Für die heutige über 200 Kilometer lange Etappe haben wir uns keine Museumsbesichtigung vorgenommen! Unser Ziel ist die Canemount Plantation, zwischen den beiden Städten Vicksburg und Natchez. Nach der Übernachtung im Nullachtfünfzehn-Hotel in Greenville wird der nächste Übernachtungsstopp eine ehemalige Plantage sein, deren Gästehäuser nach den Fotos auf der Buchungsplattform sehr ansprechend hergerichtet wurden. Das Anwesen liegt ländlich abgeschieden. Nach all dem, was wir bisher auf unserer Reise erlebt und gesehen haben, wird uns ein bisschen Ruhe gut tun.
Gestärkt von einem ausgiebigen Frühstück, das endlich mal ein wenig Abwechslung bot (die allgegenwärtigen Eier gab es mit Paprikastückchen in Fladenform) machen wir uns auf den Weg. Und wichtig: Kein Regen in Sicht! Von Greenville geht es zunächst wieder nach Leland, und von dort auf den Highway 61, in südliche Richtung. Auch auf diesem Stück haben alle Orte einen irgendwie gearteten Bezug zum Delta-Blues: neben Leland auch Hollandale (Sam Chatmon, Gitarrist und Sänger), wo jährlich das gleichnamige Blues-Festival stattfindet; Anguilla, Geburtsort des Fiddlers Henry "Son" Sims, der mit Charley Patton spielte, und Rolling Fork. Rolling Fork In Rolling Fork wollten wir eigentlich eine kleine Pause einlegen. Der 2000-Seelen-Ort hält für uns nur eine besondere Attraktion bereit, denn auf dem Blues Highway gibt es einen Marker an der Stelle, an der McKinley Morganfield einen Teil seiner Kindheit verbracht hat und hier auch seinen Spitznamen „Muddy“ erhielt. Die Mitglieder seiner Familie waren Pächter (sharecropper) auf einer Baumwollplantage. Mit seiner Großmutter zog er, noch im Kindesalter, in die Nähe von Clarksdale, wo ihn die örtlichen Bluesmeister musikalisch beeinflussten. Fragt man Christone Ingram (den zeitgenössischen Bluesmusiker aus Clarksdale) nach seinen Vorbildern, so nennt er unter anderem Muddy Waters. Einer seiner bekanntesten Songs ist Mannish Boy. Was für ein fetter Sound! Leider ist in dem Ort etwa einen Monat vor unserer Reise eine schlimme Naturkatastrophe geschehen. Zwischen dem 24. und dem 27. März 2023 zog eine Gewitterfront durch die Region. Einer der insgesamt 23 Tornados, die sich daraus bildeten, traf Rolling Fork in der Nacht des 24. März mit voller Wucht. Häuser jeglicher Bauweise, darunter die örtliche Bibliothek, wurden vollkommen zerstört. Erheblich beschädigt wurden das Rathaus, das Postamt, die Feuerwache, verschiedene Schulgebäude und andere Häuser. Autos und Trümmerteile wurden durch die Luft geschleudert und Bäume entwurzelt. Sogar ein Wasserturm fiel um. Am schlimmsten erwischte es den Wohnmobilpark im Osten des Ortes. Die meisten der Toten, die der Tornado forderte, gab es hier zu beklagen. Dieser EF4-Tornado, der einzige dieser Stärke aus dem Gewittercluster, hinterließ eine breite Schneise der Verwüstung. Mit der Angabe „EF“ wird die Enhanced Fujita-Skala bezeichnet, mit der man aufgrund der aufgetretenen Schäden Rückschlüsse auf die Windstärke ziehen kann. Gelten beispielsweise Gebäude aufgrund ihrer Verankerung im Boden, der Bauweise u. a. erst ab einer Windgeschwindigkeit jenseits einer bestimmten, festgelegten Marke als zerstörbar, so kann man davon ausgehen, dass diese Windstärke dann auch erreicht wurde, wenn ein solches Gebäude zerlegt wurde. Mit der Angabe EF4 werden Geschwindigkeiten bis 322 Stundenkilometer bezeichnet. Bei der Einfahrt nach Rolling Fork ist von den Verwüstungen zunächst nichts zu sehen. Ich hatte noch überlegt, ob wir für unsere heutige Etappe nicht über eine andere Strecke fahren sollten, denn es gibt kaum etwas Deprimierenderes, als sich die Schuttberge nach einer solchen Naturkatastrophe, begleitet von einem Gefühl der Ohnmacht, anschauen zu müssen. Doch wir beschießen, einfach durchzufahren, nicht anzuhalten, und den Blues-Marker von Muddy Waters nicht zu suchen. Obwohl schon viel Schutt abgetragen wurde, lassen die zerstörten Gebäude am Straßenrand erahnen, wie schlimm das Ausmaß tatsächlich war. Am Ortsausgang erkennt man die deutlich abgegrenzte Linie zu den Gebieten, die verschont blieben. Hier steht auch eine Tankstelle, die es zum Glück nicht erwischt hat. Irgendwie sind wir einerseits froh, als wir die zerstörten Straßenzüge hinter uns lassen können, andererseits tun uns die betroffenen Menschen sehr leid. Vicksburg Nachdem wir schon über die Hälfte der Strecke zurückgelegt haben, gelangen wir wieder zum Mississippi. Direkt am östlichen Ufer liegt die 1811 gegründete Stadt Vicksburg mit etwa 20.000 Einwohnern. Angezogen von der Nähe zum Fluss wollten wir eigentlich zuerst hier übernachten. Bisher haben wir den breiten Strom ja nur in Memphis gesehen. Der letzte Stopp in Greenville ließ ihn durch den Sumpfzypressenwald nur erahnen, ein direkter Blick blieb uns jedoch verwehrt. Vicksburg punktet hingegen zusätzlich mit der imposanten Old Vicksburg Bridge aus dem Jahr 1930, die sich über zweieinhalb Kilometer über den Mississippi spannt. Das Besondere an Vicksburg, und damit wirbt die Stadt, ist daneben ihre Militärgeschichte während des Bürgerkriegs, die an fünfzehn ausgewählten und entsprechend aufbereiteten Punkten besichtigt werden kann. Ein wichtiges Datum war der 4. Juli 1863, nicht nur als Jahrestag der Unabhängigkeit. An diesem Tag besiegten nach einer fast fünfzigtägigen Belagerung die Unionstruppen unter General Ulysses S. Grant die der Konföderierten. Dieser Sieg in dem bis dahin durch natürliche Gegebenheiten als uneinnehmbar geltenden Ort wird als Wendepunkt im Bürgerkrieg bezeichnet. Hauptattraktion auf einer Besichtigungstour durch den Vicksburg National Military Park sind Monumente und Gedenkstätten mit der Nachstellung von Kriegsszenen, das Kriegsschiff USS Cairo und ein dazugehöriges Museum sowie der Vicksburg National Cemetery (Militärfriedhof), auf dem etwa 17.000 Truppenangehörige liegen, davon fast 13.000 unbekannte Soldaten. Für mich persönlich sind Besichtigungen von militärischen Einrichtungen nicht so interessant, doch es ist mir natürlich bewusst, welche Bedeutung diese Schlacht für alle Beteiligten hatte. Durch Vicksburg fahren wir deshalb ohne anzuhalten und sind vorrangig mit dem Verkehr, dem Wechsel der Autobahnen (vom Highway 61 auf die Interstate 20 und wieder zurück) und meiner Handy-Prepaid-Karte beschäftigt. Ganz plötzlich, von einer Minute auf die andere, wurde sie nämlich gesperrt, und das, obwohl ich erst 1/10 meines bezahlten Datenvolumens verbraucht habe. Telefonieren geht auch nicht mehr. Man könnte natürlich telefonisch eine Hotline kontaktieren, doch wie soll man dies bewältigen, wenn kein Zugang mehr besteht? Diese Räuber!!! Eine andere Prepaid-Karte können wir so ohne weiteres nicht erstehen. Wir versuchen es an einer Tankstelle, doch die verkaufen keine Karten. Dennoch versucht man, uns zu helfen. Meine Fragen kann der nette Verkäufer nicht eindeutig beantworten, und ich seine detaillierten auch nicht. Zur besseren Verständigung ruft er selbst jemanden an, der sich angeblich auskennt und sogar Deutsch spricht. Als die Verbindung steht, bekomme ich sein Handy mit eingeschaltetem Freisprecher in die Hand gedrückt, ich könne jetzt meine Fragen stellen. Die Kommunikation bezieht sich letztendlich aber nicht auf die Lösung meines Problems, sondern auf den Deutschlandaufenthalt meines Gegenübers, der so ausschweifend davon schwärmt und kein Ende findet, dass mir der Verkäufer in der Tankstelle irgendwann entnervt wieder sein Smartphone abnimmt und auf den Tresen legt, während mein telefonischer Gesprächspartner munter weiterredet. Mittlerweile hat sich hinter mir schon eine Schlange gebildet, doch niemand ist ungehalten wegen der Warterei. Ganz im Gegenteil nimmt man Anteil und überlegt selbst, wie man mir helfen könnte. Draußen vor der Tür bekommen wir schließlich von einer netten Frau die Empfehlung, uns an eine Elektronik-Firma (AT&T) zu wenden, die mit Sicherheit Karten verkauft. Wir erhalten sogar eine Wegbeschreibung dorthin. Ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen, als wir dem Weg dann doch nicht folgen, zu groß ist die Besorgnis, dass wir uns verfahren und anschließend durch die Stadt irren. Fortan werde ich also auf das WLAN der Hotels angewiesen sein, das sollte auch genügen. Alles andere wird sich ergeben. Port Gibson Nach Port Gibson, Verwaltungssitz des Claiborne County, ist es noch eine halbe Stunde. Auch hier entscheiden wir uns gegen eine Pause, denn es ist schon Nachmittag, und wir wollen auf der Plantage ankommen. An einer Kreuzung verlassen wir den Highway und setzen unsere Fahrt über die schmale Rodney Road (552) fort, die durch einen lichten Wald führt und uns mit einer landschaftlich reizvollen Schönheit belohnt, die uns jubeln lässt. Eine ganze Weile fahren wir durch dieses üppige Frühlingsgrün, ein wahrer Augenschmaus. Zwischenzeitlich bin ich mir nicht sicher, ob wir die Plantage nicht schon passiert haben. Vielleicht finden wir jemanden, der uns Auskunft geben kann. Da sehe ich ein paar Meter abseits der Straße, an einem Friedhof, ein paar geparkte Autos und einige Personen. Ich hoffe, dass es keine Beerdigungsgesellschaft ist. Tatsächlich handelt es sich um Jugendliche, die an ihrem etwas makabren Treffpunkt dabei sind, ein paar Bierkannen zu leeren. Zunächst misstrauisch bekomme ich auf meine Frage dann eine detaillierte Beschreibung, doch ich verstehe kaum etwas davon, denn der Slang ist schon enorm. So ähnlich muss es Leuten ergehen, die in der Schule mal Deutsch gelernt haben und dann in Oberbayern gelandet sind. Auf jeden Fall sind wir auf der richtigen Straße, in der richtigen Richtung unterwegs, soviel habe ich verstanden. Und irgendwann käme ein weiß-gestrichener Zaun, das sei der Eingang zur Plantage. Das reicht als Beschreibung vollkommen aus. Immer weiter geht es durch den Wald, über diese wunderschöne Straße, die teilweise von herabhängenden Ästen beschattet wird. Nach der unendlich ebenen Landschaft der letzten Tage ist diese Strecke für das Auge eine Wohltat. Sofort denkt man ans Wandern. Allerdings wäre ich dabei doch erheblich verunsichert, da angrenzend ein größeres Jagdgebiet liegt. Und welche größeren Tiere außer Hirschen sonst noch in der Umgebung leben, ist uns nicht bekannt. Bären vielleicht? Schlangen auf jeden Fall. Aber so, wie wir jetzt durch dieses schöne Licht hindurchgleiten, sind solche Überlegungen nicht wichtig. Windsor Ruins Ganz unvermittelt erkennen wir auf der linken Straßenseite, etwas zurückgesetzt, die Windsor Ruins, die ihre imposanten korinthischen Säulen in den Himmel recken. Smith Coffee Daniell II, so heißt es auf einem Informationsschild zur Geschichte der Villa, war ein sehr reichen Baumwollpflanzer. Er ließ das ehemalige Herrenhaus im 19. Jahrhundert erbauen. 1861 wurde es fertiggestellt, das Jahr, in dem er auch verstarb. Seine Frau und Kinder, die seine üppigen Ländereien in Mississippi und im angrenzenden Louisiana erbten, wohnten weiterhin in Windsor. Das Gebäude im Greek Revival Style galt als eines der Prunkvollsten der Umgebung. Es besaß zwei Wohnetagen mit 23 Räumen. In der Mitte des Daches war eine Kuppel installiert, von der aus man den Mississippi sehen konnte. Es überlebte den Bürgerkrieg, stand aber nur 29 Jahre lang, bis es 1890 bei einem unabsichtlich ausgelösten Brand bis auf die Säulen und gusseisernen Treppen zerstört wurde. Eine davon wurde am Eingang zur Oakland Chapel (auf dem Gelände der nur wenige Kilometer entfernten Alcorn State University) verbaut. 1974 wurde das Anwesen dem Staat Mississippi übergeben und wird bis heute vom Mississippi Department of Archives and History verwaltet. Zurzeit wird für den Erhalt der Ruine etwas getan, Baumaschinen stehen hinter einem Zaun. 3,7 Millionen Dollar sind für die baulichen Maßnahmen veranschlagt, keine kleine Summe. Bemerkenswert ist auch, dass es keine Zeichnungen und Bilder vom Gebäude gab, bis 1991 eine Skizze entdeckt wurde, die im Jahr 1863 von einem der vorbeiziehenden Soldaten der Unionstruppen gefertigt worden war. Bethel Presbyterian Church Wenig weiter unterhalb der Ruinen von Windsor steht ein weiteres Kleinod an der Straße: die Bethel Presbyterian Church. Diese Kirche wurde 1824 von Kirchenmitgliedern der benachbarten Bayou-Pierre-Gemeinde gegründet. 1830 kam das Oakland College hinzu, Vorläufer der heutigen Alcorn University. Das Kirchengebäude wurde 1842 erbaut und am 6. November 1943 durch einen Tornado weitestgehend zerstört. Auch der spitze Kirchturm knickte ab. In den beiden Folgejahren wurde das Gebäude wieder aufgebaut, jedoch ohne die Kirchturmspitze. Auch andere Veränderungen im Inneren wurden vorgenommen, sodass die Kirche heute sehr schlicht und schnörkellos wirkt. Im Innern der Kirche riecht es ein bisschen muffig-alt, eine Mischung aus abgestandener Luft und den Ausdünstungen des hölzernen Mobiliars. Gottesdienste finden heute nur noch im Frühjahr und im Herbst statt. Neben einem Informationsmarker zur Kirche selbst finden wir weiter hinten auf dem Grundstück eine weitere Tafel, die schon recht verwittert ist. Ihr bemerkenswerter Inhalt bezieht sich auf eine militärgeschichtliche Begebenheit im Bürgerkriegsjahr 1863. Die strategisch wichtige Stadt Vicksburg war von den Unionstruppen noch nicht eingenommen worden. Um dies zu erreichen landeten in einem größeren Manöver Truppen des Oberbefehlshaber Ulysses S. Grand zunächst an der Westseite des Mississippi, in Louisiana. Sie wurden bei Bruinsberg, etwa 3 Kilometer von dieser Kirche entfernt, übergesetzt. Ihr Ziel war zunächst Port Gibson. Auf dem Weg dorthin kam man über einen heute verwilderten Pfad auch an der Bethel Presbyterian Kirche vorbei, dann weiter zu den Ruinen von Windsor, wo einer der Soldaten, wie oben beschrieben, die bekanntermaßen einzige noch vorhandene Zeichnung des intakten Gebäudes fertigte. In der anschließenden Schlacht von Port Gibson, am 1. Mai 1863, waren die Unionstruppen erfolgreich. Dieser Sieg gilt als strategisch äußerst wichtig für die drei Wochen später beginnende Belagerung und Einnahme von Vicksburg, dem Wendepunkt im Bürgerkrieg zugunsten der Union. Canemount Plantation Nach nur noch wenigen hundert Meter erkennen wir schließlich den weißen Zaun, der die Auffahrt zur Canemount Plantation, gleichzeitig Sehenswürdigkeit und Unterkunft, markiert. An der Stelle eines Vorgängerhauses aus dem Jahr 1826 steht das heutige Haupthaus, 1855 nach dem Vorbild italienischer Architektur erbaut. Mittlerweile steht es unter Denkmalschutz. In diesem Haus wohnen unsere Vermieter. Auch das Frühstück wird in einem der Räume serviert. Bei unserer Ankunft halten wir neben dem Gebäude an, doch außer zwei Hunden, die uns freundlich-aber-bestimmt-kläffend entgegenkommen, ist niemand da. Lange dauert es nicht, bis die beiden Besitzer, Diane und Jim, auftauchen. Sie hatten nur noch schnell etwas zu besorgen, und telefonisch waren wir leider nicht zu erreichen. Kein Problem. Die Hunde lassen sofort von uns ab, als wir zusammen das Wohnhaus betreten. Für sie sind wir jetzt „Freunde“. Einer der beiden hatte sich vor einiger Zeit als erster hier eingefunden, wurde gefüttert und blieb. Bei einer mehrere Tage dauernden Abwesenheit der Besitzer kam noch ein zweiter Hund dazu. Alle verstanden sich gut, und so blieb auch er. „Die besten Hunde, die wir je hatten“, meint Diane. Nach den Aufnahmeformalitäten begleitet sie uns dann auch zu unserer Unterkunft. Das Carriage House wurde 1829 als Kutschenhaus erbaut, und verfügt nach einem Umbau nun über 6 Zimmer, alle mit Feuerstelle und Bad ausgerüstet. Auch unser Zimmer ist sehr komfortabel und liebevoll eingerichtet. Neben einer Klimaanlage sorgt ein riesiger Propeller an der Decke für eine fantastische Durchlüftung, sodass wir die A/C in der Nacht gar nicht brauchen. Auch die Fenster lassen sich öffnen, herrlich. Das Badezimmer ist ein Träumchen, und in einer kleinen Küchenzeile kann man sich Kaffee zubereiten. Sogar ein Bügelbrett ist vorhanden. Zurzeit sind wir die einzigen Gäste, und so können wir uns ausdehnen. Auch der überdachte Bereich mit den Korb- und hölzernen Schaukelstühlen gehört uns für den Abend allein. Bevor wir uns selbst überlassen werden, erklärt Diane uns noch, dass wir uns überall auf dem Grundstück umsehen dürfen. Dabei sollen wir auf die leicht erkennbaren Feuerameisenhügel achten, denn der Biss dieser Biester soll höllisch brennen. Wie überall muss man einfach aufpassen, wo man hintritt. Einen Spaziergang über das Grundstück lassen wir uns in der Spätnachmittagssonne nicht entgehen. Wenige andere Gebäude sind über das gepflegte Gelände verstreut. Gleich neben dem Carriage House steht die ca. 1820 erbaute Ben's Cabin. Die etwa 170 Jahre alten, riesigen Lebenseichen, die schon gepflanzt wurden, als die Plantage noch als solche genutzt wurde, haben es uns angetan. Mit ihren knorrigen Stämmen und Ästen wirken sie unglaublich mächtig und repräsentativ. Einige sind mit Spanischem Moos behangen. Diane erzählt, dass diese Pflanze je nach Feuchtigkeit die Farbe wechselt: bei Regen sind sie grün, bei längerem Sonnenschein eher braun, zurzeit irgendwie dazwischen. Uns gefällt insbesondere die Ruhe und Abgeschiedenheit in einer Landschaft von unglaublichem Liebreiz, noch schöner, als wir es uns vorher ausgemalt haben. Vorrangiger Grund für unser Wohlbefinden auf der Plantage ist natürlich die freundliche Begegnung mit unseren Vermietern, die sich sehr zugewandt um unsere Belange kümmern. Besser hatten wir es auf unserer bisherigen Reise noch nicht. In der Dämmerung sind, wie erwartet, jede Menge Plagegeister zum Vorschein gekommen, doch dank der DEET-Keule wagen sie sich nicht an uns heran, so dass wir entspannt draußen sitzen können. Was gibt es nach einem langen Tag auf der Straße Schöneres, als in völliger Ruhe, zu den Nachtgeräuschen der Tiere und dem Aufblitzen von Glühwürmchen auf einer Veranda zu sitzen und den Tag ausklingen zu lassen. |