Aus meinem Plan, “so bald wie möglich” nach Kreta überzusetzen waren mittlerweile unvorhergesehen viele Tage geworden, doch dann sollte es vom Camping aus wirklich mal weiter gehen. Zu Ruben und Susanne war der Kontakt mittlerweile so weit, daß die beiden sich uns anschließen wollten. Das genaue Datum erinnere ich nicht mehr, den Abend vor der geplanten Abfahrt nach Kreta um so mehr: im völligen Überschwang der Euphorie tranken Torsten und ich den Ouzo als wenn er Wasser wäre... das konnte ja nicht gut gehen... ich krachte irgendwann, nachdem ich mich mit einer “Notlüge” von der Bar gestohlen hatte, in meinen Schlafsack, um Ralf´s Erzählung nach auf der Stelle in den extremem “Säge-Modus” zu verfallen, eine kleine Katze machte es sich auf meinem Bauch bequem und fühlte sich anscheinend stark an ihre Mami erinnert. Torsten machte den Angaben zufolge noch ein paar “sportliche Übungen” mit seinem Moped, ging schließlich wohl noch kotzen und war nur schwerlich zur Ruhe zu bringen (im Nachherein war niemand begeistert von der Nummer). Der nächsten Morgen war grausam, ich hatte zwar (noch) keinen Schädel, war aber immer noch ziemlich breit und entsprechend planlos und mußte trotzdem meine Sachen packen. Einen Teil meines Gepäcks durfte ich glücklicherweise auf dem Camping lassen und auf dem Rückweg von Kreta abholen. Torsten bekam von Petra ein absolutes Fahrverbot verhängt und wurde kurzum unter einen als Sonnenschutz aufgestellten Regenschirm verfrachtet. So fuhren wir dann also zu neunt mit insgesamt sechs Motorrädern und einem Bedford Blitz in der gleißenden Mittagssonne gen Githio. Bis Kalamata war es ob des vorangegangenen Abends schon recht anstrengend, die Sonne brannte erbarmungslos auf uns nieder und ich schwitze unter meinem Helm wie selten zuvor. Hinter Kalamata ging es mir besser und ich begann wieder, die Landschaft wahrnehmen zu können, statt mich nur rein mechanisch auf das Fahren an sich konzentrieren zu müssen. Bevor es die ersten Serpentinen, für mich seitdem quasi der “Eingang” zur schönsten mir bekannten Motorradstrecke, ging, machten wir Pause. Zufällig pausierten wir gegenüber einer Hochzeitsfeier und ich war beeindruckt von der Fröhlichkeit, die von dieser Feier ausging. Die knapp 60 km bis Sparti waren Fahrgenuss pur, eigentlich viel zu schnell vorbei, obwohl wir recht langsam und bedächtig unterwegs waren – mir war klar, daß ich diese beeindruckende Strecke nicht zum letzten Mal gefahren war. In Githio angekommen besorgten wir uns die Tickets für die Nachtfähre nach Kastelli und gingen am Hafen etwas essen. Nach dem Essen zeigten Ruben und Susanne aus Braunschweig uns den „On the road pub”. Ca 5km von Githio in Richtung Areopolis auf der echten Seite lag die wohl originellste Kneipe, die ich je gesehen hatte. Der Wirt namens Takis hatte in liebevoller Detailarbeit eine Open Air Bar errichtet, die man am besten als „Puppenstube” bezeichnen kann. Nach einem viel zu kurzen Zwischenstop mußten wir uns auf den Weg zu Fähre machen, die um 23Uhr ablegen sollte, meine zweite Fahrt „oben ohne”. Die Fähre war ganz anders, als ich das vom Hinweg ab Italien kennen gelernt hatte: diese Fähre war nur ca 70m lang und in Proportion vielleicht die Hälfte der „El Greco“. Zudem war es im Fährbauch unglaublich heiß und stickig, während die Einweiser irgendwie immer noch genügend Luft hatten, uns mit ihren Trillerpfeifen in beträchtlicher Lautstärke „dirigieren” zu können. Es gab zwei höher gelegene Parkdecks für Motorräder, die über eine recht steile Rampe zu erreichen waren. Olaf und Gabi wurden von den Trillerpfeifen-Männern getrennt, beiden gingen die Nerven durch und sie mußten sich erst mal kräftig zoffen. Das Schiff fuhr ab, ich saß mit Gabi am Bug und versuchte sie zu beruhigen, was schließlich auch klappte. Nachts gegen 1Uhr machten die Bars auf dem Schiff zu und es wurde Zeit, schlafen zu gehen, schließlich sollten wir morgens gegen 7Uhr in Kissamos anlegen. Irgendwie hatten Ralf und ich es verpennt, uns einen guten Schlafplatz an Deck zu suchen, so blieb nur der Platz zwischen den Sitzbänken über – dummerweise kamen wir genau im Abfluß der Aircondition zu liegen und wachten nach kurzer Zeit auf nassen Schlafsäcken liegend auf. An Schlaf war nicht mehr so richtig zu denken, wir dösten ein wenig auf den harten Sitzbänken vor uns hin und im Morgengrauen kam endlich Kreta in Sichtweite. Olaf und Gabi hatten sich zwischenzeitlich glücklicherweise wieder vertragen. So erreichten wir Kreta am frühen Morgen, ziemlich unausgeschlafen und hungrig. Bevor wir das Schiff verlassen konnten mußte allerdings der klapprige Ziegenlaster, der am Abend zuvor als eines der letzten Fahrzeuge auf die Fähre gekommen war, das Schiff wieder verlassen – nach vielen Versuchen ließ sich der Motor tatsächlich durch Anschieben zum Starten überreden und hüllte den Schiffsbauch und alle sich noch im Innern befindlichen Passagiere in eine schwarze Wolke ein... jetzt war es nicht nur stickig und heiß, man konnte zudem kaum noch etwas sehen. Irgendwann hatten wir dann aber die Rampe hinter uns gelassen und das erste Mal kretischen Boden unter den Rädern. Ein weiteres Mal waren wir Helden! Die erste Taverna hatte zwar noch nicht geöffnet, aber wir klingelten die Betreiber quasi aus dem Schlaf, machten ihnen klar was wir wollten und bekamen kurze Zeit später auch eine weitere Variation dessen, was man damals als “Breakfast” ansah. Derart gestärkt machten wir uns auf den Weg nach Rethymnon, die New National Road gab es noch nicht und so schraubten wir uns die kurvige Küstenstraße entlang. Ich stellte ein weiteres Mal fest, wie unglaublich heiß es in Lederkleidung und mit Helm auf dem Kopf werden kann. In Rethymnon fragten wir uns zur Straße “To the south coast?” durch und fuhren dann in der Mittagssonne Richtung Matala. Das Erste, was ich von Matala sah, war hinter Pitsidia ein Schild der “Rock Bar”, und ich war spontan überzeugt, daß es genau die richtige Idee gewesen war, den weiteren Urlaub hier zu verbringen. Die eigentliche Ankunft dann war ein Schock für uns alle... der Campingplatz bot kaum schattige Plätze, hatte einen Sandboden, ungepflegte schmutzige sanitäre Anlagen, keine Bar, keinen Minimarkt und außerhalb des Campings wimmelte der Tourismus... wo bitte hatte Torsten uns hingeschickt? Es herrschte allgemeine Krisenstimmung und Ratlosigkeit, was wir nun in und mit dieser Situation tun sollten... ich wäre am liebsten sofort umgekehrt und zurück zum Peloponnes gefahren, den anderen erging es nicht anders. Für´s erste beschlossen wir aber, den Abend und die folgende Nacht zu bleiben. Wir schnappten uns die Badesachen und schwammen am rechten Ende der Bucht bis hinter die große Höhle, kletterten auf einen Felsenvorsprung oberhalb der Höhle und konnten so zumindest die vielen Touris vorerst hinter uns lassen. Ich unternahm eine Klettertour um mal nachzusehen was denn wohl hinter den Felsen sei, entdeckte oben angekommen aber nur ein Felsplateau und die Berge im Dunst... so verbrachten wir dann doch noch einen netten ersten Nachmittag in Matala. Am Camping machte ich einen Versuch, die Duschen zu benutzen, entschloss mich dann aber doch für die Aussendusche, die selbstverständlich nur über kaltes Wasser verfügte – und das als überzeugter Warmduscher Vor dem Abendessen schauten wir uns die Höhlen an und waren schon beeindruckt von den ganzen Löchern im Felsen – allerdings wußte ich zu dem Zeitpunkt noch zu wenig darüber. Es war ja nicht so, daß Torsten uns nicht “gewarnt” hätte, er hatte uns genau erklärt, daß der Camping in Matala nicht toll sei, daß man den Strand mit den Menschenmassen besser meiden solle und der Ort selber mit seinen ganzen Restaurants, Bars und anderen Touristenfallen nur abends attraktiv sei – wir hatten aber anscheinend allesamt nicht genau zugehört, bzw. über die ganzen schönen Eindrücke auf dem Tholo Camping vergessen, was Torsten uns erzählt hatte. In Matala habe ich übrigens das erste Mal “Gyros” in Griechenland gesehen... auf dem Peloponnes schien man das nicht zu kennen... Ich stellte noch am frühen Abend fest, daß ich die äußeren Umstände nicht ändern, bzw nicht meinen Erwartungen anpassen konnte, also mußte ich meine Haltung der Situation gegenüber ändern – und so beschloss ich, zu bleiben. Außerdem waren wir mit Torsten und Petra verabredet... Als ich den anderen meinen Entschluss, und wie ich dazu gekommen war, mitteilte, waren es letztendlich nur Olaf und Gabi, die anfangs nicht ganz folgen konnten oder wollten. Am ersten Morgen in Matala gingen Ralf und ich nach dem Frühstück los um mal zu schaun, wo man noch einen Kaffee trinken und vor allem mal ein Klo benutzen konnte. Diesen Spaziergang nach dem Frühstück sollten wir täglich beibehalten und Ralf und ich überlegten schon, einen “Klo-Führer” zu verfassen. Es zog uns an den Strand, und so schwangen wir uns auf die Motorräder und düsten aus Matala raus, immer der Nase nach und die Haare im Wind – das war die erste Fahrt, die ich ohne Helm und Lederklamotten so richtig genießen konnte. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, so frei im Wind zu sitzen, die Luft spüren zu können, die Landschaft riechen zu können. ![]() Wir bogen bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit rechts ab und folgten einfach nur der Straße... das erwies sich aber als ziemliche Sackgasse, jedenfalls kamen wir nirgends an, also zurück zur Hauptstrasse. In nächsten Ort, Pitsidia, bogen wir aufs Geratewohl links ab und folgten dem Schotterweg bis wir das Meer sehen konnten. In der Nähe der Ausgrabungen von Komo stellten wir die Motorräder ab und machten uns zu Fuß auf den Weg zu einem herrlich breiten und wenig besuchten Sandstrand – wir hatten den Kommos Beach entdeckt. Niemand von uns erinnerte sich daran, daß Torsten uns genau diesen Strand empfohlen hatte... Kaum zu glauben, daß sich nur eine Viertelstunde entfernt die Touristen in Matala stapelten, während wir hier einen Strand nach unserem Geschmack fast für uns allein hatten. ![]() Nach dem Baden ging es ab in die Taverna, wo wir bei gutem preiswerten Essen und Trinken den Ausblick genossen und uns freuten, daß der Urlaub auf Kreta nun doch so richtig los gehen konnte. Nach dem Schock des ersten Eindrucks war das auch dringend nötig... ![]() Während die anderen nach dem Essen wieder dem Bad in Sonne und Meer fröhnten, machten Ralf und ich uns auf einen Strandspaziergang, immer an der Wasserlinie entlang in Richtung der Betonskelette, die wir im Dunst ausmachen konnten. Als wir so barfuß am Wasser entlang latschten und klönten, kamen wir an einer Gruppe Strandurlauber vorbei, von denen mich unvermittelt jemand grüßte – die Welt mußte auch schon damals, als es kein Internet gab, ein Dorf gewesen sein, jedenfalls trafen wir Holger, einen früheren Bekannten, von dem ich seinerzeit mein erstes Motorrad gekauft hatte... wir hatten uns bestimmt seit fünf Jahren nicht mehr gesehen und trafen uns nun hier, “kurz vor Afrika” am Strand. Holger war nach Griechenland getrampt und wohnte nun mit ein paar anderen zusammen direkt am Strand – wir verabredeten uns für abends in einer Taverna in Pitsidia, das war für ihn zu Fuß erreichbar und für Ralf und mich eh kein Problem, waren wir ja mobil. Auf dem Rückweg vom Strand machten wir in Pitsidia kurz Halt, der Rest wollte Grillfleisch für´s Abendessen besorgen. Ich saß gegenüber der Schlachterei und war völlig versunken in der Szenerie, die sich mir bot... ich hätte stundenlang dort sitzen bleiben und nur die Eindrücke aufsaugen können. ![]() Später trafen Ralf und ich uns dann mit Holger zum Essen und hatten einen wirklich netten Abend in einer Taverna in Pitsidia. Ist schon witzig, wenn man über 3000km von zu Hause entfernt völlig unerwartet jemanden am Strand trifft, den man jahrelang nicht gesehen hat obwohl man nur knapp 15km voneinander entfernt wohnt. Ein paar Tage später, wir saßen grad beim Frühstück vor dem Bedford, trafen auch Torsten und Petra ein. Petra zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, auch sie war von dem Kontrast zum Tholo Camping sichtlich geplättet. Ralf und ich probierten täglich nach dem Frühstück so langsam alle Cafés aus und unser “Klo-Führer” wuchs in unseren Köpfen. An einem Morgen probierte ich einen “Greek Coffe”, bestellt ihn zur Verwunderung des Kellners mit Milch und Zucker – er kommentierte das nur kopfschüttelnd mit “That´s not normal” – und ich machte den Fehler, den Kaffee auch noch umzurühren... den Geschmack bin ich den ganzen Tag nicht mehr losgeworden und das war bis heute mein erster und letzter “Elliniko”... An einem Tag, an dem es schon morgens relativ bedeckt war, entschloss man sich zu Ausflügen. Die einen wollten einen Tagesausflug in Richtung Preveli machen, die anderen nach Kali Limenis und dort gleich über Nacht am Strand bleiben. Beide Ziele fand ich attraktiv, doch irgendwie zog es mich noch mehr zum Kommos Beach, ich brauchte einfach mal einen Nachmittag ganz ohne die gewohnte Clique. In einer Gruppe Urlaub machen ist schön, aber Land und Leute lernt man am besten allein oder zu zweit kennen. Ich fuhr also an den Strand, und da es eben nicht so schön sonnig wie die letzten Tage war, führte mein Weg gleich in die Taverna. Dort bestellte ich mir “One Greek Salad and one Amstel please”, bekam das Gewünschte und die Frau hinter dem Tresen sagte beim Kassieren “Evcharistó” zu mir. “?” Sie sagte nochmal und diesmal ganz langsam “Ev-cha-ris-tó” – und ich ein weiteres Mal “??” Mit einem freundlichen Lächeln fragte sie “You don´t speak Greek?”, was ich mit einem “Sorry, only English...” beantwortete. “That means 'Thank you' " Da stand ich nun und wußte sofort, daß ich unbedingt griechisch lernen mußte, geht ja gar nicht wenn man nicht mal bitte und danke kann... außerdem sehe ich es als ein Gebot der Höflichkeit, wenn man in ein fremdes Land kommt, sich zumindest die wichtigsten Worte angeeignet zu haben. Dieser kurze Moment war eine Art Schlüsselerlebnis für mich, wurde mir doch klar, daß ich mich auf alle Fälle viel mehr mit diesem Land beschäftigen wollte. So verbrachte ich den Nachmittag in der Strandtaverna, las, blickte auf´s Wasser, hörte der allgemeinen Unterhaltung zu oder träumte einfach nur vor mich hin... die Zeit stand still. Es dämmerte früher an dem Tag da der Himmel bewölkt war, und ich fuhr irgendwann kurz vor der Dunkelheit zurück zum Camping. Da ich keine Lust auf nasse Klamotten hatte baute ich das “Not-Zelt”, welches Ralf im Gepäck gehabt hatte auf, und verstaute zumindest die ganzen Klamotten darin. Nachdem ich relativ früh nach dem Abendessen wieder am Camping war – auf eine “Party-Bar” hatte ich nach den ruhigen Eindrücken des Nachmittags keine Lust – fing es tatsächlich an zu regnen und ich verkroch mich ins Zelt. Das war zwar ansatzweise ganz gemütlich, aber irgendwie hatte ich nach mittlerweile über zwei Wochen im Freien schlafen so überhaupt keine Lust auf ein Dach über mir... glücklicherweise hörte es nach etwa einer Stunde auf zu regnen, so daß ich mein Lager letztendlich doch noch wieder nach draußen verlegen konnte. Es war zwar etwas feucht um meine LuMa herum, das störte aber beim Blick in den Sternenhimmel überhaupt nicht. Torsten, Petra, Olaf und Gabi waren auch erst im Dunkeln von ihrem Ausflug nach Preveli zurück und ziemlich alle, so daß es ein relativ kurzer Abend wurde. Beeindruckt war ich einen anderen Abend als wir Essen gegangen waren und wieder einmal der Strom ausfiel – es war die Zeit der Streiks, d.h. die Elektrizitätswerke schalteten in unregelmäßigen Abständen den Strom für eine nicht vorhersehbare Zeit ab. Die Kellner in der Taverna zündeten einfach Kerzen an und es wurde auf Gas weiter gekocht. Die Tage vergingen und so langsam rückte die Abreise von Kreta näher... Ralf und ich mußten als erste den Heimweg antreten, Olaf, Gabi, Torsten, Petra und Thomas hatten noch eine Woche länger Urlaub, TorstenE und Ina wollte ihre Rundreise ums Mittelmeer fortsetzen. Ruben und Susanne mußten zur gleichen Zeit wie Ralf und ich nach Hause und so beschlossen wir, zusammen zu fahren. Wir verabschiedeten uns von unseren Freunden und starteten nun zu viert nach Kissamos Kastelli. Dort wollten wir am Hafen übernachten und die Fähre morgens nach Gitio nehmen. Kurz vor Kissamos machten wir eine etwas längere Rast, ich ließ meinen Blick über die Berge schweifen und war mir ganz sicher, daß ich auf gar keinen Fall zum letzten Mal hier gewesen sein wollte... Wir fuhren zum Hafen, kauften die Tickets für den kommenden Morgen, und düsten zum Essen zurück in den Ort. In der selben Taverna wie wir aßen ein paar Motorradfahrer mit Osnabrücker Kennzeichen, die mir irgendwie bekannt vorkamen... Nach dem Essen fuhren wir deutlich angeheitert “wie die Wilden” zurück zum Hafen und schlugen unser Lager neben der Hafenmauer auf. Es war wohl kein alltäglicher Anblick, daß vier Motorradfahrer einfach so an der Hafenmauer übernachten wollten und so wurden wir doch mit ausreichend verwunderten Blicken bedacht. War uns aber einerlei, wir tranken noch ein paar Bier und legten uns schlafen. Noch vor Morgengrauen wachte ich auf weil ich einen Schiffsmotor gehört hatte – meinte ich zumindest, es war aber nur ein Fischerboot... Ich stand kurz auf und ging auf ein echt kretisches Hafenklo – da war er wieder, der geplante Klo-Führer. Die Fähre kam an, Leute stiegen aus und wir stiegen ein, diesmal fuhren wir ganz locker die steile Rampe hoch und banden die Motorräder sorgfältig fest. Die Osnabrücker Motorradfahrer, welche mir am Abend vorher in der Taverna aufgefallen waren, gingen ebenfalls an Board. Die Fähre fuhr ab und als wir den Golf von Kissamos verlassen hatten fing es ordentlich an zu schaukeln. Ich war noch nie vorher seekrank geworden, aber als im Innern des Schiffes erst die Spielautomaten durch das Schiff hüpften und mir dann ein Junge direkt vor die Füße kotzte, wurde mir doch ziemlich mulmig im Bauch... so saß ich dann eine Zeit lang recht still an Deck, knabberte Kekse und fixierte den Horizont. Währenddessen kam ich mit einem der Osnabrücker ins Gespräch und wir stellten fest, daß wir uns zuvor schon auf dem Tholo Camping über den Weg gelaufen waren und außerdem quasi gemeinsame Bekannte in Osnabrück hatten. Als es mir wieder besser ging, begab ich mich zu den Motorrädern, um mal zu kontrollieren ob noch alles fest sei, und wurde Zeuge eines hitzigen Gespräches zwischen einem anderen Motorradfahrer und jemandem vom Fährpersonal: ein unvorsichtiger Kollege hatte sein Motorrad einfach abgesetllt und nicht gesichert, daraufhin war es bei dem Wellengang umgefallen und hatte dabei eine Beule in den Tank des anderen Motorradfahrers geschlagen... ich war froh, daß wir unsere Motorräder ausreichend befestigt hatten und auch keine unbefestigten Motorräder drum herum standen. Githio kam näher und die See wurde ruhiger, wir legten an und fuhren zum Camping Mani Beach. Nach einem nicht ganz so tollen Abendessen auf dem Campingplatz sind wir noch in den “On the Road Pub” gegangen. Da ich am kommenden Morgen so früh wie möglich zum Tholo Camping zurück wollte, blieb ich nicht lange. Am kommenden Morgen wachte ich dadurch auf, daß mich eine Camping-Nachbarin ansprach. Die Dame war schätzungsweise im Alter meiner Eltern und bot mir einen Kaffee an, den ich dankend annahm. Nach einem mittelmäßigen Frühstück verabschiedete ich mich von Ralf, Ruben und Susanne und startete in Richtung Westküste. Die anderen wollte einen Tag länger im Süden bleiben und einen weiteren Abend bei Takis im “On the Road Pub” verbringen, mich hingegen zog es zum Camping Tholo. Es war ein sonniger Sonntag Vormittag und ich fuhr auf ziemlich leeren Straßen zügig bis Sparti, bog dann zum Taygetos Gebirge ab. Für die jetzt folgenden ~60km wollte ich mir ganz viel Zeit nehmen, viele Pausen machen und einfach die wilde Landschaft um mich herum genießen. ![]() Am höchsten Punkt hielt ich ein weiteres Mal an, probierte verschiedene Honigsorten von kleinen Aststückchen und entschied mich für “Kastana”. Ich ließ mir für die Strecke etwa drei Stunden Zeit und hinter den letzten Serpentinen vor Kalamata wollte ich für ein paar Fotos erneut Pause machen. Als ich den Helm abnahm kam mir allerdings solch eine Gestankwolke entgegen, daß ich lieber noch ein Stückchen weiter fuhr... konnte ich ja nicht ahnen, grade hier in dieser grandiosen Landschaft direkt an einer wilden Müllkippe Halt zu machen. Auf dem weiteren Weg war ich mir nicht ganz sicher, an welcher Stelle ich denn nun in Richtung Westküste abbiegen mußte, ich fuhr ohne Landkarte – ein paar anderen Motorradfahrern, die an der gleichen Stelle stoppten, ging es anscheinend genau so und sie fragten mich lautstark nach einem guten Campingplatz. Nein, diesen Typen wollte ich mein Paradies nicht verraten, also empfahl ich ihnen “einen Camping kurz vor Patra” und wartete bis sie außer Sichtweite waren bevor ich weiter fuhr. Je näher ich dem Tholo Camping kam, desto besser wurde meine Laune und endlich kam die kleine Kirche rechts auf der Anhöhe in Sicht, hier mußte ich links ab und war endlich wieder am Camping angekommen. Costas fragte mich wie es denn auf Kreta gewesen sei und ich antwortete voller Überzeugung, daß es zwar schon ganz schön dort sei, daß ich es auf dem Peloponnes aber viel besser fände. Welch ein “Zufall”, die vier Jungs aus Osnabrück waren auch wieder da. Abends aß ich in der Taverna von Peter und Edith, ließ mir frittierte Garides schmecken und fühlte mich rundum pudelwohl. Später saß ich mit den Osnabrückern (die Namen habe ich leider mittlerweile vergessen) lange zusammen und wir tauschten unsere Eindrücke von Griechenland und Kreta aus, philosophierten über das Motorradfahren und Urlaub im Allgemeinen... Mir war absolut klar, daß ich im kommenden Jahr auf alle Fälle wieder genau so Urlaub machen wollte, mit dem Motorrad in Griechenland und ohne Zelt. Spät schlug ich mein Lager wieder unter freiem Himmel hinter dem “ausgerichteten” Motorrad auf und schlief selig ein. Irgendwann weckte mich jemand von den Osnabrückern, es hatte angefangen zu nieseln, und die Jungs wollten ins Waschhaus umziehen – ich zog es vor, meine Klamotten unter das Dach vor der Bar zu zerren und dort weiter zu nächtigen. Morgens weckte Costas mich und war sichtlich amüsiert, daß ich direkt vor dem Briefkasten übernachtet hatte. Am frühen Nachmittag fuhr ich zur nächsten Tankstelle und tankte mein Moped randvoll – das heißt der freundliche Tankwart setzte sich quasi im Damensitz auf die Sitzbank, quetschte den letzten möglichen Tropfen in den Tank und bestätigte mir immer wieder “Good machine”. Die Wärmeausdehnung des Benzins aufgrund der aufsteigenden Motorwärme hatte er nicht bedacht und es schwappte irgendwann eine schöne Pfütze über den Tank. “No problem”, er wischte den Tank sauber und gut. Das Volltanken sollte sich einen Tag später als Glücksfall erweisen... Ich fuhr dann noch mal nach Olympia, irgendwie reizten mich die Ausgrabungsstätten doch, und hatte Glück mich einer englischsprachig geführten Gruppe von Japanern einfach anschließen zu können. Interessant war es auf alle Fälle, allerdings blieb der “Kick” irgendwie doch aus, dazu hätte ich mehr über die einzelnen Stationen wissen müssen. Kurze Zeit nachdem ich wieder am Camping war trafen auch Ralf, Ruben und Susanne ein. Wir verbrachten einen schönen gemeinsamen letzten Abend erst in der Taverna bei Peter und Edith und danach bei Costas an der Bar. Am späteren Abend, als die Taverna schon geschlossen hatte, saß Peter´s Tochter auch an der Bar und unterhielt sich auf griechisch mit Costas. Irgendwann drehte sie sich mitten im Satz zu mir und fragten “Haste mal Feuer?” Da war ich platt, hatte ich es doch bis dato nicht erlebt, daß jemand so perfekt zweisprachig ist. Wir kamen ins Gespräch, ein Österreicher mit dem Spitznamen Otto schloss sich an und unser letzter Abend wurde entsprechend lang. Am folgenden Tag bestellten wir über den einen Onkel von Costas telefonisch Fährtickets, d.h. er rief in einem Fährbüro etwas außerhalb von Patra für uns an und ließ die Tickets hinterlegen. Der Moment des Abschieds vom Tholo Camping war gekommen, leider waren nachmittags weder Costas noch Peter´s Tochter Lisa zugegen. So fuhren Ralf, Ruben, Susanne und ich in Richtung Patra und steuerten dabei so gut wie jede Tankstelle an – um jedes Mal unverichteter Dinge weiter fahren zu müssen... Ralf hatte nicht rechtzeitig getankt und nun streikten die E-Werke wieder einmal, so daß eben auch die Tankstellen nicht funktionierten. Kurz vor Patra dann endlich die Erlösung, Ralf fuhr schon ewig lange auf Reserve. Auf dem Weg durch Patra stellte ich zum widerholten Mal erfürchtig fest, wie rutschig Asphalt sein kann... glücklicherweise ohne Sturz. Nachdem wir die Tickets abgeholt hatten enterten wir das Schiff “Ionion Harmony”, ein schon älteres Schiff, welches noch einen Holzboden hatte, schon kleiner als die El Greco auf dem Hinweg und zudem recht schmuddelig war. Dafür gab es zum Frühstück Spiegeleier mit Speck. Mit uns an Board waren viele Motorradfahrer, unter anderem auch zwei Frauen aus Bayern. Mit den beiden Mädels tranken wir den einen oder anderen Ouzo, bis die eine leider viel zu spät feststellte, daß sie sich hoffnungslos überschätzt hatte – das war ein ganz schöner Akt, das groß gewachsene schlaffe Mädel zum Kotzen auf´s Klo zu schleppen. Am späteren Abend fielen uns zwei exotisch aussehende Frauen auf, die anscheinend zwar Deckspassage gebucht, aber keinerlei geeignete Unterlagen hatten, und sich auf einer Landkarte niederließen. Ralf bot den beiden spontan seine Decke an, die sie nach Zögern auch annahmen. Am kommenden Tag kamen wir mit ihnen ins Gespräch, sie kamen aus Australien und waren auf Europa-Tour. Wir unterhielten uns den ganzen Nachmittag mit Brigitte und Colette, bis sie am Abend in Dubrovnik das Schiff verließen. Der zweite Abend auf dem Schiff fiel deutlich kürzer aus, schließlich hatten wir am kommenden Tag ca 700 km bis Kufstein zurückzulegen. In Ancona wollten wir jeder Geld aus dem Automaten ziehen, leider gab es nur zwei Mal Lira, dann war der Automat anscheinend leer... So fuhren wir mit weniger Bargeld als eingeplant los und mußten irgendwann bei Bologna tanken. Wir waren es gewohnt, alle nacheinander zu tanken und dann eine gemeinsame Summe zu zahlen. Wie immer es die italienischen Tankwarte angestellt haben, jedenfalls haben sie uns beim Bezahlen mit lautem Gepöbel und einer tierischen Hektik nach Strich und Faden beschissen. Wir rollten von den Zapfsäulen weg und trafen auf eine Gruppe anderer Motorradfahrer, die uns mit den Worten “Na, um wie viel haben sie euch gelinkt?” begrüßten. Unsere Laune war wirklich nicht auf dem Höhepunkt... Ralf´s BMW hatte den nächsten Schaden auf Kreta genommen, aufgrund verschlissener Dichtringe entlehrte sich die Gabel nach und nach ihres Öls, so daß Ralf jetzt zwar weiterhin eine Federung, aber keinerlei Dämpfung mehr hatte. Wir kamen trotzdem, nach einer Regenfahrt ab dem Brenner, heil im Kufstein an und checkten in der Pension “Zum Bären” ein. Am folgenden Tag, es war ein Freitag Ende September, kamen wir trocken bis kurz hinter München, ab dann regnete es mit ganz kurzen Unterbrechungen. Kurz bevor Ruben und Susanne die Autobahn in Richtung Braunschweig wechseln mußten machten wir eine letzte gemeinsame Rast. Die beiden boten uns an, eine Nacht bei ihnen zu schlafen um am Samstag die letzten Kilometer zu fahren, aber ich wollte nur noch nach Hause. So fuhren Ralf und ich die letzten gut 250km durch den Regen und fielen prompt darauf hinein, daß wir dachten die nächste Autobahntanke sei schon Harburger Berge – es war aber Brunautal und somit hatten wir doch noch mehr Kilometer vor uns als erhofft... Morgens gegen 2 oder 3 Uhr hatten wir es aber doch hinter uns gebracht, machten noch kurz Halt an der Tanke vor Henstedt Rhen und ich habe es kaum noch auf das Motorrad geschafft. Schließlich landete ich dann doch wohlbehalten, fix und fertig aber glücklich zu Hause, und konnte anfangs nicht einschlafen, so rauschten mir die Ohren. Es war so unrealistisch, nun wieder in Deutschland zu sein, in einem geschlossenen Raum im Bett zu schlafen, demnächst wieder arbeiten zu müssen... Irgendwann schlief doch ein und mein bis dato schönster und vor allem intentsivster Urlaub war nach dreieinhalb Wochen zu Ende. ***************
Epilog Ruben und Susanne waren für mich die erste Urlaubsbekanntschaft, zu denen ich auch nach dem Urlaub Kontakt hatte, Ralf und ich besuchten die beiden noch im Herbst. Von Brigitte und Colette aus Australien bekamen Ralf und ich im späteren Herbst ein Päckchen mit einem netten T-Shirt einer australischen Biermarke. Ralf hatte eine Zeit lang noch Briefkontakt mit Brigitte. Das geplante Nacharbeiten der durch den Urlaub angefallenen Minus-Stunden fiel irgendwie einem Rechenfehler meines Chefs zum Opfer Nach jedem Aufenthalt im Ausland, bis dahin Dänemark, Holland und Italien, hatte ich mir vorgenommen, die Sprache zu lernen – geworden ist nie etwas daraus. Nun hatte ich an der Uni die Chance und habe tatsächlich ein Seminar Neugriechisch für ein halbes Semester besucht. Damit hatte ich einen gewissen Grundstock und konnte zumindest das Alphabet lesen und schreiben – den Rest habe ich dann zu der Zeit mit einem Wörterbuch und meinen beiden griechischen Arbeitskollegen gelernt. Für den nächsten Urlaub war mir klar geworden, daß es kein erneuter “Gruppen-Urlaub” werden sollte. Urlaub in einer größren Gruppe ist zwar schön, hat aber auch Nachteile: man lernt Land, Leute und andere Reisende eher kennen wenn man allein oder zu zweit reist. In eine Gruppe kommt man als Außenstehender nicht so leicht rein und umgekehrt kommt man aus einer Gruppe auch nicht so leicht raus. Die nächste Fährfahrt sollte aufgrund des kräftigen Seefahrer-Frühstücks mit Strinzis stattfinden. |