Ausnahme! Und so mussten wir uns mit Knieschmerzen durch Wind und Regen kämpfen, um ein geöffnetes Ess-Lokal zu finden. Dort saßen wir zwar viel schöner und gemütlicher, doch das Verhalten in der Ferienanlage gegenüber uns zahlenden Gästen ließ uns nur noch mit dem Kopf schütteln. Auch andere klagten tags drauf über diese Anmaßung. Die hatten nur noch ein paar Oliven und einen Kanten Käse im Kühlschrank und mussten im Bistro um Brot regelrecht betteln. So erzählten sie es. Wir paar Hanseln außerhalb der Wandergruppe kamen uns tatsächlich vor wie Touristen zweiter Klasse. Dieses Gefühl, in unserer Bedeutungslosigkeit nicht wirklich willkommen und eher Last zu sein, wurde dadurch verstärkt, dass Chef und Chefin beim Durchqueren des Lokals nicht in der Lage waren, auch nur einmal zu unseren Tischen zu kommen und zu grüßen, ganz einfach, weil es sich so gehört. Stattdessen rauschte man mit wichtigem Gesichtsausdruck vorbei. Wir können natürlich damit leben, doch ganz sicher werde ich dort nicht mehr buchen! Lassen wir uns davon aber nicht den heutigen Tag verderben und schalten um, denn heute ist unser letzter Ausflugstag angebrochen. Wir haben uns für Begur entschieden, das ebenfalls mit unserer Lieblingsbuslinie 1 zu erreichen ist. Ein Spaziergang einen Hügel hinauf, zu den Ruinen eines Kastells, verspricht weite Ausblicke über die Costa Brava, die wilde Küste. Im Gegensatz zu den Tagen zuvor ist es richtig heiß geworden. Der strahlende Sonnenschein am blauen Himmel macht Lust auf unseren Ausflug. Unser Ziel ist in einer Dreiviertelstunde zu erreichen, die einfache Fahrt kostet pro Person 3,05 EUR. Wie schon an den Tagen zuvor nehmen wir den Bus um 10.10 Uhr. Schon von der Haltestelle aus, am oberen Ortsrand von Begur, kann man die kleine Burgruine auf dem Hügel erkennen. Man hat sogar extra einen Aussichtspunkt mit Bänken eingerichtet, um die Lieblichkeit der Landschaft in Ruhe aufnehmen zu können und sich für den Aufstieg innerlich zu wappnen. ![]() Um dort oben hin zu gelangen, müssen wir zuerst hinunter durch die Altstadt zu einer Talsohle hinabsteigen, um auf der anderen Seite wieder bergan zu marschieren. Die Besichtigung des alten Ortskerns heben wir uns für später auf, denn zunächst ist sportliche Betätigung angesagt. Um den richtigen Zugang zur Burg zu erwischen, haben wir vorher auf der Straße nachgefragt und Auskünfte wie „eine weite Strecke“ und „sehr steiler Anstieg“ erhalten. Wir sind gespannt, so schlimm wird es wohl nicht werden. ![]() ![]() Nach der etwas stressigen Bewältigung einer Straße, an deren komplett aufgerissenen Decke mit großen Baumaschinen gearbeitet wird, erreichen wir sehr bald den kleinen Sant-Ramon-Kirchplatz mit gleichnamiger Kapelle. Von einer Sitzbank davor gewinnt man schon erste bemerkenswerte Ausblicke ringsum: auf das Meer, das zwischen den Häuserreihen hervorlugt, bis hin zu den Spitzen des Montgrì-Massivs und den Pyrenäen in der Ferne. ![]() ![]() ![]() Weiter geht’s um eine enge Straßenwindung und schon beginnt der letzte Teil des Aufstiegs, der aber weder „sehr weit“ noch „sehr steil“ ist. Ganz im Gegenteil genießen wir mit jedem Schritt diesen Weg, der uns ständig neue Ausblicke beschert. ![]() Schaut man sich die Ruinen der im 11. Jahrhundert erbauten Festung von unten an, gewinnt man den Eindruck einer gut gesichterten Anlage. ![]() Gelangt man jedoch ganz nach oben, sind nur noch die Grundfesten der ehemaligen Burg auszumachen sowie eine niedrige, zinnenbewehrte Begrenzungsmauer, die die Besucher vor dem Abstürzen bewahren soll. Viel zu sehen von dieser Sehenswürdigkeit gibt es daher nicht mehr, doch der Rundumblick ist unbezahlbar. Man erkennt demütig, wie landschaftlich wunderschön der nach Norden verlaufende Küstenabschnitt der Costa Brava mit der Umgebung harmoniert, bewundert das Farbspiel von Meer und Festland und versteht, warum diese Region bei ihren Gästen so beliebt ist. Im Sommer sind die Strände entlang der Küste alle gut besucht, so auch der Sa Riera, im Vordergrund des Bildes. Wie steinerne Kleckse liegen die Medas-Inseln nicht weit vom Ufer entfernt. Dahinter schließt sich die weite Bucht von Roses an, mit L'Escala am südlichen und Cadaqués an deren nördlichen Zipfel. ![]() Auf der überschaubaren Aussichtsfläche der ehemaligen Burg tummeln sich außer uns noch weitere Touristen. Doch Platz ist immer noch genug, um unbedrängt unsere Fotos schießen zu können. Über eine wesentlich angenehmere und sogar kürzere Route kehren wir wieder zurück zum mittelalterlichen Ortskern, an manchen Stellen begleitet von betörendem Jasminduft. ![]() ![]() Wieder in der Altstadt angekommen, sind wir froh, noch etwas Zeit für einen Bummel zu haben. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Reste einer Ritterburg mit Wehrturm aus dem 15. Jahrhundert Endstation ist eine Tapas Bar, wo wir im Schatten sitzen, uns ausgiebig an den reichhaltigen Leckereien laben und den letzten Ausflugstag in vollen Zügen genießen. ![]() Während wir später an der Haltestelle am oberen Ortsrand auf den Bus warten, lassen wir den schönen Spaziergang des heutigen Tages auf den Burghügel nochmals Revue passieren. ![]() Am Abend klingt unser Aufenthalt in Playa de Aro und Umgebung bei einem Salat und Patatas Brava (kleine Backofenkartoffeln) in einem der netten Restaurants auf der Hauptstraße schließlich aus. Fazit unserer Reise Zwei abwechslungsreiche Wochen sind wie im Flug vergangen. Unsere Besuche in den Ortschaften im Hinterland der Costa Brava und die Busfahrten dorthin haben uns außerordentlich gut gefallen. Kein Ort ist wie der andere, auch wenn sie recht nah beieinander liegen. Auch die unaufdringliche und angenehme Gastfreundschaft, die man uns bei unseren Ausflügen entgegenbrachte, trug wesentlich zu unserem Wohlgefühl bei. Die gewählte Reisezeit war für dieses Unternehmen nahezu perfekt (bis auf ein paar Kälteinschübe, die uns doch manchmal schaudern ließen). Bei einem weiteren Besuch, so mein persönliches Fazit, würde ich eher in Girona absteigen. Die Stadt liegt zwar nicht am Meer, bietet dafür jedoch viele eigene Sehenwürdigkeiten, ein stimmungsvolles Flair und darüber hinaus mehr Ausflugsmöglichkeiten per Bus und Bahn in die weitere Umgebung. Die Chance, so auch nach Figueres zu kommen und das Dalí-Museum zu besuchen, ist von Girona aus ungleich höher. Barcelona ist und bleibt einen Extrabesuch wert. Zu schade, wenn man an einem einzigen Nachmittag durch die Stadt gehetzt wäre. Unsere Entscheidung zum Verzicht war richtig. Trotz der Mängel in unserer Unterkunft haben wir die Reise in vollen Zügen genossen. Dieser Teil Kataloniens hat auch sehr mich begeistert. Es gäbe aber noch viele andere Orte in der Umgebung zu besichtigen. Auch die Pyrenäen sind nicht so weit entfernt. Wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder hierherkommen. Ich hoffe, in nicht allzu weiter Ferne. |