Ausflüge nach Léntas und in die Asteroússia-Berge


Südlich von Agii Déka führen mehrere kleinere Sträßchen zu verschiedenen Ausflugszielen. Kurvenreich lassen sich Winzörtchen wie Léntas oder Kapetanianá ansteuern. Auch eindrucksvolle Schluchten warten auf eine Durchquerung.
Eine Bekannte hatte mich vor langer Zeit einmal durch die Tráfoula-Schlucht mitgenommen. In meiner Erinnerung handelte sich eigentlich um ein ausgewaschenes Flussbett. Der Durchgang führte teilweise durch einen schmalen Canyon von hohen, glatt polierten Felsen. Manchmal musste man sich mit Hilfsmitteln, wie einem Stück Seil, ein oder zwei Meter herablassen. Insgesamt eine tolle Wanderung, die am Ende an einem Strand endete, an dem nur ein paar freakige Leute herumsaßen. Ich wurde dann noch in eine recht große Höhle oberhalb des Strandes mitgenommen, in der die Wandergenossin „wie im Paradies“ eine Weile gelebt hatte.
Den Einstieg zur Schlucht würde ich nicht mehr finden, er lag sehr versteckt hinter irgendwelchen Oleanderbüschen mitten in der Pampa. Wandern möchten wir in der Hitze auch gar nicht, sondern per Auto direkt zum Strand und ein wenig chillen.

Nach Léntas
Ich weiß, dass zwischen Míres und Agii Déka ein Abzweig über die beiden Dörfchen Xoustoulianá und Plátanos nach Léntas führt. Genau den verpassen wir aber, sodass wir den Umweg ab Agii Déka fahren, was aber auch nicht schlimm ist, denn letztendlich erreichen wir auch auf diesem Weg die einzige Zufahrtsstraße in den abgelegenen Ort.
Im Gegensatz zur Fahrt entlang des Amári-Tals ist Landschaft hier sehr karg, eine bis auf den nackten braunen Felsen abgetragenen Bodenkrume mit teils bizarren Formationen.
Schließlich passieren wir eine Taverne mit großen Xyloúris- und Guevara-Wandbildern neben dem Eingang. Ein paar Leute sind da, es wird gegrillt. Ich dachte, wir könnten hier vielleicht ein Päuschen einlegen, und die ruhige Atmosphäre einsaugen, doch oxi, meint der Wirt etwas griesgrämig, es sei geschlossen, kehrt uns den Rücken und stapft davon.
Na gut, dann halten wir eben woanders, und zwar an einer Art Rastplatz, links in einer größeren Parkbucht mit tollem Blick auf die flirrende Lybische See und unseren Zielort.




Schon von hier kann ich erkennen, dass der Ort längst von einer anderen Art des Tourismus eingeholt wurde, denn früher gab es nur wenige Tavernen (oder sogar nur eine?), die von Hippies bevölkert wurde/n, die es für eine Weile in diese paradiesische Abgeschiedenheit verschlagen hatte. Das hat sich grundlegend geändert, denn Zimmer-Vermietungen und Tavernen gibt es nun etliche und das Publikum ist eher gesetzt. Doch erleben wir eine gemütliche Atmosphäre, nachdem wir das Auto am Ortseingang abgestellt haben.

Viele Wege zum Bummeln gibt es nicht, alle führen zum Meer, und so lassen auch wir uns nicht zuletzt wegen der ermüdend heißen Frühnachmittags-Temperaturen gleich im ersten Lokal nieder, aus dem leichte Reggae-Musik zu vernehmen ist. Die besten Plätze mit Meerblick sind natürlich besetzt, doch halt, ganz hinten wird gerade was frei.


Gemütlich wäre es allemal und chillig, würden da vom Nachbartisch nicht die 1000 griechischen Kinder herübergrölen. Gebt ihnen doch endlich was zum Daddeln, denke ich, damit ein wenig Ruhe einkehrt. Nein, man breitet sich noch auf weitere Tische aus, brüllt sich ständig irgendwas Wichtiges zu, unter vollständiger Erlaubnis der Altvorderen.
Nach dem Genuss unseres Getränks machen wir uns dann auch wieder auf die Socken, denn die Familie hat sich dort neben uns auch so richtig schön eingerichtet und erstmal ordentlich zu Essen bestellt. Ansonsten wäre das Lokal wirklich schön zum Aufs-Meer-Schauen und Träumen. Wir könnten das Lokal ja wechseln, aber um ehrlich zu sein, sind wir unglaublich geschafft von der Hitze und haben gerade noch so Lust, mit dem kalten Meeresnass Tuchfühlung aufzunehmen. Also Schuhe aus, Jeans hochgekrempelt, und dann rein mit den weißen Haxen ins noch recht kühle Nass.
Nach der Fußtrocknung unternehmen wir noch ein wenig Sight-Seeing, jedoch ohne die Ausgrabungen, wir wollen den Ort einfach nur etwas wirken lassen. Eigentlich besteht Léntas nur aus dieser Badebucht. Verwinkelt die Gässchen, sicher für jeden Geschmack eine Unterkunft dabei.


Noch schläft „der Löwe“, doch die Saison wird wohl wie überall den Tourismus boomen lassen, auch in einem so abseits gelegenen Winkel wie diesem hier.
Die Rückfahrt führt uns zurück in der Ebene durch die grünen Felder der Messará, durch ein Meer von Olivenbäumen im goldenen Nachmittagslicht, während wir beobachten, wie sich eine riesige Wolkenbank vom Meer aus langsam in die Ebene hineinschiebt. Das verspricht eine hohe Luftfeuchtigkeit und evtl. eine kalte und klamme Nacht. Gut geschätzt, so kommt es auch tatsächlich.

Asteroússia
An unserem letzten Tag geht es nochmals in den Süden. Wir fahren durch Míres, an Górtys vorbei (wegen Hitze keinen Bock auf Besichtigung), und nehmen den Abzweig vor Agii Déka nach Vagioniá. Das kleine, aber lebendige Dorf verfügt außer neuen und alten, zum Teil sehr kleinen Häusern über eine Schule und mehrere Geschäfte. Bei der Vorbeifahrt erhaschen wir durch eine geöffnete Tür eines dieser winzigen Häuschen einen Blick direkt auf ein Ehebett.
Der Dorfkern ist recht verwinkelt mit vielen verschiedenen Abzweigungen. Die, die wir nehmen, sind alle falsch, einmal landen wir sogar weit draußen am Friedhof. Nur eine Straße führt nach Kapetanianá, die wir nach mehrmaligem Fragen schließlich auch finden. Die landwirtschaftlich durch Oliven- und Weinfelder geprägte, schmale Landstraße steigen wir dann doch schnell bergan.


In steilen, engen Kurven schraubt sie sich nach oben durch die von Macchia und Kräutern bedeckten Hügel und bietet uns immer wieder atemberaubende Aussichten auf die riesige Messará-Ebene bis hinüber zum mächtigen Ida. Einmal mehr wird mir bewusst, wie sehr ich diese Gegend in mein Herz geschlossen habe.






Nach wenigen Kilometern und etlichen Kurven beschließen wir, wieder umzukehren. Zu anstrengend wird uns die endlose Fahrerei, und da ich vor 25 Jahren schon mal in Kapetanianá war, kann ich von einem kleinen (damals ursprünglichen) Bergdorf auf etwa 800 Meter Höhe mit einem sehr schönen Blick aufs Meer berichten.

Fotos von 1999 aus Kapetanianá









Also kurven wir wieder zurück, dieses Mal über Stavies, Panagiá, Stérnes, Hárakas und Pírgos nach Assími durch ein gelb blühendes Feigenkakteen-Meer. In Gagáles (zwischen Assími und Agii Déka) fällt uns auf, dass fast jedes Haus eine griechische Fahne präsentiert und sind darüber ein wenig verwundert. Vielleicht war hier auch gerade ein Jahrestag, der an etwas von nationaler Bedeutung erinnert.
Schließlich erreichen wir wieder Míres. Im Ort und um Míres herum bis nach Petrokefáli ist der Straßenbelag auffallend miserabel. Fiese Schlaglöcher, zum Teil gefüllte, aber nicht eingeebnete Gruben, Risse und Rillen im Straßenbelag rütteln uns und unser Auto wie bei jedem unserer diesjährigen Besuche kräftig durch.
Und dann endlich wieder in Kalamáki, das uns zu unserem letzten Strandaufenthalt unseres Urlaubs einlädt.

Auch wenn wir nicht bis an unser ursprüngliches Ziel gelangt sind, so hat uns die grandiose Aussicht über einen großen Teil der Messará reichlich entschädigt. Irgendwie, auch nach so langer Zeit, erzeugt dieser Teil Kretas immer noch ein vertrautes Gefühl. Auch wenn die Zeit meiner längeren, prägenden Aufenthalte schon seit etlichen Jahren vorbei ist, so erreichen die grandiose Landschaft und ihre liebenswerten Bewohner mein Herz stets aufs Neue. Die Erinnerungen an die alte Zeit sind fest verankert und werden es auch bleiben, die Erinnerungen an die schönen, persönlichen und liebenswerten Begegnungen unseres diesjährigen Urlaubs ebenfalls.