Prolog Nach dem ersten Griechenlandurlaub 1990 wollte ich im kommenden Jahr auf alle Fälle wieder dort hin, wieder mit dem Motorrad, wieder mit der Fähre ab Ancona, wieder auf den Camping Tholo... Im Herbstsemester hatte ich an der Uni Neugriechisch belegt und etwa ein halbes Semester durchgehalten, dann wurde es mir zu komplex – ich wollte Basics zur Verständigung im Land lernen und keine Grammatik-Regeln. Mit meinen griechischen Arbeitskollegen übte ich in den Mittagspausen, teils sagten sie mir Sätze, die ich erst aufschrieb und sie übersetzten mir das dann. Ich besorgte mir die ersten Bücher und Bildbände über den Peloponnes und bekam zu meinem Geburtstag den „Velbinger“ geschenkt, ein alternativer Reiseführer, den ich wie einen Roman verschlang. Nach den Erfahrungen eines Urlaubes in einer Gruppe wollte ich das nächste Mal maximal zu zweit los fahren. ***************
Mein Jahr 1991 begann wie 1990 endete – ich dachte pausenlos an Griechenland Kurz vor Weihnachten 1990 kaufte ich mir ein neues gebrauchtes Motorrad, eine XJ900. Sie war sportlich umgebaut, hatte noch keine 30tkm gelaufen und kostete beim Händler nur 4900,-DM. Bei solch einer Gelegenheit musste ich einfach zugreifen. Somit hatte ich schon mal den für mich perfekten fahrbaren Untersatz für den nächsten Urlaub. Eigentlich wäre ich gern ein weiteres Mal mit Ralf nach Griechenland gefahren, das scheiterte aber leider an Ralf´s damaligen finanziellen Möglichkeiten. Ich wäre daraufhin auch allein runter gefahren, es ergab sich aber, daß mein damaliger Freund und Schrauberkollege – wir teilten uns ab dem Herbst 1990 eine “Box” in einer Schraubergemeinschaft – auch Interesse an einem Motorrad-Urlaub in Griechenland zeigte. Ich erzählte ihm von der Fährfahrt mit Deckspassage, dem Land mit diesem traumhaften Licht, dem Fahren ohne Helm – und er war überzeugt, daß das genau das Richtige sei. Friedel (der eigentlich auch Michael heißt) und ich starteten die Saison ´91 zusammen Ende Februar. Es war seine erste Motorradsaison überhaupt und seine XS650 hatte einen von einer Firma überholten Motor. Wir spulten viele gemeinsame Kilometer ab, bis sein Motor verreckte... da er den Ölwechsel nicht in einer “Fachwerkstatt” hatte vornehmen lassen, verweigerte die Firma ihm die Garantie. Nun war guter Rat teuer, eine weitere Motorenüberholung konnte Friedel sich nicht leisten und so konnten wir nicht gemeinsam nach Griechenland. Im Mai erfuhr ich von einem Händler in Flensburg, der aus den USA importierte japanische Motorräder für ganz kleines Geld verkaufte. Da ich eh schon länger eine XS650 als Zweit- und Bastelmotorrad haben wollte wurde ich bei ihm fündig und griff kurzentschlossen zu – als Student ging sowas irgendwie. Für damals 1450 DM kaufte ich eine 77er Typ 447 aus erster Hand, sie war früher von einem Ehepaar in Boston gefahren worden und hatte grad mal 11 Tausend Meilen auf dem Tacho. Da sie nicht fahrbereit war zerlegte ich das gute Stück vorerst, um sie dann später sorgfältig wieder aufzubauen. Und so hatten wir den Motor für den Griechenland-Urlaub. Zu meinem Geburtstag hatte ich den “Velbinger”, einen alternativen Reiseführer bekommen und verschlang ihn wie einen spannenden Roman – für mich war es ein spannender Roman. Zu meinem damaligen Lebenswandel passte es mittlerweile immer besser, daß ich mit Friedel zusammen fahren wollte. Wir wollten Ende August los fahren und dann erst Anfang Oktober wieder zurück sein, diesmal also deutlich länger als das Jahr zuvor. Anlaufstation sollte natürlich der Camping Tholo sein, von dort aus wollten wir viele Touren ins Landesinnere machen, sowie mehrtägige Ausflüge nach Githio und nach Zakynthos. Zur selben Zeit wollten auch Torsten und Petra, sowie Ruben und Susanne aus Braunschweig nach Griechenland. Wenn ich auch alle gern mochte war es mir doch wichtig, diesmal auf gar keinen Fall einen weiteren Gruppenurlaub zu machen, sondern legte Wert darauf, daß wir separat reisten. Der Sommer kam und ein paar unerwartete Ereignisse nahmen ihren Lauf, hatten aber nichts direkt mit unserem ersehnten Urlaub in Griechenland zu tun. Der Tag der Abfahrt rückte näher und näher, beide Motorräder liefen perfekt und ich konnte es kaum noch erwarten. Endlich war es soweit, das Wochenende um den 25ten August war gekommen. Am Samstag packten wir die Motorräder und wollten am Sonntag morgens gegen 7Uhr starten. Am Sonntag morgen schien die Sonne und irgendwie glitzerte alles – endlich ging es los. Wir fuhren von Anfang an nebeneinander, Friedel rechts und ich links, und da war sie wieder, diese grenzenlose Freiheit, die ich so lange vermisst hatte. Die Fahrt durch Deutschland lief völlig easy, Sonntags gibt es keinen nervigen LKW-Verkehr. In Kufstein angekommen war es wieder so, daß wir “eigentlich noch stundenlang hätten weiter fahren können”. Natürlich konnten wir nicht und fuhren zur Pension “Zum Bären”. Dort buchten wir ein Doppelzimmer für ~60,- DM, gingen kräftig Abendbrot essen und dann bald pennen. Am kommenden Morgen fuhren wir wieder im Sonnenschein weiter und schon am zweiten Tag war zu Hause so herrlich weit weg. Am Brenner tauschten wir kurz Geld, setzten uns dann ein wenig abseits, um die Alpen nicht nur unterm Helm zu sehen, um danach die herrlichen Autobahnkurven herunter zu swingen – wir waren so far out... Hinter Bologna bekam Friedel erste Konzentrationsschwächen – ich wunderte mich, wieso er langsam aber sicher in Richtung Standstreifen driftete und wir gingen erstmal einen doppelten Espresso trinken. Weiter ging die Fahrt, und das erste Schild “Ancona 179km” begrüßten wir mit erhobenem Zeigefinger am hoch erhobenen linken Arm. Das machten wir ab da bei jedem Ancona-Schild so. Als die Abfahrt Ancona Nord kam reckte ich beide Arme in den Himmel und stand in den Fußrasten, auf diesen Moment hatte ich mich riesig gefreut. Torsten sagte mal zu uns, dass Italien das Land sei, das man am besten schnell durchquert um zur Fähre nach Griechenland zu kommen. Ich hingegen fand Italien ein schönes Land – aber auch nur, weil von dort die Fähre nach Griechenland fährt. Ich hatte mich vorher schlau gemacht, welche Fähre wann ausläuft und so nahmen wir wie geplant die Ionian Galaxy der Strintzis Lines. Wie schon auf der Hinfahrt buchten auch wir diesmal nur One-Way, wußten wir doch nicht genau, wann wir wieder zurück fahren würden. Die Ionian Galaxy hatte damals nicht so nett überdachte Schlafplätze wie die El Greco ein Jahr zuvor, das störte uns aber nicht, wir nahmen einfach die nächsten freien Plätze an der Reling. Im Self Service flirteten wir mit einer jungen Griechin (oder sie mit uns? ), die mit ihrer Familie in die Ferien fuhr und sich einen Spaß draus machte, daß Mama ihr immer wieder den Rock ein Stückchen tiefer zog – sie hieß bei uns ab da nur “Der Rock”. Nach dem Abendessen saßen noch eine Zeit an der Sun Bar beim Pool und kippten ein paar Bier, und irgendwie konnte Friedel den Barkeeper überreden, seine Lenny Kravitz Kassette zu spielen. Da wir schon ziemlich platt von der Fahrt, waren wurde es dann aber doch ein recht kurzer Abend an der Bar. Später, schon an unserem Schlafplatz, gab es noch ein Gute-Nacht-Amstel, dann war Ablage. Am nächsten Morgen dann das amtliche Rockerfrühstück im Self Service und danach das erste ausgiebige Sonnenbad an Deck. Ab mittags widmeten wir uns der Beute aus dem Duty Free Shop – der Southern Comfort dort hatte „43Ps“ und wurde in Literflaschen verkauft. Um keine halben Sachen machen zu müssen, haben wir den Deckel gleich über Bord geworfen. Irgendwann ging ich von unserem Platz aus mal zur Sun Bar und wunderte mich, daß dort ordentlich Party war. Eine Gruppe Griechen tanzte ausgelassen und irgendwann nahmen die Männer sich gegenseitig auf die Schultern um von dort aus direkt in den Pool zu springen. Ich war fasziniert von dieser Fröhlichkeit und Ungezwungenheit – und angetan von dem Anblick als “Der Rock” tanzte irgendwann bin ich zu Friedel, wollte ich ihm das doch nicht (komplett) vorenthalten Als das Schiff in Igoumenitsa anlegte hatten wir die zweite Flasche Southern in Arbeit und lernten zwei Punks aus Ost-Berlin kennen, die uns bei dieser Mission halfen. Später in der Disco nahm man uns die Flasche weg, wir holten sie hinter dem Tresen wieder hervor und leerten sie dann zügig. Irgendwann krachten wir in die Pooftüten und... wie ein Jahr zuvor hechtete ich am frühen Morgen noch vor sechs Uhr hoch, ging (ging? ) mir die Zähne putzen und stand voller Erwartung an der Reling, während Patra glitzernd näher kam. Endlich legte die Galaxy an, wir verstauten die Klamotten auf den Mopeds und verließen mit ausreichend Lärm das Schiff. Auf diesen Moment hatte ich knapp ein Jahr gewartet, und nun... stank es im Hafen so abartig nach Müllkippe, daß mir speiübel wurde – speiübel war mir auch noch von dem nicht zu übertönenden Geschmack des Southern Comfort, und so mußte ich erstmal neben dem Schiff in den Hafen kotzen. Wir fuhren aus dem Hafen raus, überraschenderweise hatten wir es mit den ganzen Stempeln irgendwie doch gerafft, und an der nächsten roten Ampel kotzte ich vom Moded runter... hurra, die deutschen Touristen sind da... so peinlich es auch war, ging ich danach unverzagt in den Kiosk und kaufte mir eine Cola. So langsam ging es besser, wir machten auf den New National Road eine kurze Pause und... aber das sollte auch das letzte Mal gewesen sein, ab da konnte ich mit Helm fahren. Friedel hatte seinen Helm sicher am Gepäck verstaut und trug nur seinen Lederhut – welch ein Anblick, der Hut hing ihm an einer Lederschnur am Rücken, das war echt Wild Wild West Am Camping angekommen stellten wir die Motorräder ganz lässig vor der Bar ab, Costas begrüßte uns mit “Two beers or what?” (brauchte ich nicht wirklich ) und wir orderten erstmal das gute Tholo-Frühstück incl. Yaúrti me meli. Als Friedel zwischendurch vom Waschhaus zurück kam war er begeistert “Da hat mir jemand auf die Schulter gehaun und mich mit “Hallo Hein” begrüßt – war das der Koch Peter?” – war er. Nach dem Frühstück richteten wir unser Lager her – die Mopeds wieder so, daß wir am kommenden Morgen Schatten hätten – und ich mußte mich erstmal ablegen, die letzte Nacht steckte mir doch irgendwie heftigst “im Gemüt”. Ich lag auf meiner LuMa in der Hoffnung, die Lebensgeister mögen recht bald zurück kehren, als mir ein extrem leckerer Duft in die Nase zog – unsere Nachbarn, vielmehr einer von ihnen, fing an, eine deftig kräftige Mahlzeit auf zwei Campingkochern gleichzeitig zuzubereiten. Irgendwann brachte Friedel mir ein Alster mit dem Hinweis “Trink das Alter”, und danach ging es mir wieder besser. Costas hatte Verstärkung von Jorgos bekommen, nachdem Bobby ein paar Tage vorher abgereist war – so hatte ich Bobby ein weiteres Mal verpasst... Wir fragten Jorgos, ob wir statt jedes Getränk einzeln zu zahlen einen Zettel für den Abend zu machen, und er stimmte spontan zu. Recht bald erkannte ich allerdings, dass der arme Jorgos damit anscheinend ziemlich überfordert war, und so schrieb ich parallel mit. Im Laufe des Abend lernten wir ein Schweizer Pärchen und ein Pärchen aus Österreich, sowie einen solo reisenden VW-Bus Fahrer kennen. Nachdem die Bar um ein Uhr schloss, fuhren wir zusammen noch in Richtung Zacharo, um zu sehn, ob dort sowas wie eine Disco sei. Die Open-Air Disco am Ortsausgang nach Kaiafas war uns nix, und so landeten wir in einer Disse im ersten Stock in der Strandstraße, wo sie 70er und 80er Jahre Rock spielten. Da es im Süden später hell wird als bei uns, landeten wir noch im Dunkeln in den Schlafsäcken Kaum ein paar Stunden später wurden wir von einer ziemlich lauten in bayrischer Mundart geführten Unterhaltung geweckt, unsere Nachbarn waren anscheinend eher Frühaufsteher. Nach dem Frühstück an der Bar zahlten wir unsere Zeche vom Abend zuvor und Costas wunderte sich nicht schlecht, als ich unseren selbst geführten Zettel hervor holte, der um einiges höher ausgefallen war als der von Jorgos aufgeschriebene. Abends in der Taverna trafen wir Ruben und Susanne sowie Hartje und Sabine, die ich ein Jahr zuvor eben hier kennen gelernt hatte, und zwischendurch ein paar Mal in Braunschweig besucht hatte. Nach einem anfangs eher zögerlichen “Hallo” kamen Peter´s Tochter Lisa und ich auch wieder ins Gespräch und saßen nun öfter abends zusammen. Costas fand die Idee, daß wir unsere Zettel selber schreiben okai, und so hatte Jorgos ein ruhigeres Leben Ab da schrieben wir den Tag über mit und zahlten am jeweils kommenden Morgen abwechselnd unsere Zeche. Abends ließen wir es wieder hoch her gehen und saßen spät in der Nacht noch mit unseren Zeltnachbarn zusammen – wohlbemerkt mit unseren Bayrischen Zeltnachbarn, und insgeheim wunderte ich mich, welch interessante Gesprächspartner sie waren. Am kommenden Morgen wurden wir wieder recht früh von einer lauten in bayrischer Mundart geführten Unterhaltung geweckt... Thorsten und Petra trafen ein paar Tage nach uns ein, nun waren wir “komplett” – allerdings war es nach wie vor so, daß wir zwar zur selben Zeit am selben Ort sein wollten, aber ohne irgendeine Art Gruppenzwang und auch ohne die ganze Zeit miteinander zu verbringen. Das klappte auch von Anfang an sehr gut, Friedel und ich waren eher die “Wild Boyz”, fuhren täglich mit den Mopeds spazieren und hingen viel an der Bar ab, Torsten und Petra... waren eben als Pärchen unterwegs Eines Nachmittags saßen wir in der offiziell noch geschlossenen Taverna und bekamen einen recht deutlichen Streit zwischen Peter und seinem Kellner mit. Ein Wort ergab das andere und irgendwann endete es damit, daß Peter ihm eine knallte und ihn rausschmiss – und nun ohne Kellner da stand. Das Problem konnte schnell gelöst werden, Friedel sprang spontan ein und machte seine Sache sehr gut. Ich versuchte es am folgenden Abend auch und... looste für meinen Geschmack auf ganzer Linie ab, irgendwie war das nicht mein Job. Am kommenden Morgen wurden wir wieder recht früh von einer lauten in bayrischer Mundart geführten Unterhaltung geweckt... sollte das jetzt Dauerzustand werden? Vom ewig früh geweckt werden – unsere Nachbarn konnten sich früh morgens anscheinend nur laut unterhalten – war ich irgendwann fix und alle und brauchte dringendst mal eine Pause. Peters Tochter Lisa empfahl mir “Fahr doch mal zum Bousi”. Der Bousi ist ein Stück Wald direkt vorm Strand gleich hinter der “Grenze” zwischen Elaia und Messinien, wo auch viele Wildcamper wohnten, und ca 5km vom Tholo Camping entfernt. Ich fuhr dort hin, ließ mich allerdings nicht im Wald nieder, sondern düste direkt an den Strand, cremte mich mit Sonneschutz ein und pennte auf meiner Decke sofort weg. Irgendwann weckte mich eine mittlerweile vertraute Stimme “Der schläft ja tatsächlich am Strand” – Ruben hatte sich auf den Weg gemacht, nach mir zu sehen, nachdem ich quasi fluchtartig den Camping verlassen hatte. Ein Glück, denn erstens hatte ich nach ein paar Stunden in der Sonne pennen mittlerweile einen tierischen Durst, außerdem hatte ich mich mit meinem Moped tief im Sand festgefahren und wäre ohne Hilfe nur schwerlichst da wieder raus gekommen. So fuhren wir dann zusammen zurück zum Camping und tauschten zwischendurch mal die Mopeds, wodurch ich in den Genuss kam, einmal den zu der Zeit schon raren Dreizylinder XS750 fahren zu können. Abends verlegte ich mein Lager als reine Präventivmaßnahme ans andere Ende des Campings, wo auch Ruben und Susanne zelteten, und konnte endlich mal morgens richtig lange auspennen. Am späten Nachmittag setzten Friedel und ich uns auf die Mopeds und düsten einfach die Hauptstraße rechts herunter in Richtung Kypparisia... um dann in Kalo Nero links abzubiegen in Richtung Kopanaki. Auf der Hälfte der Strecke machten wir Halt, dort waren links der Straße solch eine Art “Treppe”, auf die wir uns setzten und ohne viel zu reden einfach die Gegend auf uns wirken ließen... wir waren Teil des Ganzen. Abends fragte Costas uns, ob wir ihm am kommenden Morgen helfen könnten, eine Reisegruppe aus Frankreich hätte ihren letzten Abend auf dem Camping und wollte am folgenden Morgen mit allen Teilnehmern zusammen ein letztes gemeinsames Frühstück einnehmen. Natürlich sagten wir ohne zu zögern zu und standen am nächsten Morgen auf der Matte. Es waren um die zwanzig Leute, die natürlich alle gleichzeitig frühstücken wollten, was wir aber gemeinsam prima hin bekamen. Nach den Frühstück verselbständigte sich das Ganze und wir machten kurzerhand noch den gesamten Abwasch und halfen danach an der Bar aus. Später wurde ich von neu angekommenen Gästen auf englisch nach einem Bier angesprochen und war schon in einer gewissen Weise happy, nicht sofort als Deutscher “entlarvt” worden zu sein – zu der Zeit war ich eben nicht stolz, ein Deutscher zu sein. Costas bedankte sich auf die Weise, daß wir den Abend freie Getränke haben sollten. Am Nachmittag düsten Friedel und ich nach Olympia um mal die Schmuckläden zu checken und ein paar Pita zu essen. Ich fand einen netten silbernen Armreif für vergleichsweise kleines Geld, danach ging es in einen T-Shirt Laden gleich am Anfang einer in Fahrtrichtung Ancient Theatre nach rechts abgehenden Seitenstrasse. Damals war der Laden im Besitz, oder wurde zumindest betrieben von einem sehr netten Mann namens Spiros, der mir nicht nur ein mega originelles T-Shirt mit Vorder- und Rückseite druckte, sondern uns auch noch auf einen Schwatz und einen Ouzo einlud. Danach gingen wir Pita essen und trafen zwei Frauen aus Bayern, die ebenfalls mit ihren Motorrädern unterwegs waren und auf dem Camping Tholo wohnten. Sie fragten, wie sie denn “am dümmsten zum Camping zurück kämen” und ich empfahl ihnen, hinter dem Ancient Theatre der Straße für etwa eine halbe Stunde zu folgen und dann bei der nächsten Möglichkeit abzubiegen bevor sie losfahren konnten empfahlen wir ihnen aber, sich uns anzuschließen und lieber nicht den zuerst gewünschten “dümmsten Weg” einzuschlagen Wir klönten noch eine Zeit, düsten dann gemeinsam zurück zum Camping und enterten die Bar. Die beiden bayrischen Frauen hatten uns von “viel Bier trinken” erzählt und wir dachten nur “na dann woll´n wir mal” anscheinend hatten wir es aber etwas zu gut gemeint, jedenfalls kippte die eine erst vom Barhocker und die andere meinte nur was von “ihr trinkts Bier net, ihr saufts wie die Pferde”... dieser Abend verlief dann doch etwas anders, als wir das insgeheim gehofft hatten... Wir wollten natürlich noch mehr als nur den Camping sehen und schmiedeten Pläne, wie und wo wir die weitere Zeit verbringen wollten und kamen zu dem Schluss, daß wir sowohl nach Githio als auch ein paar Tage nach Zakynthos fahren würden. Nicht zuletzt durch Friedel´s “Nebenjob” als Kellner gehörten wir mittlerweile “zur Familie”, saßen am reservierten Tisch direkt neben der Küche und verbrachten viel Zeit in Gesprächen mit Peter´s und Edith´s damals elfjährigem Sohn Benni. Als wir abends in der Taverna drüber sprachen, wie wir unseren Urlaub weiterhin verbringen wollten, fragte Benni, ob er nach Githio mitkommen dürfe – nach kurzem Nachdenken willigten wir ein und Peter wollte mir seinen Sohn anvertrauen. Allerdings zog sich unsere Abfahrt von Tag zu Tag weiter nach hinten, Benni fragte jeden Abend, wann es denn nun sein sollte und hatte irgendwann wohl doch keine Lust mehr oder ihn hatte der Mut verlassen, jedenfalls nahm Peter mich irgendwann beiseite und erklärte mir, daß Benni nun doch nicht mit käme, ich sollte aber nicht sauer sein, er hätte es ihm nicht verboten, sondern Benni hätte sich von sich aus umentschienden. Nun, waren wir nicht alle freie Menschen? Irgendwann entschlossen wir uns für einen bestimmten Tag zur Abfahrt nach Githio und erzählten das auch Torsten und Petra. Petra zeigte sich alles andere als begeistert, wollten sie und Torsten doch zur gleichen Zeit ebenfalls nach Githio... kein Problem für uns, wir switchten kurzerhand um und wollten dann eben zuerst nach Zakynthos düsen. Zwei Tage vor der Abfahrt lernten wir Bernd und Brigitte aus Mönchengladbach kennen, beide Harley Fahrer, die am selben Tag wie wir den Camping verlassen wollten bzw. mußten, weil ihr Urlaub zu Ende war. An einem Sonntag Vormittag fuhren wir zusammen nach Olympia, “nur mal auf eine Pita” und düsten im einsetzenden Regen zurück zum Camping. Costas tanzte vor der Bar im Regen und freute sich wie ein Kind über den ersten Schauer seit Mai – wir fanden es nicht ganz so toll und sahen zu, daß wir unsere Klamotten ins Trockene bekamen. An dem Abend hatte auch der Motorrad Club aus Königssee seinen letzten Abend, Friedel kellnerte ein vorerst letztes Mal und das Essen wurde ob des Regens unter dem festen Dach vor der Bar serviert. An diesem Abend übernachteten wir im Waschhaus, weil es stürmte und immer wieder regnete. Am nächsten Morgen schien die Sonne, wir packten die Sachen, die wir für ein paar Tage auf Zakynthos brauchten, und verabschiedeten uns nach dem Frühstück erstmal von Costas und Co. Den ersten Halt legten wir in Pyrgos ein, dort herrschte reges Leben zur Mittagszeit. Wir gingen zu Fuß die Ermou entlang und landeten in einem Laden, der neben Armeekleidung auch Waffen verkaufte. Nach einem netten Plausch mit dem Besitzer – er war förmlich vernarrt in unsere Westen – kaufte Friedel sich ein Butterfly und wir düsten weiter in Richtung Kyllini. Nach einem kurzen Verfahrer nach Loutra Kyllini fanden wir den Hafen und setzten über nach Zakynthos. Kaum vom Schiff herunter wurden wir schon angesprochen “You need a room?” – was war DAS denn bitte? Mit sowas hatten wir nun nicht gerechnet... Wir waren erst am späten Nachmittag auf Zakynthos gelandet und so düsten wir in Richtung Innenstadt und suchten das Hotel “Diana”, zu dem ich im Velbinger eine Empfehlung gelesen hatte. Eingecheckt, geduscht danach zu Fuß die Gegend erkunden. Nach einem langen planlosen “Spaziergang” durch Zakynthos Stadt, während dem Friedel immer wieder was von “ich fahr zurück zum Camping” genuschelt hatte, landeten wir in einer Pizzaria an der Platia, danach ging es ab ins Hotel. Trotz Presslufthammer schafften wir es irgendwie, das Frühstück zu verpennen und machten uns hungrig auf den Weg. Als erstes düsten wir den Ost-Zipfel entlang und waren auf gewisse Weise kultur-geschockt, derartigen Tourismus kannten wir nicht – auch im Jahr zuvor auf Kreta war ich um Engländer-Hochburgen und Nudisten-Strände drum herum gekommen Friedels Genuschel “ich will zurück zum Camping” wurde immer lauter... Wir fuhren in Richtung Keri und steuerten den Camping Tartaruga an – dort war allerdings die Saison schon vorbei. Wir wären die einzigen Gäste gewesen und der Besitzer erklärte uns, daß wir gern in (s?)einer Hütte wohnen könnten und dann abends zusammen grillen etc... nee, das wollten wir aber nicht und so düsten wir weiter. Bevor mir das Genuschel “ich will zurück zum Camping” zu laut wurde, erklärte ich Friedel, daß wir nun weiter in Richtung Keri und dann ans Meer fahren würden, um uns dort die nächste Pension zu nehmen. In Limni Keriou fuhren wir links die Straße am Wasser entlang, am Ende gab es die Pension “Kastelli” – dort fuhren wir die steile Betonrampe hoch und stellten die Motorräder ab. Der Wirt – Dennis – erklärte uns, daß dies ein ruhiger Platz für ruhige Leute sei und ich wiederum erklärte ihm, daß wir nichts als Ruhe suchten, die lauten Mopeds hätten nicht zu sagen Für 3000 Drs (damals etwas über 30DM) pro Nacht incl Frühstück nahmen wir ein Zimmer im ersten Stock mit Meerblick – der Preis war pro Zimmer, nicht pro Person! – und richteten uns ein. Nach einer kleinen Siesta düsten wir in Richtung Keri und gingen zu Fuß durch das Dorf. Vor dem Kafenion saßen die alten Männer des Dorfes und einer von ihnen machte sich anscheinend einen Scherz daraus, überdeutlich, förmlich schon Besorgnis erregend deutlich zu husten Wir gingen noch ein Stück in Richtung Leuchtturm, machten allerdings auf halber Strecke kehrt – sooo viel wollten wir dann doch nicht zu Fuß gehen Der Blick über die Bucht in der Abendsonne strahlte einen ganz eigenen Frieden aus – gewohnt haben wir am gegenüberliegenden Ende. Nach diesem Ausflug ging ich in den Mini-Market um ein paar Amstel zu holen, auf dem Rückweg kam ich erst mit dem Sohn des Besitzers der Pension und danach mit Dennis selber ins Gespräch – Friedel wunderte sich nur, wo ich denn so lange geblieben war Nach dem Abendessen in der ersten der beiden Tavernas am Strand ging es zurück in die Pension und Friedel, der schon ein paar Jahre ausschließlich Spätschicht gearbeitet hatte, freute sich wie ein Kind, mal vor Mitternacht zu Bett zu gehen, legte sich ab und fing an zu schnarchen wie ein kanadischer Holzfäller Ich saß noch lange auf dem Balkon und lauschte in die griechische Nacht...ich hörte das Meer leise rauschen, ab und zu mal einen Hund kläffen, ein Moped knattern... das war genau die Ruhe, nach der ich mich gesehnt hatte, nachdem auf dem Camping jeden Abend Party gewesen war. Am kommenden Morgen gegen 9Uhr wurden wir von einem Klopfen an der Tür geweckt: “Michali, your breakfast” – ich öffnete schlaftrunken und traute meinen Augen nicht, Dennis brachte uns ein Tablett mit amtlichem Rocker-Frühstück: Spiegeleier mit ausreichend Speck, Tomaten und O-Saft (und das alles für den genannten schlanken Preis!) Derart gestärkt konnten wir es kaum abwarten, uns auf die Mopeds zu setzen um die Insel zu erkunden – Friedels Genuschel von wegen zurück zum Camping war mittlerweile verstummt Ich hatte einiges im Velbinger über Zakynthos gelesen und so machten wir uns auf zum Zentrum der Insel, bei Agia Marina sollte es ein schönes Aussichts-Cafe geben. Vorher machten ein weiteres mal Bekanntschaft mit dem griechischen Straßenbau: nachdem wir zwei Abende vorher schon in Zakynthos Ort durch flüssiges Pech gefahren waren und mir genau dort der Reiseführer herunter gefallen war, erwischte es uns nun auch mitten in der Pampa... uns klebte das Pech buchstäblich an den Reifen Bei dem erwähnten Aussichts-Cafe machten wir Halt und genossen den weiten Blick über das auch im Herbst noch sehr grüne Zentrum der Insel. Nach einer Stärkung wollten wir weiter und entschlossen uns, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit über die Berge in Richtung Westküste zu fahren. Wir fanden eine Straße und fragten einen älteren Mann, ob sie auch befahrbar sei. “It´s okai, but be careful” war seine Antwort – also los. Die “Straße” wurde nach einer Zeit aber immer übler... Friedel hatte mit seinem Moped kaum Probleme, den derben Schotterweg zu fahren, ich schwitzte auf meinem doch sehr hart auf sportlich getrimmten Motorrad wie nie zuvor... und irgendwann hatten wir es geschafft... ich sang “Ein Hoch auf den Erfinder des Asphalts” Weiter ging es in Richtung Kambi, wo wir zum im Velbinger empfohlenen Cafe Sunset wollten. Angekommen genossen wir den grandiosen Ausblick auf die wilde Steilküste, ein faszinierender An- und Ausblick! Die Aussicht erinnerte mich irgendwie an Bilder, die ich von Australien einst gesehen hatte... Wir waren die einzigen Gäste, die nicht im Schatten saßen und aßen ein weiteres Mal “Greek Salad and Tsatsiki” – mittlerweile hätten wir auch als Tester für das genannte Menü auftreten können Den Rückweg nach Limni Keriou nahmen wir auf “normalen” Straßen unter die Räder und machten noch einen Stop im Hafen. Dort hatten wir ein Schild gesehen “Rent Sea Bikes” – keine Frage, genau das Richtige für zwei wilde Jungz auf unsere Frage, was das denn für einen Tag kosten sollte, fing der Vermieter an zu lachen – er vermietete die Sea Bikes nur viertelstundenweise... allerdings hatte er auch kleine Aussenborder-Boote im Angebot, woraufhin wir uns eins für den kommenden Tag reservierten. Nach einem Abendessen in der anderen der beiden Strandtavernas war auch an diesem Abend früh Feierabend – für Friedel ich saß wieder auf dem Balkon und lauschte in die griechische Nacht... Am kommenden Morgen klopfte es abermals an der Tür “Michali, your breakfast”, diesmal gab es Omelette, ebenfalls perfekt! Um 10Uhr am Hafen ließen wir uns kurz das Boot erklären und legten danach ab – wie geil war das denn, wir saßen in unserem “eigenen” Boot, schipperten an der Küste entlang in Richtung Südspitze der Insel – Cape Keri – und waren einfach nur frei... zwischendurch sahen wir fliegende Fische und irgendwann machten wir die erste Pause, gingen baden und fühlten uns pudelwohl. Auf unserer weiteren Fahrt an der Küste entlang kamen wir an bizarrsten Felsenformationen vorbei, fuhren durch Felsentore, entdeckten Höhlen und von Land aus unerreichbare Buchten.
Der letzte Abend auf Zakynthos endete wie die Abende zuvor: Friedel freute sich, sich so früh abzulegen, ich saß noch auf dem Balkon und lauschte die griechische Nacht. Ich freute mich schon drauf, zum Camping zurück zu kommen, zu Costas, zu Lisa... Morgens gab es ein letztes Mal das Frühstück von Dennis “ans Bett” geliefert und gestärkt packten wir unsere sieben Sachen auf die Mopeds, um in Richtung Fähre zu düsen. In Zakynthos Stadt tranken wir noch einen Nes-Kaffee und “gruselten” uns vor den kurzbehosten blassen Engländern mit ihren Kameras vor dem Bauch. Die Fähre brachte uns zurück zum Peloponnes und wir sahen zu, daß wir zackig nach Tholo zurück kamen, welches uns nach den intensiven Tagen und Nächten nun schon wie eine zweite Heimat vorkam. |